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Galgeninsel

Galgeninsel

Titel: Galgeninsel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Maria Soedher
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von Betroffenen vor. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Personen angesprochen waren, die nicht Kunden von Faynbach waren. Und denen gegenüber hatte Kehrenbroich ja auch Verpflichtungen.«
    Lydia schluckte. Daran hatte sie natürlich nicht gedacht und auch nicht danach gefragt, ob Jehlen und die Frau Kunden bei Faynbach waren.
    Sie verzichtete darauf, die Person Kubaschs und seine Methoden zu thematisieren und fragte weiter, ohne dass ihr etwas von ihrer Verunsicherung anzumerken war. »Wusste Kandras, dass er seine Projekte mit dem Geld einer Bank finanzierte, die seiner von ihm getrennt lebenden Frau gehörte?«
    Anna Kandras Gesichtszüge hatte wieder die indianerhafte Ausdruckslosigkeit angenommen. Sie zuckte mit den Schultern. »Ich weiß nicht. Und wie gesagt. Das letzte was mich interessierte war dieser Mann.«
    »Was hat er Ihnen angetan?«, fragte Lydia und beugte sich weit über den Tisch. »Was hat er Ihnen angetan, dass Sie ihn derart hassen und verachten, noch über den Tod hinaus? Sie haben doch auch ein gemeinsames Kind. Wie hat denn Ihre Tochter diese Situation aufgenommen?«
    »Wir haben uns getrennt, als Nora noch sehr klein war. Sie hat ihn nie … nie kennengelernt und er hat darauf auch keinen Wert gelegt.«
    Da war was. Lydia überlegte kurz. Es war etwas, was ihr aufgefallen war und sie wusste, dass das Auffällige nicht das war, was sie gesagt hatte, sondern das was sie nicht gesagt hatte. Sie fertigte eine Notiz an und fragte darüber: »Wieso um alles in der Welt haben Sie diesen Raimund Kandras überhaupt geheiratet? Sie stammen doch aus so unterschiedlichen Lebenswelten und … ich kann das einfach nicht verstehen. Können Sie mir das vielleicht erklären?«
    »Das kann ich mir selbst nicht erklären. Es mag für Sie schwierig sein, das zu verstehen. In der damaligen Situation habe ich mich eben so entschieden«, ihre Stimme wurde rauer und leiser. »Bald darauf wusste ich, welchen Fehler ich gemacht hatte. Es war eben Dummheit. Die Dummheit einer jungen Frau, die keine Ahnung vom Leben hat.«
    Lydia hätte eigentlich sagen wollen, dass sie damals schon eine erwachsene Frau war, über gute Bildung verfügte und, nicht ganz unwesentlich, finanziell völlig gesichert leben konnte. Doch sie ließ es sein und fragte stattdessen: »Was ist passiert?«
    Anna Kandras schüttelte den Kopf. Diese Frage war ihr anscheinend keine Antwort wert.
    Lydia wechselte den Bezug und deutete mehrfach auf das Foto des toten Kubasch, das vor ihr auf dem Schreibtisch lag. »Das hier ist aber nicht falsch zu interpretieren. Eine Exekution! Eiskalt! Was glauben Sie weshalb Sie hier sind? Sie zählen entweder zum erweiterten Kreis der Verdächtigen oder Sie und Ihre Tochter gehören unter Umständen zum engeren Kreis der Gefährdeten.«
    Der letzte Satz überraschte Anna Kandras. Das hatte sie noch nicht bedacht. Lydia nahm es war und hatte eine kleine, gemeine Idee. »Wo ist Ihre Tochter eigentlich im Moment? Machen Sie sich keine Sorgen um sie?.«
    Die dunkle Schönheit blieb stumm. Klar war aber, dass sie und ihr Bankdirektor sehr zielstrebig daran gearbeitet hatten, Kandras zu ruinieren, was ihnen letztlich gelungen war. Und das bereiteten die beiden langfristig und mit viel Aufwand vor. Warum sollten sie ihn dann ausgerechnet jetzt töten? Es war zum Verzweifeln.
     
    Ein Klopfen an der Tür riss sie aus ihren Gedanken. Schielin kam herein. Sie sahen sich kurz in die Augen und jeder war darüber informiert, dass es beim jeweils anderen keine großen Erfolge zu vermelden gab. Anna Kandras drehte sich nicht um. Auch nicht, als Lydia aufstand und mit ihm hinausging. Sie standen am Gang und beratschlagten, wie es weitergehen sollte. Der einzige bei dem es im Moment für einen Haftbefehl reichte, saß bereits in der Zelle und wartete noch auf seine Vernehmung. Den beiden anderen war mit dem, was sie bisher hatten jedenfalls nicht beizukommen. Wie sie es auch drehten und wendeten. Sie mussten Kehrenbroich und Anna Kandras gehen lassen. Es machte gar keinen Sinn die Anwälte der beiden kommen zu lassen. Schade für die Zeit.
    Beide gingen zurück, stellten noch die ein oder andere Frage. Kehrenbroich konnte nachweisen, dass er am Wochenende in Zürich gewesen und erst am Montag Morgen mit dem Zug zurückgekehrt war. Anna Kandras hatte für die Zeit zwischen Sonntag und Montag ebenfalls ein stichhaltiges Alibi. Die beiden verzichteten auf einen Polizeishuttle, so wurde ein Taxi gerufen. Schielin saß niedergeschlagen

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