Galileis Freundin (German Edition)
in Rom verloren. Die Inquisition ließ von der Kanzel verlesen, die Bücher von Kopernikus und all seiner Nachfolger seien verboten worden und müssten eingezogen werden. Wie könnte er, der die neuen Erkenntnisse handgreiflich erfahren hatte, die Wahrheit verschweigen, seinen richtigen Weg auf Druck der Kleriker verfälschen? Er kannte sein Ziel, das er mit wissenschaftlichen Methoden weiterve r folgen würde . Hingegen zeigten sich seine Gegner unerbittlich und unermüdlich in ihrem B e mühen, seine Aussagen zu bekämpfen, ihn erst gar nicht zu Wort kommen zu lassen. Gerade die Inquisition, die Wachhunde der Kirche, vornehmlich Kardinal Bellarmin, die Jesuiten und Dominikaner gaben sich unnachgiebig. Schlimmste Zeiten stürmten auf den Forscher ein. Der freie Weg in eine wissenschaftliche Öffnung war nicht auszumachen. Doch fühlte er den Mut und die Standhaftigkeit des erkennenden Wissenschaftlers. Um keinen Preis der Welt würde er bereit sein, seine Erkenntnisse zu ve r schweigen.
Die Offenheit und Unbescholtenheit der Jugend erlaubten der jungen Markgräfin, Caterina, die Forschungen des Astronomen zu verstehen. Der Streit um die Wahrheit der Erkenntnisse stürzte sie jedoch in einen scheinbar unlösbaren Konflikt. Mit Eifer verfocht sie das sinnenhafte Reden über die neuen Erfahrungen und Erkenntnisse, widerwärtig dagegen war ihr das unb e deutende Geschwätz bei Hofe im Kreise der ersten Damen der Toskana. So, wie sie mit B e geisterung in den glanzvollen Sternenhimmel schaute, so wie sie die Weite des Firmaments erkennen konnte, so klar und gefahrvoll sah sie die Zukunft ihres eigenen Lebens. Der a b scheuliche Blick in die Unterwürfigkeit der Mehrheit ihres Geschlechtes wahr ihr zuwider, die vorgestrickten Rollen ihres Daseins würde sie sich nicht überziehen können.
Über der in nächtliches Dunkel getauchten Terrasse der Burg Picchena hing das seidenweiche Bild des Mondes. Ein Bild der Liebe und ein Symbol von Forscherdrang und wissenschaftlicher Wahrheit. Die Sehnsucht nach einer friedlichen Welt umfing die drei Menschen. Jeder kam aus seiner eigenen Welt. Jeder dachte an den Fortgang der Dinge aus seiner eigenen Sicht. Alle aber wollten den Frieden, den es wohl gerade jetzt nicht mehr zu geben schien.
Nach einer Weile verabschiedete sich das junge Mädchen und begab sich zu Bett.
Auf diese Stunde hatte Curzio Picchena längst gehofft. Mit seinem Freund hatte er einige wichtige Dokumente zu besprechen.
Die beiden Freunde rückten näher an dem runden Tisch auf der Terrasse zusammen. Sie hatten sich ein Öllicht bringen lassen, das in einer Terrakotta Schale windgeschützt flackerte und die Gläser mit dem roten toskaner Wein funkeln ließ. Verschwörern gleich schienen die Mä n ner an geheimen Plänen zu arbeiten. Der Eindruck war nicht zu unrecht so geheimnisvoll.
Curzio Picchena, im stolzen Alter von 65 Jahren, pflegte stets seinen sauber gestutzten Vol l bart und wirkte Ehrfurcht heischend. Das Gesicht des elf Jahre jüngeren Galileo Galilei u m wallte ein trotziger, wilder Vollbart und verbarg nur schwach sein energisches, herrisch wi r kendes Kinn. Seine buschigen Brauen prangten störrisch über seinen Augen.
Noch einmal kostete Picchena von dem guten Rotwein, bevor er vorsichtig begann.
„Galileo, ich mache mir sehr viele Gedanken um euch. Ihr wisst , wie sehr ich eure Forschungen beobachte, und ihr kennt meine Überzeugungen von eurer Theorie.“
Der mächtige Schädel des unnachgiebigen Astronomen bewegte sich langsam, fast drohend zu Picchena. Der Schein des flackernden Lichtes spielte in seinem zerfurchten Gesicht, und die Schatten ließen ihn noch mürrischer erscheinen. Dem Freund war das ungebändigte Temper a ment in dem wuchtigen Kopf vertraut und er fürchtete den aufbrausenden Charakter. Ging es um Wahrheit seiner Forschungen, ließ der Wissenschaftler keine Kompromisse zu. Seine A u gen verkleinerten sich und sein unter dem Bart verschwindender Mund wurde noch schmaler.
Picchena schaute seinem Freund ernst in die Augen.
„Hochverehrter Galilei, ihr müsst mehr Vorsicht walten lassen. Ihr habt Freunde, die euch schützen. Wie lange sie euch aber noch beschützen wollen und können, ist nicht vorherzus e hen. Ich habe gehört, dass ihr beabsichtigt, solange nach Rom zu reisen und immer wieder euer Tun zu verteidigen, bis ihr Einsicht und Verständnis gefunden habt. Ich flehe euch in eurem eigenen Interesse an, lasst davon ab. Gebt diese Idee auf. Es wird euer
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