Galgenweg
war, war es schwierig, ihr Alter zu schätzen. Von der Taille an war sie nackt, sie trug noch eine leichte grüne Strickjacke und darunter ein Top, beides stark von ihrem Blut verschmutzt. Die Vorderseite des Tops war mit dem Foto einer lächelnden jungen Frau und dem Schriftzug »Claire 2006« bedruckt. Die Beine der Frau waren schwer und bleich und wiesen eine Reihe von Blutergüssen auf. Ich folgte einer Blutspur in die Küche und fand dort ihre Hose und Unterhose auf dem Boden inmitten der unfertigen Kücheneinbauten.
Ich ging zurück in den Wintergarten. Auf dem Betonboden lag eine Zeitung, die beim Bild eines unbekümmert lächelnden Fotomodells mit nacktem Oberkörper aufgeschlagen war.
Williams kauerte neben der Leiche, sie trug einen Gummihandschuh und strich ihr sanft über die Haare. Mit feuchten Augen blickte sie zu mir hoch.
»Geht’s Ihnen gut?«, fragte ich.
»Sie ist totgeprügelt worden«, sagte sie nur.
Williams’ Einschätzung wurde von John Mulrooney gestützt, dem hiesigen Arzt, der den Tod der jungen Frau offiziell feststellte. Wir standen vor dem Haus und betrachteten die Leiche von draußen, während die Leute von der Spurensicherung begannen, Fotos zu machen und nach Fingerabdrücken zu suchen. Williams setzte sich für einige Minuten ins Auto, um sich wieder zu fassen. Sie kannte die Flecke und Striemen, die Männerfäuste auf einem wehrlosen Frauenkörper hinterlassen können, nur allzu gut.
»So etwas habe ich noch nie gesehen«, bemerkte Mulrooney und schüttelte den Kopf. »Oder nein, das stimmt nicht. Ich habe so etwas schon gesehen: Und zwar bei Leuten, die unters Auto gekommen sind. So schlimm ist das.«
»Woran ist sie gestorben?«, fragte ich.
»Das wird die Gerichtsmedizinerin Ihnen noch genauer sagen. Ich denke, massives inneres Trauma. Vermutlich Schädelbruch; um Nase und Ohren finden sich gelbliche Rückstände, aber bei dem ganzen Blut ist das schwer zu sagen. Das kam wohl aus der Nase, die ist gebrochen.«
»Irgendeine Ahnung, wer sie ist? Alter? Irgendwas?«
»Mitte zwanzig, würde ich sagen. Aber sie ist nicht von hier. Ich jedenfalls habe sie noch nie gesehen und ich kenne eigentlich jeden.« Er spuckte trocken aus und schüttelte angewidert den Kopf. Über uns kreisten zwei Bussarde und suchten die umliegenden Felder nach Mäusen ab; ihre durchdringenden, miauenden Rufe waren furchterregend schön.
Als Williams sich wieder gefangen hatte, befragten wir den Mann, der die Leiche entdeckt hatte. Robert McLoone zitterten die Hände, als er versuchte, die Zigarette zu rauchen, die ich ihm gegeben hatte. Beim Sprechen sah er sich immer wieder nach dem Haus um, als würde er hoffen, dass das, was er gesehen hatte, nicht wirklich real sei. Als er zu Ende geraucht hatte, rieb er sich mit der linken Hand nervös den Nacken.
»Ich bin halt so zum Haus hoch«, erklärte er. »So zum Scheißen halt. Ist doch klar, oder? Müssen wir alle. Ist doch nichts dabei«, fügte er besorgt hinzu.
»Keine Sorge, Robert«, sagte ich. »Sie sind nicht in Schwierigkeiten. Niemand glaubt, dass Sie etwas falsch gemacht haben. Aber Sie müssen uns sagen, was passiert ist. In Ordnung?«
Er rieb sich nun noch heftiger den Nacken und blickte mich von der Seite an, als fragte er sich, was von meinen Worten zu halten sei. Dann nickte er.
»Also, warum sind Sie ausgerechnet in dieses Haus gegangen? Warum nicht in eins von denen da hinten?«, fragte ich.
»Hier sind halt die Klempnerarbeiten schon erledigt. Im Scheißhaus kann man abziehen.«
Ich nickte. »Verstehe. Also, Sie sind zum Haus gegangen. Was dann?«
»Ja, ich bin halt rein.«
»War die Tür offen?«, fragte Williams. »Nicht abgeschlossen? War draußen irgendwas komisch?«
McLoone dachte kurz darüber nach. »Nein, ich habe den Schlüssel benutzt, also war halt wohl abgeschlossen.«
»Und wo war der Schlüssel?«
»Unter dem Ziegel da. Da ist er immer.«
»Ist Ihnen irgendwas aufgefallen, als Sie die Tür aufgeschlossen haben?«
»Nicht dass ich wüsste. Ich hatte es halt ’n bisschen eilig. Hatte Druck sozusagen. Kann aber eigentlich nichts komisch gewesen sein. Sonst wäre ich nicht reingegangen.«
Ich nickte zustimmend. Die Leiche lag so dicht an der Tür, dass er sie wahrscheinlich nicht gesehen hatte, und die Blutspur, die in die Küche führte, war ihm wohl nicht aufgefallen.
»Als ich rein bin und sie da so gesehen habe, hätte ich beinah echt gekotzt. Bin gleich wieder raus und hab die Polizei gerufen.«
»Da
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