Gangster auf der Gartenparty
bezweifle ich. Wo doch dort dieses komische
Fieber grassiert. Wird von Mücken übertragen. Und die Biester sind
Schnellstecher. Außerdem ist er mit seiner italienischen Freundin zusammen. Wie
eine große Hilfe sah die mir nicht aus. Höchstens als Alibi-Zeugin. Alles in
allem meine ich also: Krätzkow wird in der Stadt bleiben. Erstens ist sie groß
genug. Zweitens gibt’s hier ‘ne Unterwelt. Drittens kennt er sich aus in
unserem Häusermeer und den angrenzenden Landkreisen.“
„Messerscharfe Überlegung“, lobte
Klößchen. „Huch, man könnte sich schneiden.“
„Jetzt liegt es an uns, seine Spur aufzunehmen“,
spann Tim weiter, „damit aus dem Teilerfolg ein ganzer Erfolg wird.“
„Glaubst du, mein Papi hat endlos
Geduld?“ fauchte Gaby. „Was jetzt folgt, steht auf einem anderen Blatt. Willi
und ich haben eine Rechnung mit dem Kerl zu begleichen. Ich schulde ihm was für
den Tritt auf die Hände. Außerdem will ich mein Kettchen zurückhaben. Und Willi
wird Krätzkows Hintern als Fußball benutzen.“
„Außerdem“, wandte Karl sich an Gaby, „ist
dein Vater garantiert gnädig gestimmt, wenn wir ihm Krätzkows Schlupfwinkel
nennen.“
„Also suchen wir nach ihm“, nickte sie
— nach kurzem Nachdenken. „Aber wo? Bei wem? Wie? Ich sehe nicht den Hauch
einer Spur.“
Tim blickte zum Spukhaus zurück. „Er
hat dort — wie wir wissen — zwei Jahre gewohnt. Hat nicht gearbeitet, sondern
gelebt von dem, was die Vareno als Kellnerin nach Hause brachte. Aber Kontakte
zu irgendwem gab es bestimmt. Sicherlich ist der eine oder andere schräge Vogel
hier aufgetaucht. Und wer könnte das wissen? Wer hat eventuell beobachtet, von
wem Krätzkow besucht wurde? Nun?“
„Du meinst...“ Karl deutete zu Eduards
Häuschen hinüber. Tim nickte. „Du sagtest, da wäre ein Oldtimer ( jemand.,
der schon lange dabei ist ) zu Hause.“
„Eduard von Lommingen. Ich kenne ihn
ein bißchen.“
„Zugänglich?“
„Ist riesig nett, würde ich sagen.
Toller Schachspieler und weit gereist in jungen Jahren. Gelernter Biologe ( Erforscher
der Lebensvorgänge in der Natur). Aber Privatwissenschaftler. War nie
Pauker.“
„Wie sympathisch!“ meinte Klößchen.
„Kann er noch weit blicken?“ fragte
Tim. „Oder sind die Augen schwach?“
„Keine Ahnung.“ Karl zuckte mit den
Achseln. „Die Figuren auf dem Schachbrett sieht er.“
„Na, wir werden es hören“, meinte Tim —
und schob sein Rad zur Gartenpforte.
7. Liebenswerte Dame statt alter Hexe
Da war er wieder!
Eduard von Lommingen hatte das Fenster
geöffnet. Er konnte hinübersehen ins Nachbargrundstück — bis zu Lenas Haus.
Jetzt spürte er, wie die Galle ihm
hochkam. Aufregen konnte er sich immer noch wie ein Jüngling, obwohl er fast 80
war.
Otto Renz, genannt ,Häuserkönig’, stand
drüben vor der Haustür, nahm den Daumen nicht von der Klingel und begann jetzt,
mit der Faust gegen die Tür zu hämmern.
Im Obergeschoß, hinter der
Spitzengardine, bemerkte Eduard eine Bewegung. Natürlich! Lena war zu Hause.
Aber sie versteckte sich. Sie hatte Angst vor diesem Kerl.
Renz war ein plumper Hüne mit den
Manieren eines Rüpels.
„Ich weiß doch, daß Sie da sind!“
brüllte er in die Stille des Sommernachmittags. „Machen Sie auf. Sonst reiße
ich Ihnen die Bude über dem Kopf ab!“
Ich muß ihr zu Hilfe kommen, dachte
Eduard. Aber wie?
Er schloß das Fenster, faßte seine
Tabakpfeife fester und eilte zur Haustür.
Als er sie öffnete, breitete sich
Verblüffung über sein Ledergesicht.
Vier Jugendliche standen vor ihm — jedenfalls
fast auf der Treppe. Ein Hund war dabei, ein hübscher Cocker-Spaniel. Und den
einen, Karl Vierstein, den kannte Eduard.
Offensichtlich wollten die vier zu ihm.
Aber jetzt blickten sie zu Lenas Haus hinüber, denn der brüllende Renz war
nicht zu überhören.
*
Hat da einer die Tollwut? dachte Tim.
Oder plaudert der immer so?
Er und seine Freunde sahen den Wüterich
nur schemenhaft. Zwei Birken standen im Weg. Um so deutlicher aber hörte man
das Gebrüll.
Aus den Augenwinkeln bemerkte Tim, daß
die Tür, vor der sie standen, sich geöffnet hatte. Edu, der Oldie, trat in
Erscheinung.
Tim stieß Karl an. Der — als Bekannter
— sollte das erste Wort führen.
„Tag, Herr von Lommingen“, rief Karl. „Erinnern
Sie sich an mich? Bin der Sohn von Professor Vierstein und...“
„Ich kenne dich, Karl“, wurde er von
Edu unterbrochen. „Aber jetzt... Kleinen Moment, ja?
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