Ganz oder Kowalski
wollte. Doch gerade noch rechtzeitig fielen ihr die anderen ein.
In dieser Gruppe waren sie nur Freunde. Nicht mehr. Und ganz sicher keine Freunde mit gewissen Vorzügen – Sean wollte nicht, dass irgendjemand wusste, dass Emma nicht mehr auf der Couch schlief.
Stattdessen drehte sie ihm den Rücken zu und streifte sich die Handschuhe über. Es war schwierig, in diesem Lügengespinst den Überblick zu behalten, und sie war es allmählich leid. Sie wollte sich entspannen und sie selbst sein. Allerdings durfte sie sich nicht beklagen. Immerhin war sie diejenige gewesen, die sie überhaupt erst in diese Situation gebracht hatte.
Als es Zeit war, sich auf den Weg zu machen, ließ sie ihren Frust am Quad aus. Sie lehnte sich zurück, gab Vollgas und jagte auf den Hinterrädern vom Parkplatz herunter. Als die Vorderräder wieder Bodenkontakt hatten, lachte sie und setzte sich auf den Sitz. Sollte Sean den Staub erst mal eine Weile verdauen.
Sie alle waren erfahrene Quadfahrer und hielten ein hohes Tempo, und so hörte sie auf, über ihre derzeitige Situation nachzugrübeln, und richtete ihre Aufmerksamkeit stattdessen auf den Weg, der vor ihr lag. Kevin führte die Gruppe an, Evan und Terry folgten ihm, und Sean bildete hinter Emma die Nachhut. Sie bekamen also ziemlich viel Staub ab. Staub bedeutete, dass die Sicht schlechter war und man sich noch stärker konzentrieren musste. Und das hieß, dass sie gerade nicht darüber nachdenken konnte, warum Sean so unerschütterlich daran festhielt, dass niemand in seiner Familie Verdacht schöpfte, dass sie miteinander schlafen könnten.
Doch schon kurze Zeit später kreisten ihre Gedanken erneut um dieses eine Thema. Wieso war es für Sean so bedeutend, das Ganze geheim zu halten? Es gab eine Wette mit seinen Brüdern, aber das war sicher nicht der einzige Grund. Schließlich war es nicht so, als hätten die Jungs jeweils hunderttausend Dollar darauf gesetzt, wann Emma und er miteinander schlafen würden. Nein. Offensichtlich lag es schlicht und ergreifend daran, dass er nicht wollte, dass die anderen es wussten.
Er hatte gesagt, dass er sich Sorgen machte, dass seine Tante sich Hoffnungen machen könnte, was sie beide anging. Und wenn schon? Schöpften Mütter – und Mutterfiguren – nicht immer Hoffnung, wenn ein Kerl in den Dreißigern anfing, sich mit einer neuen Frau zu treffen? Manchmal klappte es und manchmal nicht. Doch man versteckte eine neue Freundin nicht im Schrank – es sei denn, die fragliche Mutterfigur war eine Psychopathin. Und Mary Kowalski war ganz sicher keine Psychopathin.
In Emmas Augen konnte das nur eines bedeuten: Sean ging nur mit ihr ins Bett, weil er Sex wollte. Wenn niemand wusste, dass sie miteinander schliefen, würde es auch keine Fragen von Seiten seiner Familie geben, wenn sie wieder getrennte Wege gingen, und seine Tante wäre nicht enttäuscht.
Damit musste sie leben, denn schließlich hatte sie sich dazu bereit erklärt: nur Sex, ohne auf den dummen Gedanken zu kommen, es könnte mehr sein. Und ihr war es recht … größtenteils jedenfalls. Zwei Wochen lang den besten Sex ihres Lebens genießen zu können war besser, als überhaupt keinen Sex zu haben. Sie wünschte sich nur, es würde sich nicht wie ein schmutziges Geheimnis anfühlen.
Nachdem sie einige Kilometer zurückgelegt hatten, fuhr Kevin von der Straße ab und hielt auf einer Rasenfläche, die an einen Teich grenzte. Die anderen folgten ihm. Manchmal hielten sich in der Morgen- oder Abenddämmerung am Teich Elche auf, aber tagsüber lag er verlassen da.
Emma stellte den Motor aus und legte ihren Helm und die Schutzbrille ab. Mit dem Arm versuchte sie, sich den gröbsten Staub aus dem Gesicht zu wischen. Es war eigentlich aussichtslos, denn die durch den Helm ruinierte Frisur und das schmutzige Gesicht waren unvermeidliche Nebenwirkungen beim Quadfahren. Doch sie probierte es trotzdem.
Sean kam zu ihr. Er sah genauso schmutzig aus wie sie, aber da er ein Kerl war, hatte er kein Problem mit total zerzausten Haaren. „Ich schätze, wenn mir das nächste Mal jemand vorwirft, wie ein Mädchen zu fahren, sollte ich mich wohl für das Kompliment bedanken“, murmelte er.
Sie grinste und beugte sich vor, um den Helm auf den vorderen Gepäckträger zu legen. „Zumindest kannst du mithalten.“
„Es ist offensichtlich, dass du keine Anfängerin bist. Wie kommt es, dass du kein eigenes Quad hast?“
„Ich hatte eins. Im vorletzten Sommer ist allerdings der Motor
Weitere Kostenlose Bücher