Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Galgenweg

Galgenweg

Titel: Galgenweg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian McGilloway
Vom Netzwerk:
mehr, als es immer wieder zu versuchen.«
    Er packte das Messer an der Klinge und reichte es mir mit dem Griff voran.
    »Das brauchen Sie sicher als Beweisstück«, sagte er.
    Ich nahm ihm das Messer behutsam ab und hielt dabei den Griff zwischen Daumen und Zeigefinger, um die Fingerabdrücke so wenig wie möglich zu verwischen, auch wenn ich glaubte, dass solche Beweise gar nicht nötig sein würden. Bardwell würde nicht leugnen, dass er Daniel McLaughlin ermordet hatte, da war ich sicher.
    Hendry trat daraufhin an ihn heran und legte ihm behutsam Plastikfesseln an, die er gerade so fest zuzog, dass sie halten würden, aber nicht zu fest. Bardwell protestierte nicht, sondern hielt ihm die Hände in einer Geste der Unterwerfung hin. Hendry prüfte den Halt der Fesseln, dann trat er zurück.
    Wir gingen die Treppe hinab und hinaus auf die Straße. Die Leute starrten unsere seltsame Prozession an – ich in Zivilkleidung und mit einem blutbeschmierten Messer, Bardwell in seinem Priestergewand und in Fesseln, und dahinter Hendry, der eine kugelsichere Weste trug und im Gürtelhalfter eine Schusswaffe stecken hatte. Als wir auf die Straße traten, brach die Sonne hinter einer dicken Wolkenbank hervor. Bardwell hob die gefesselten Hände, um die Augen abzuschirmen, wie jemand, der nicht ans Tageslicht gewöhnt ist.

25
    Samstag, 19.   Juni
    Ich blieb während der Inhaftierungsformalitäten bei Bardwell. Als ich danach aus Strabane nach Lifford zurückkehrte, befand Paddy Hannon sich bereits seit mehreren Stunden auf der Wache und »half bei den Ermittlungen«, wie Dempsey ihm gesagt hatte.
    Er saß noch immer im Vernehmungszimmer, als ich dort ankam. Ich musste an Peter Webb im selben Raum denken, entspannt, ein wenig verwirrt, sich seiner Unschuld sicher. Ich dachte auch an Seamus Purdy, zerzaust, bekümmert, voller Schuldgefühle wegen etwas, woran er keinen Anteil gehabt hatte. Paddy Hannon war da ganz anders. Sein Auftreten war die reine Arroganz. Seine Haare waren ordentlich zurückgekämmt, sein Gesicht war zwar gerötet, verströmte aber immer noch einen starken Aftershave-Duft. Seine Jacke hing über der Rückenlehne seines Stuhls, und die Hemdsärmel hatte er nach Arbeitermanier hochgekrempelt. Ein Päckchen Zigaretten lag vor ihm auf dem Tisch, und mir fiel auf, dass jemand einen Aschenbecher aufgetrieben hatte, damit er rauchen konnte. Sein Anwalt saß bei ihm, und ich war ganz und gar nicht überrascht, dass es erneut Gerard Brown war.
    »Wir sollten Ihnen Miete berechnen«, sagte ich zu ihm.
    Er lächelte säuerlich.
    »Ben«, sagte Hannon und stand auf. »Was soll das, verdammt noch mal? Diese Flegel aus Dublin stellen alle möglichen absurden Fragen.«
    »Reine Routine, Paddy«, sagte ich.
    »Tja, ich habe denen schon erklärt, dass ich nichts zu sagen habe.«
    »Vielleicht können Sie es mir auch noch einmal erklären.«
    Er steckte sich eine Zigarette in den Mund und klappte sein Feuerzeug auf, zündete die Zigarette jedoch nicht an.
    »Mitten in der Nacht ging das Telefon. Ich dachte, vielleicht ist das wieder ein Überfall oder so was auf der Baustelle, verstehen Sie. Ich habe mir die Nummer angesehen, habe sie nicht erkannt, habe zurückgerufen, aber es ging niemand ran.«
    »Sie haben keine Ahnung, warum Daniel McLaughlin ausgerechnet Sie um zwei Uhr nachts anruft?«
    Er zündete sich zuerst seine Zigarette an, dann antwortete er: »Nein«, und klappte das Feuerzeug zu.
    »Kannten Sie den Mann?«
    »Eigentlich nicht. Er hat für Declan O’Kane gearbeitet, glaube ich.«
    »Woher wissen Sie das?«
    »Ich kaufe meine Autos bei Declan. Dabei lernt man eben auch das Personal kennen.«
    Er stieß eilig den Rauch aus und streifte die Asche am Rand des Aschenbechers ab. »Hören Sie«, sagte er. »Ich weiß wirklich nicht, was ich hier noch soll.«
    »Kannten Sie Peter Webb?«, fragte ich.
    »Vom Hörensagen. Vielleicht sind wir uns auch ein, zwei Mal begegnet, mehr nicht.«
    »Und Jamie Kerr?«
    »Das ist der Typ, den man an dem Baum gefunden hat, oder? Schreckliche Sache«, sagte Hannon und drückte seine Zigarette nur halb geraucht aus.
    »Sie kannten also niemanden von diesen Leuten und wussten nicht, was mit ihnen passiert ist?«
    »Nein«, sagte er. »Ich wünschte, ich könnte Ihnen behilflich sein, Ben, aber …« Er zuckte auf eine Weise mit den Achseln, die mir bemerkenswert unaufrichtig erschien.
    »Ich glaube Ihnen nicht, Paddy; tut mir leid.« Ich holte meine eigenen Zigaretten hervor. »Ich

Weitere Kostenlose Bücher