Galileis Freundin (German Edition)
habe, ist von schlechter Natur, Gott der Herr hat es so gewollt. Der hoch gelehrte Galileo Galilei ist dahing e gangen, er ist heimgekehrt in das Reich der ewigen Freude, der absoluten Erkenntnis. Das habe ich erfahren, bevor ich eure Botschaft in der Villa Arcetri deponieren konnte. Wie von euch gefordert, habe ich den Brief an Galileo, sofern ich ihn nicht übermittel könnte, dem Feuer eines Kamins übergeben. “
Mit tiefer Trauer vernahm die Gräfin Picchena die schlimme Botschaft. Eine weitere Säule des Tempels ihres Lebens war eingestürzt.
Die Gedanken an eine Flucht verstärkten sich. Ihre Ohnmacht war ihr ein deutliches Signal. Nur Beten und Träumen, unerfüllte Sehnsucht, der Schmerz der Trennung, sie schienen geei g net, den Körper schnell zu schwächen und die Kraft für tätiges Handeln zu untergraben. Dem musste sie vorbeugen, bevor ihr Leichnam im Klosterhof beerdigt würde. Die Schwester Oberin erlaubte ihr des Öfteren im Garten mitzuarbeiten, die Bete zu pflegen und die Erde zu bearbe i ten. Freiwillig trug die Gräfin Picchena Kisten und Säcke, Blumenstauden und selbst schwer e res Gerät. Ihren noch einmal davongekommenen Körper wollte sie stärken, ihr Blut mit guter Luft anreichern. Erst wenn sie körperlich erstarkt sein würde, gedachte sie den Plan einer Flucht zu entwerfen. Zuvor jedoch versuchte sie über einen gerechten Weg, ihre Freiheit zu erlangen.
Sie schrieb einen Brief an den Großherzog Ferdinand II.
„Durchlauchtigste Hoheit,
gnädigster Fürst und Herr,
mögen diese meine Zeilen Euch, Euer fürstliche n Gnaden, antref fen in einem Augenblick der Güte, der Liebe und der Weisheit. Wie wünsche ich mir, möge mein Brief, glanzvoller Fürst der Toskana, auf die gütigen Ohren meines Herrschers treffen.
Wie weiß ich doch sehr wohl, dass nur die Barmherzigkeit und die Güte, eurer Gnaden, meinen Umstand verändern kann.
Mehrere Jahre, durchlauchtigster Großherzog, bewohne ich jetzt schon das Kloster, habe hier meinen Sohn geboren. Ich diene unserem allergrößten Gott mit Hingabe und Leidenschaft. Ich bitte Gott um Vergebung und bete mehrmals täglich zu ihm. In mein Herz ist Ruhe und Frieden eingekehrt. Das ist mir ein Zeichen, dass Gott, der gütige Herr, meine Fehler verziehen hat und mich mit offenen Armen in den Kreis seiner reuigen Sünder gnadenvoll aufgenommen hat. Meine Seele lebt in Frieden. Mein Körper bedarf noch der Befreiung.
Zurückgehalten von furchtsamem Respekt, ohne den Anschein von Vermessenheit oder Dünkel zu erwecken, habe ich bis zur Stunde gezögert, Euere fürstlichen Gnaden zu schreiben.
Lasst mich, oh huldvoller Herrscher, mit Eurer gütigen Weisheit Erlaubnis, durch das Tor des Klosters in die Welt schreiten. Schenkt mir ein Leben auf meiner geliebten Burg Picchena. Schenkt mir die Freiheit der Einsamkeit in meinem Vaterhause. Dort will ich dem Herrsche r haus, dem gnädigsten Fürst und Herrn mit Achtung und Friedfertigkeit dienen. Ich will die Wälder und Wiesen unseres lieben Vaterlandes in Ruhe durchwandern, mich außerhalb Florenz aufhalten und meinem Durchlauchtigsten Großherzog für seine Gnade ewig dankbar sein. B e trachtet es, gnädigster Fürst und Herr, nicht als eine aufdringliche Forderung, wenn ich Euch gleichzeitig um die Erlaubnis der Entfernung aus dem Kloster für meine neue Betschwester Julia, der Markgräfin aus Lucca, bitte. Sie ist mir in den Tagen meines klösterlichen Aufentha l tes zu einer Stütze für meinen klösterlichen Dienst geworden. Eure Machtbefugnis erlaubt e i ner sehnsüchtig wartenden jungen Frau, das höchste Glück dieser Erde wiederzugeben.
Nicht zuletzt, Euer fürstliche Gnaden, erlaube ich es mir, an gemeinsame Tage mit Euch im Hause der Medici zu erinnern. Eure Hoheit, in unseren Kindertagen hatte ich manchmal die Ehre, mich an Eurer Seite aufhalten zu dürfen. Wie oft haben wir gemeinsam die Laute g e spielt, oder wir haben so manchmal gemeinsam in den wissenschaftlichen Schriften der Bibli o thek der Medici nach gewichtigen Erkenntnissen geforscht.
Auch wenn ich diese Ehre, die mir zuteil geworden war, nicht für ein Recht auf Gnade nutzen darf, so wird doch vielleicht die Erinnerung an gemeinsame, sehr lebendige Stunden, Eure Hand führen und meine Entlassung aus dem Kloster veranlassen.
Durchlauchtigster Großherzog, mächtiger Herrscher in Florenz, schenkt mir Eure Gnade und erweist mir die Güte Eurer Verzeihung. Im Angedenken an meinen seligen Vater, den ersten
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