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Galaxis Science Fiction Bd. 04

Galaxis Science Fiction Bd. 04

Titel: Galaxis Science Fiction Bd. 04 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lothar (Hrsg.) Heinecke
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Niederschlag auf das Festland zurück. Zu meiner Rechten lag die Küste von Staten Island – steil abfallende Klippen, von ein paar einsamen Bäumen gekrönt, zu meiner Linken erhob sich die Stalagmitenwüste von New York. Selbst nach all den vielen Jahren zeigte sich dort noch kein bißchen Grün. Der Regen, der Staten Island schon lange von allen Isotopen reingewaschen hatte und jetzt einen neuen Pflanzenwuchs tränkte, zischte immer noch dampfend auf, wenn er auf Manhattan traf. Noch viele Jahrzehnte würden wohl vergehen müssen, bis das erste Gras in seinen verlassenen Straßen wachsen würde.
    Einer der Holzarbeiter des großen Stapelplatzes auf Staten Island winkte über den halben Kilometer offenen Wassers herüber, und ich winkte zurück. Sie wünschten uns Glück, die Männer dort auf der Insel. Wir drei hatten den letzten Abend dort verbracht, und wir hatten lange und laut bis in die tiefe Nacht hinein mit ihnen diskutiert.
    Hoffentlich hatten wir Erfolg.
    Hoffentlich konnten wir die Uhr zurückstellen.
    Also tranken wir auf einen glücklichen Ausgang unseres Unternehmens, und wir wußten, jeder Mann, jede Frau und jedes Kind auf der ganzen Welt würde uns im Geist in diesem Augenblick zutrinken. Alle Einhundertfünfzigtausend, oder wieviel es waren, alle, die wie wir inmitten der Ruinen und der Tradition einstiger Größe aufgewachsen waren und wußten, was unser Erfolg für sie bedeuten würde.
    »Jom!« Lee rief mich. »Jom, wir sind fertig.«
    ICH eilte unter Deck. Lee wartete unten an der Tür auf mich, aber als er mich kommen sah, ging er ohne ein weiteres Wort zurück zu seinem Reaktor. Er wagte nicht, ihn allzulange allein zu lassen. Seine Arbeit war in gewisser Hinsicht die wichtigste. Der Reaktor zeigte manchmal Mucken, und die K-Mesonen, die unseren Versuch erst ermöglichten, waren das Produkt eines komplizierten und äußerst gefährlichen Kernverschmelzungsprozesses, der unter genauer Kontrolle gehalten werden mußte.
    Marin war schon dabei, die Koordinaten einzustellen. Ich stellte mich hinter ihn und blickte über seine Schulter hinweg auf die wirbelnden Farben und Formen auf dem Schirm. Es war noch nichts zu erkennen, noch nicht.
    »Jetzt habe ich die Zeit«, sagte Marin. »Aber die Ortsbestimmung ist schwierig.« Er schraubte an einem der Feineinsteller herum. »Ja, wenn wir in der Schweiz wären.«
    »Was für eine Schweiz meinst du?« fragte ich zurück. Der alpine Schlackenhaufen, der sich an der Stelle erhob, wo sich einmal die Schweiz befunden hatte, würde noch für Jahrhunderte tabu sein müssen.
    Aufgeregt sagte er plötzlich: »Jetzt kommt es, Jom.« Er rastete die Meereshöhe von Lausanne ein, mit der anderen Hand fingerte er an den Kontrollen für Entfernung und Seitenverschiebung. Langsam gruppierten sich die wirbelnden Farben auf dem Schirm zu erkennbaren Schildern. Zuerst war alles noch sehr verschwommen; aber dann wurde das Bild immer klarer, und plötzlich blickten wir auf eine vorüberhuschende Gebirgskette herab. Wir flogen darüber hinweg auf eine Stadt zu, die am Horizont auftauchte. Marin betätigte einen Fußhebel, und ein erleuchteter Stadtplan von Lausanne erschien vor ihm auf der Wand.
    Der Sehschirm schien über einen See hinwegzufliegen, dann durch ein Dickicht von Gebäuden. Unvermittelt kam er inmitten eines großen Theatersaales zur Ruhe.
    Marin rief: »Ich kann es nicht klarer bekommen. Das Beobachtungsfeld …«
    »Das Feld ist in Ordnung, Marin.«
    »Aber es ist so dunkel.«
    Ich zwang mich, ein hysterisches Lachen zu unterdrücken. »Es ist dunkel, weil es Abend ist und kein Licht brennt. Du hast die Zeit noch nicht ganz genau erwischt. Geh ein bißchen vor und dann wieder zurück.«
    Er grinste mich etwas verlegen an und drehte behutsam den vierten Einstellknopf hin und her. Der Schirm blieb noch einen Augenblick dunkel, dann flammten die Lampen im Saale auf. Winzige Gestalten betraten hinten den Raum, während der Vorhang vor der Bühne nach oben ging und sich verbeugende Schauspieler enthüllte. Offensichtlich tastete Marin die Zeit rückläufig ab.
    »Nicht zu weit«, warnte ich ihn.
    Er nickte und drehte den Knopf behutsam, wieder nach vorn, dann wieder zurück. Wohl ein dutzendmal leuchtete der Schirm auf, aber immer war es ein Schauspiel oder eine Probe oder ein Konzert.
    Dann hielt Marin plötzlich den Atem an, und instinktiv drückte ich seine Schulter. Er rastete die Kontrollen ein, und einen Augenblick schauten wir schweigend auf das Bild, das

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