Ganoven im Schlosspark
wirklich gern geholfen, Frau Hagedorn. Aber ich habe um halb sechs einen Termin im Nagelstudio“, sagte sie. „Bis morgen Früh!“
„Pünktlich!“, knurrte Frau Hagedorn. „Und bringen Sie einen Putzkittel mit!“ Und leise setzte sie hinzu: „Zum Glück zieht dieses Fräulein nicht auch noch bei uns ein.“
Long John Silver
Als Benedikt Ussenkamp zwei Stunden später das alte Dienstbotenzimmer in Augenschein nahm, staunte er nicht schlecht über seine neue Bleibe. Frau Hagedorn hatte ihr Bestes gegeben, um aus einem Paradies für Spinnen und Wollmäuse ein vor Sauberkeit blitzendes, gemütliches Zuhause zu machen. Herr Ussenkamp warf sich prompt auf das Bett und überprüfte mit mehreren Hüpfern den Zustand der Matratze. „Ich werde schlafen wie ein Engelchen! Herzlichen Dank für Ihre Mühen, Frau Hagedorn!“
Sherlock, der mit Lilly auf der Fensterbank saß und die Beine baumeln ließ, beobachtete das Geschehen so gespannt wie ein Zuschauer ein fesselndes Theaterstück.
„Hier kommt die Wäsche!“, verkündete Paula und schleppte mit Max’ Hilfe Kissen, Bettdecke, Bettwäsche und Handtücher in das Zimmer.
„Jetzt ist aber bald wegen Überfüllung geschlossen!“, lachte Frau Hagedorn. Plötzlich wurde sie von einer Niesattacke geschüttelt. „Hatschi, hatschi, hatschi!“
„Alles in Ordnung, Frau Hagedorn?“, erkundigte sich Dr. Kuckelkorn besorgt.
Max und Paula warfen sich einen kurzen Blick zu. Sie kannten diese Niesanfälle nur zu gut. Schließlich waren sie der Grund dafür, dass Max kein Meerschweinchen haben durfte.
„Haben Sie etwa Haustiere?“, schniefte Frau Hagedorn und durchsuchte ihre Schürzentaschen nach einem Taschentuch.
„Oh!“, rief Benedikt Ussenkamp und machte ein betroffenes Gesicht. „Ist das ein Problem?“
Ohne auf eine Antwort zu warten, ging er zu seinem Gepäck, das er neben der Zimmertür abgestellt hatte, und zeigte auf eine Transportbox. Als Benedikt Ussenkamp die Gittertür öffnete, drang ein Fauchen aus dem Inneren.
„Gib nicht so an“, lachte der Gärtner und hob einen getigerten Kater aus dem Käfig. „Darf ich vorstellen, das ist Long John Silver.“
„Sapperlot noch eins!“, rief das Gespenst entsetzt und fiel vor lauter Schreck mitsamt der knurrenden Lilly vom Fensterbrett.
„Der sollte aber eigentlich ein Tiger werden, oder?“, sagte Paula und hielt respektvollen Abstand. Auch Max verspürte nicht die geringste Lust, den Kater näher kennenzulernen. Long John Silver fehlte ein Auge und er hatte riesige Reißzähne. Er starrte Max und Paula an, als wollte er sich jeden Moment auf sie stürzen.
„Genau so hab ich mir den Piraten Long John Silver aus der Schatzinsel immer vorgestellt“, flüsterte Max seiner Schwester zu.
„Hatschi! Hatschi!“ Frau Hagedorn riss die Arme in die Höhe und schüttelte energisch den Kopf, während sie sich den Weg zur Zimmertür bahnte. „Keine Tiere in meiner Nähe! Dieses kleine Monster kann nur bleiben, wenn es das Zimmer hier nicht verlässt!“
„Selbstverständlich“, versprach Benedikt Ussenkamp und fügte kleinlaut hinzu: „Ich hätte wohl vorher fragen sollen?“
„Frau Hagedorn hat eine Tierhaarallergie“, erklärte Dr. Kuckelkorn ruhig. „Aber solange der Kater nicht durch das Schloss stromert, ist alles in Ordnung.“
„Was ist denn jetzt mit dem Baumhaus?“, quengelte Paula.
„Genau“, stimmte Max ein.
Dr. Kuckelkorn hob entschuldigend die Schultern. „Meine Kinder!“, lachte er. „Wenn sie etwas wollen, dann lassen sie nicht locker!“
„Du hast es versprochen, Papa!“, beharrte Paula.
„Haben Sie so etwas schon mal gemacht? Ich meine, ein Baumhaus gebaut?“, wandte sich der Museumsdirektor an Herrn Ussenkamp.
„Klar“, sagte er und setzte Long John Silver auf den Boden.
Sherlock ergriff augenblicklich die Flucht und sprang zurück aufs Fensterbrett. Panisch kraulte er seinem Hündchen den Nacken und hatte einige Mühe, es vom Knurren abzuhalten.
„Wenn Sie wollen, baue ich Ihren Kindern einen kleinen Palast in die alte Buche im Schlosspark.“
„Ich hab schon mal einen Bauplan gezeichnet!“, sprudelte Max ungewohnt stürmisch los und zog ein gefaltetes Blatt aus seiner Hosentasche hervor.
„Morgen, morgen, morgen!“, lachte Dr. Kuckelkorn, legte seinen Kindern die Hände auf die Schultern und lotste sie aus dem Zimmer. „Jetzt lassen wir Herrn Ussenkamp erst mal in Ruhe ankommen!“
„Du machst das ganz falsch!“, belehrte Paula ihren
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