Galileis Freundin (German Edition)
Untergang sein. Die Kirche ist allmächtig, die Inquisition ist unnachsichtig dem gegenüber, den sie einmal in ihren Klauen hat. Ich kann es nicht dulden, dass ihr euch leichtfertig in diese tödliche Gefahr begebt.“
Galilei hob langsam sein Glas und nahm bedächtig einen Schluck. Er schaute Picchena durc h dringend an und sprach ernst und ruhig.
„Ich glaube, in der Welt gibt es keinen größeren Hass als den der Unwissenheit gegen das Wissen. Um den Hass zu beseitigen muss das Unwissen beseitigt werden.“
„Gebt euer Vorhaben auf, euch stets in Rom zu verteidigen. Bleibt im Großherzogtum und widmet euch den Forschungen.“
„Curzio, wenn ich meine Forschungen in Ruhe machen könnte, dann ja. Aber das ist ein Tru g schluss von euch. Ich werde mich niemals in Ruhe meinen Forschungen widmen können. Ja, ja“, die Stimme Galileis erhob sich, „wenn ich in meinen Wänden bliebe, alleine meinen Entwicklungen nachginge, wenn ich über meine Entdeckungen schwiege, nichts veröffentlichte und die Planeten und die Sonne dort ließe, wo sie die Kirche gerne behalten möchte, dann würden die Verfolger mich in Ruhe lassen. Vielleicht, Curzio, vielleicht, würden sie mich dann in Ruhe lassen......“, die Stimme des Naturforschers wurde lauter.
„Curzio, was verlangt ihr von mir? Ich soll das, was den Kern meines Lebens ausmacht, das soll ich einfach fallen lassen? Ich soll über das Ergebnis meiner Arbeit schweigen, es gar ve r leugnen? Ich soll wegen ein paar Hitzköpfen in der Inquisition die Wissenschaft verleugnen, die das Bild der Welt verändern würde? Ich, Galileo Galilei, habe der Welt mehr zu sagen, als ein paar Spione und Theologen. Curzio, ich habe viele Freunde, in Rom und in Florenz, in der ganzen Welt. Man kann einen Galilei nicht einfach von der Bildfläche verschwinden lassen.“
Picchena erkannte wieder das aufbrausende Gemüt des Freundes. Er versuchte, noch zurückhaltender zu sein.
„Sicher habt ihr Freunde. Doch wo werden eure Freunde sein, wenn ihr in Rom vor der I n quisition stehen werdet, wenn ihr nicht die Chance bekommt, aus Rom herauszukommen? Gal i leo ihr wart schon einmal in einer ernsten Gefahr.
Was war anno 1616, als ihr die Audienz bei Bellarmin, dem höchsten aller Theologen erhalten solltet? Er hat euch empfangen, ja, natürlich“, Picchena sprach eindringlich auf Galilei ein, „aber wer hat euch gleichzeitig empfangen? Die Inquisition! Die Dominikaner! Die Scharfm a cher! Nicht nur das Galilei, sie haben euch erst gar nicht angehört. Sie haben euch den fertigen und vorbereiteten Erlass vorgelegt: ‘....die Idee, dass sich die Erde um die Sonne dreht, dumm, absurd sowie philosophisch und formal häretisch ist, denn sie widerspricht ausdrücklich der Heiligen Schrift ‘
das war der Inhalt, den man euch bei der Audienz vermittelt hat. War das nicht Warnung g e nug?“
Curzio senkte seine Stimme fast zum Flüstern.
„Ihr bekommt keine zweite Chance. Ihr seid ein Fanatiker der Wahrheit. Die Inquisition ist ein Fanatiker der Worte, der einzelnen Worte, Galileo, aus der Heiligen Schrift. Wollt ihr euch den Dummköpfen ausliefern, die , leider , die Macht besitzen? Gegen verbohrten Fanatismus, Galileo, könnt ihr nichts ausrichten. Wer die Wahrheit nicht hören will“, Curzio Picchena betonte scharf das Wort „will“, „der hat andere Gründe, der ist an der Wahrheit nicht interessiert.“
„Nein, nein, Curzio“, betete Galilei seine Aussagen im Stakkato vor, „ich werde immer wieder nach Rom gehen. Ich will, ich muss die Kirche überzeugen.“
„Galileo, die Schergen Bellarmins werden euch nicht wieder frei nach Hause lassen. Der Arm des Großherzogs ist kurz. Er reicht nicht bis nach Rom. Wer soll euch beschützen? Wenn ihr von der Inquisition gefoltert und hingerichtet werdet, werden vielleicht sogar eure Beschützer schwach und schwankend. Dann ist es zu spät.“
„Ich werde mich an die Großherzogin, Christina von Lothringen, wenden.“
„Christina ist nicht Cosimo, der euch von Anbeginn an als Lehrer schätzte. Natürlich habt ihr auch die Unterstützung von Christina. Doch glaubt mir“, Curzio senkte seine Stimme noc h mals, und Galileo beugte sich näher zu ihm, „seid ihr erst einmal in Rom, in den Fä n gen der Inquisition, wird sie nichts mehr für euch tun können. Die Großherzogin hat einzig das Wohl der Kirche im Kopf. Die alte Dame entwickelt sich zu einer bigotten Heiligen. Wenn es darauf ankommt, Galileo, dann könnt ihr nicht auf sie
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