Galileis Freundin (German Edition)
wenig boshaft ins Schloss . Erschreckt drehten sich die Frauen um. Das Tor war zu. Von außen. Sie schauten sich lächelnd an. Caterina umarmte die Markgräfin Julia.
Dann gingen sie in verschiedene Richtungen. Caterina betrat in der Nähe des Klosters den nächsten Gasthof. Die lauten, schwatzenden Männer, die finsteren Gestalten und die übel r i echende Luft störten sie nicht. Sie fragte den Wirt nach einem ehrenwerten Kutscher, wobei sie ihm eine der goldenen Münzen unter die Nase hielt. Schneller als er den Wert der Münze e r kannt haben mochte, flüsterte der Wirt ein ehrfürchtiges "Stets euer Sklave" und hielt der Markgräfin jeden aufdringlichen Halbtrunkenen mit Schimpfworten und Fausthieben vom Le i be.
In der schmucken Kutsche fuhren Mutter und Sohn durch die lichtvolle Toskana zu dem Hause ihrer Väter, nach Picchena. Dem Kutscher winkte ein besonderer Lohn, wenn er die Strecke nach Picchena ohne Unterbrechung fahren würde. Ein Aufenthalt zum Wechseln des ÜPferdes sei ihm gestattet, hatte ihm die Gräfin bedeutet. Sonst aber, mein Herr, fahrt ihr, wie ich es euch sage. Der Kutscher hatte sich gefügt.
In großem Bogen mieden sie in Florenz jegliche Erinnerung an den Großherzog und den Ka r dinal, an die Besitztümer der Buondelmonti und den Palazzo Pitti.
„Fahret dahin, ich will euch niemals wieder sehen “, rief sie den Palästen und Kirchen, den Klö s tern und Türmen nach.
Vorbei an der Opera di Duomo, machten sie einen weiten Bogen bis zur Piazza Ricasoli, übe r querten die Ponte alla Carraia und wandten sich durch die Porta San Friano, vorbei an San Lorenzo nach Süd Westen. Der Glanz der Paläste, die Außenmauern der Kirchen und Klöster erschienen ihr wie die dunklen Jahre hinter den Klostermauern. Südlich des Flusses Arno en t wichen sie endlich dem Gestank des Häusermeeres Florenz, atmeten die freie Luft der gewel l ten Landschaft um die Stadt der Medici. Im Südosten winkte der Hügel von Arcetri. Sie sandte einen Gruß an den dorthin verbannten und bereits verstorbenen großen Freund Galileo Galilei. Dort, wo sich die Flüsse Ema und Greve vereinigten, richteten sie ihre Kutsche nach Süden. Irgendwo im Osten, blieb unsichtbar hinter den Hügeln der Ort Impruneta zurück, der den gi e rigen Pfarrer Alessandro beherbergte. Bald wieder verließen sie das Tal des Fiume Greve, wandten sich über die Handelsstraße nach San Casciano im Val die Pesa und überquerten den Flu ss Pesa in Calzaiolo. Der Weg durch das Tal der Pesa wäre ein Vielfaches leichter gewesen. Die Gräfin Picchena hatte aber nicht das Trachten, die unermesslichen Reichtümer der Familie Buondelmonti in ihrem eigenen Tal noch einmal zu sehen.
Die Rast in Bagnano schenkte ihr zum ersten Mal seit langer Zeit das Gefühl, endlich wieder zu Hause zu sein. Die riesigen bis fünfzehn Meter hohen Olivenbäume, mit ihren knorrigen, riss i gen Stämmen und den breit ausladenden Kronen, hießen sie in der Heimat willkommen. Die immergrünen Olivenbäume wurden noch überragt von den mächtigen Pinien, die ihre Krone wie einen Schatten spendenden Schirm über das Land breiteten. Gruppen von schlanken Zy p ressen reckten ihre Arme in das unendliche Blau des Himmels. Doch erst die silbergrau glä n zenden Stämme der gewaltigen Steineiche breiteten ihre Äste wie Arme aus und grüßten die Ankömmlinge wie alte Bekannte. Es war der Duft der ländlichen Toskana, der ihr das Heima t gefühl wiedergab. Der Duft von Pinien und Zypressen, der Frische der Wälder. Von den Ber g kuppen hatte sie einen weiten Blick über die Felder und Wiesen der Bauern. Verstreute Podere lagen träumerisch auf den Hügeln, umrahmt von den Pinieninseln. Nichts ließ die harte Arbeit der Contadini erahnen. Von den Tälern aus schaute sie in die grünen Wälder und genoss die feuchte Luft in der Nähe der Bäche und kleinen Flüsse.
All dies hatte nichts mehr zu tun mit den trostlosen Mauern von Santa Maria degli Angeli, nichts mit dem untreuen Pagen, mit dem schwindsüchtigen Lorenzo, dem böswilligen Gianca r lo, dem intriganten Alessandro. Die Pest hatte das Land längst verlassen. Friede schien eing e kehrt zu sein über die Täler und Höhenzüge der Toskana. In Frieden wollte sie die Tage in ihrer eigenen Burg unter dem Schatten ihrer Eiche verbringen.
Nach einer Weile, auf dem Wege nach San Gimignano, erinnerte sie sich erneut an Frains d'Aix. Warum hatte dieser Mann sie so schnell im Stich gelassen? War er ein Halunke, wie viele seiner
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