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Gangster auf der Gartenparty

Gangster auf der Gartenparty

Titel: Gangster auf der Gartenparty Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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ich
draußen bin, Pauline, wiederhole ich‘s zum tausendsten Mal: Ich habe das Ding
nicht gedreht.“

    „Weiß ich doch, Heinz!“
    „Du sagst das nicht nur. Du glaubst es
doch?“
    „Aber ja. Die Umstände sprachen gegen
dich. Deshalb diese Ungerechtigkeit.“
    „Die Umstände! Hah! Das sagte auch der
blöde Anwalt. Umstände! Vorstrafen! Meine Methode! Diesen Erich Fühme könnte
ich in der Luft zerreißen. Dieser verdammte Lügner! Wieso hat der mich erkannt?
Ich war’s nicht!“
    „Vergiß es, Heinz. Übrigens soll ich
dich von Krätzkow grüßen. Er war hier. Hat was vor mit dir, glaube ich. Ich
konnte ihm einen Unterschlupf besorgen: das Haus vom alten Gräbert, das keiner
mieten will, weil sich dort die beiden Verrückten umgebracht haben. Entsinnst
dich, ja? Krätzkow muß untertauchen. Weil...“ Ihr fiel ein, daß sie es selbst
nicht wußte. „Da mußt du ihn selber fragen.“
    „Gut, später“, nickte Obrecht. „Später,
sage ich. Denn erst... Weißt du, was ich mache? Ich werde bei Fühme die Kasse
leeren. Jawohl! Und zwar heute noch. Sobald ‘s dunkel ist. Daß ich, kaum
draußen, dort Rabatz mache, wird nicht mal der phantasievolle Bulle für möglich
halten. Außerdem haben die keine Phantasie. Dem Fühme tränke ich ‘s ein, dem
Schweinekerl. Und die Strafe, hahahah, habe ich im voraus abgesessen. Was soll
mir schon passieren?“
    „Heinz, um Himmels willen!“
    Aber sie wußte, das sie ihn davon nicht
abbringen konnte. Seine Wut war zu groß.
     
    *
     
    Oh, wie labend ist der Abend! dachte
Klößchen.
    Er saß auf der Fensterbank, die zum
Adlernest gehört, und ließ die Beine ins Freie baumeln.
    Unter ihm gähnte ein Abgrund. Doch
Klößchen beschloß, die Mutprobe, zu der ihn niemand aufgefordert hatte, noch
eine Weile durchzuhalten.
    Die Arbeitsstunde war beendet. Nicht
mehr lange, und der Gong rief zum Abendessen.
    Genußvoll kaute er ein Stück
Schokolade.
    Seine nackten Füße — er war barfuß — wurden
von lauer Luft umschmeichelt. Drüben, im Pauker-Silo, brannte noch kein Licht.
Aber im Park tarnten sich die Schatten bereits mit nächtlichem Blau; und die
Singvögel in Kastanien, Eschen und Linden ließen ihr Abendkonzert ausklingen.
    Tim riß die Tür auf — wie es bei Eile
seine Art ist.
    Klößchen schrie.
    Für einen Moment schwankte sein
körperliches Schwergewicht bedenklich nach außen. Dann klammerte er sich am
Fensterstock fest.
    O Mann! dachte Tim. Spinnt der?
    „Hast du mich erschreckt“, brüllte
Klößchen. „Fast wäre ich rausgestürzt.“
    „Was, zum Teufel, treibst du da?
Seiltanz?“
    „Ich sitze, wohlig gestimmt, auf der
Fensterbank und genieße den Abend. Aber du platzt rein wie ein Orkan. Sofort
ist Durchzug. Der Wind trifft mich im Rücken — und beinahe wäre es passiert.“
    Vorsichtig zog er die Beine herein und
glitt von der Bank. „Der Wind, der dich vom Hintern reißt“, sagte Tim, „braucht
mindestens Stärke zehn. Zieh Schuhe an, wir müssen los!“
    „Was?“
    „Ich könnte mich ohrfeigen. Habe was
Wichtiges vergessen. Jetzt drängt die Zeit.“
    „Ich höre immer, wir müssen los.“
    „Mit den Tretmühlen — und zwar sofort.“
    „Bist du wahnsinnig? Gleich gibt es
Mampfe.“
    „Mampfe fällt aus. Wenn du beim Essen
fehlst, werden die andern 500 Mitschüler endlich mal satt.“
    „Ich weigere mich, schon wieder auf
eine Mahlzeit zu verzichten.“
    „Dann fahre ich allein.“
    „Wohin denn?“
    „Entsinn dich mal, was der Renz zum
alten Edu gesagt hat! Morgen abend, hat er gesagt, komme ich wieder. Dann werde
er der Fleising beibringen, was Sache ist. Morgen abend — das ist jetzt. Wir
müssen hin. Wenn Renz die Sau rausläßt, kriegt die alte Dame einen Herzanfall.
Und Edu ist zu alt, um ihr ganz allein beizustehen.“
    „Können wir nicht nach dem Essen
hinfahren?“
    „Dann ist es vielleicht schon gelaufen,
und wir haben die Chance verpaßt, dem Häuserkönig vors Schienbein zu treten
oder zu erleben, daß er seinen Handlanger Krätzkow schickt. Könnte mir denken,
der soll das Haus anzünden. Oder wenigstens die Kanalisation verstopfen.“
    Klößchen eierte zu seinem Schrank.
    Das unterste Fach barg seine
Turnschuhe, zur Zeit sechs Paar, die alle gleichmäßig verschmutzt waren.
    Welche Marsch-Futterale
zusammengehörten, stellte er meistens anhand der unterschiedlichen Sohlen fest.
    Auf Socken verzichtete er. Ächzend band
er zwei Schleifen. „Diese alten Leutchen können einen ganz schön auf Trab
halten,

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