Galileis Freundin (German Edition)
einziger den Anlass für die Röte in dem Gesicht der Mutter. Alldieweil Caterina jeden Bericht über den Süden Fran k reichs mit klopfendem Herzen aufnahm, geriet ihre Sehnsucht in einen unendlichen Sog. Dort hinter dem Meere von Livorno, dort erahnte sie den Mann, der ihr Leben als einziger in eine neue Leidenschaft versetzen konnte. Der eigene Sohn trug unbewusst das seinige dazu bei. Stärker ähnelten von Tag zu Tag die Züge in seinem Gesicht dem Aussehen des Frains.
In der Provence, dort wusste sie den Mann, nach dem sie sich seit Jahren sehnte. Dort lebte der Vater ihres unmündigen Sohnes. Dort erwartete sie die Erfüllung ihrer letzten Wünsche. Je weiter sie sich von Frains d'Aix entfernt sah, umso begieriger war sie nach dem Manne ihrer Leidenschaften. Warum konnte sie nicht die Verbannung dort erdulden, dort in den Armen ihres geliebten Frains? Sie wusste , niemals würde der Franzose es wagen, sie hier in ihrer Burg aufzusuchen. Ihm drohte die Todesstrafe, wenn er in die Fänge der medicieischen Spione ger a ten würde.
Aus San Gimignano kehrte häufig als Gast der Medikus Valerio in der Burg Picchena ein. Er war für die ärztliche Versorgung zuständig. Er beteiligte sich darüber hinaus mit Leidenschaft an den Gesprächen über Wissenschaft und Kunst. Valerio, der Sohn eines reichen Kaufmanns in San Gimignano, war ein geachteter Arzt und darüber hinaus ein geschätzter Unterhalter und Kavalier in der oberen Gesellschaft. Doch gerade die Burg Picchena hatte er sich zu seinem meisten Aufenthalt auserkoren. Seine Zuneigung zu der Markgräfin konnte niemandem fremd bleiben. Die Hausherrin erkannte sehr wohl die Annäherung des Arztes. Jedoch blieben ihre Gefühle dem schmucken Kavalier gegenüber kalt. Für einen willkommenen Unterhalter an manch einem tristen Tage hielt sie ihn, wenn die Nebel über die Höhenzüge strichen, und wenn die Einsamkeit an ihr Herz griff und ihre Sehnsucht, den Schmerz in der Brust wieder en t flammte.
Eine denkende Frau, verbannt in das Anwesen des eigenen Heimes, war aus sich selbst verle i tet, neuen Gedanken in ihrem Leben Raum zu geben. Das machte den Sinn ihres Daseins aus. Es war von den Mächtigen in Szene gesetzt worden, die diese Verbannung gewollt hatten.
Es gab auch die anderen neuen Gedanken, die ein Herz wie das der Caterina nicht zur Ruhe kommen lassen wollten. Diese Gedanken überfielen sie, wenn die Markgräfin des Nachts alleine in ihre Kammer ging, wenn sie gelegentlich durch das schöne Anwesen streifte und wenn sie ihren Sohn Marzial Curzio vor sich sah. Nicht nur die Ähnlichkeit der Gesichtszüge, die Art zu sprechen, die Kunst, forsche Gedanken zu äußern, ließen vor ihr das Bild des Haudegens Frains d'Aix erscheinen. In ihrer Welt der Vorstellungen und der Sehnsüchte, in die Caterina immer wieder hineinfiel, entdeckte sie einen Frains d'Aix, der an stolzer Schönheit gewann. Der Franzose wuchs sich geistig zu einem übermächtigen Kämpfer heraus. Sie stilisierte ihn und ließ ihm jegliche Kunst angedeihen. Er wurde bald zum Bild des Mannes, für den sich alle Li e be dieser Welt lohnte. Der Verzicht und das Vergessen schufen in ihr das glorreiche Bild des geliebten Gottes.
Die Sehnsucht wuchs über das Fassbare hinaus und schenkte keinen Tag Einhalt und Verge s sen. Es war eine stille aber umso heftigere Leidenschaft. Sie disputierte über die Erkenntnisse der Wissenschaftler, dachte dabei aber an Frains d'Aix. Sie gab sich zufrieden und gelassen mit ihrem Leben auf der Burg und schmiedete insgeheim die Pläne, ihren Franzosen wieder zu sehen .
Es kam eine günstige Zeit, die ihre Fluchtgedanken beschleunigten und die das Feld einer A b reise fruchtbar beackerte. Ein Heiliges Jahr war in Sicht. Die Kirche und alle, die dazu gehö r ten, bereiteten das Jubiläumsjahr vor. Alle, das hieß auch alle weltlichen Fürsten und alle Bü r ger. In diesem Tollhaus der Vorbereitungen für die Feierlichkeiten in Rom und in allen La n desteilen der Toskana, sah die Gräfin die Gelegenheit, unbemerkt, ihre Vorbereitungen für eine endgültige Flucht zu treffen und für genügend Zeit zu sorgen, um diese langwierige Flucht auszuführen.
Nichts und niemand würde sie aufhalten können, ihren Frains d'Aix in Frankreich zu suchen und bei ihm zu bleiben. Der einmal gefasste Entschluss gab ihr Kraft für die Vorbereitungen. Ihren Sohn würde sie mitnehmen. Marzial Curzio liebte und achtete sie so sehr, dass er seiner Mutter überallhin folgen würde. Der
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