Garantiert gesundheitsgefährdend: Wie uns die Zucker-Mafia krank macht (German Edition)
schlechte Zeiten. Bei Bedarf wird das Depot dann wieder zurückverwandelt in Zucker. »Glukoneogenese« heißt das Fachwort dafür, etwa: »Zuckerneuentstehung«.
Pfiffig gedacht. Genial angelegt. Damit kann der Mensch überall auf der Welt überleben, mit jeder Art von Nahrung. Eine wunderbare Fähigkeit, von geradezu existenzieller Bedeutung, für den einzelnen Menschen und für die ganze Gattung.
Doch genau das ist es, was dem Körper heute zum Verhängnis wird.
Denn jetzt gibt es Zucker im Überfluss. Es gibt Coca-Cola jeden Tag und Nutella zum Frühstück und Kellogg’s Frosties und Fruchtzwerge und das ganze Arsenal von Ferreros Kinder-Zuckerbomben. Bei vielen Menschen, vor allem Kindern, hört die Zuckerflut ja nicht auf.
Damit beginnt eine verhängnisvolle Kettenreaktion. Der Körper reagiert zunächst, wie er es für sinnvoll hält, und steckt es in seinen Speicher: die Leber.
Lustig: »Die Leber muss das verarbeiten und hat keine andere Möglichkeit, als das in Leberfett zu verarbeiten. Wenn sie es in Leberfett verwandelt, wird sie krank.«
»Eine Fettleber, wie bei Alkoholikern?«
Lustig: »Sie kann nicht mehr angemessen reagieren. Die Bauchspeicheldrüse muss zusätzlich Insulin produzieren, damit die Leber ihren Job machen kann. Das erhöht die Insulinlevel überall im Körper. Das verwandelt Energie in Fettzellen.«
»Ein Teufelskreis.«
Lustig: »Das erhöht das Übergewicht. Zusätzlich, wenn das Insulin in die Höhe geht, meldet das Ihrem Gehirn, Sie sind immer noch hungrig. Das wiederum veranlasst Sie dazu, mehr zu essen.«
»Wir können nicht mehr aufhören?«
Lustig: »Also: Zu viel Zucker führt zu Insulinresistenz, Stoffwechselkrankheiten, vorzeitigem Altern. Und es führt wiederum zu erhöhtem Verzehr, so entsteht ein unendlicher Kreislauf aus Zuckerverzehr und Krankheit. Das ist es, was es zum Gift macht.«
»Und die entsprechenden Krankheiten verursacht?«
Lustig: »Krebs, Demenz, Eierstockkrankheiten, Herzkrankheiten, Veränderungen der Blutfettwerte, Schlaganfall, Diabetes, Übergewicht. Das sind alles chronische Stoffwechselkrankheiten.«
»Was wäre also zu tun? Müsste die Regierung der Nahrungsindustrie strengere Regeln auferlegen?«
Lustig: »Die Regierung ist auf der Seite der Nahrungsindustrie. Die Regierung will sich damit also nicht auseinandersetzen. Unglücklicherweise ist das ein Feld, auf dem unsere Gesetzgeber und die zuständigen Branchen eng verbunden sind. Das ist wie mit den Führungseliten in Bananenrepubliken. Die Wissenschaft sollte da die Politik antreiben.«
»Wobei viele Wissenschaftler allerdings der Industrie sehr nahestehen.«
Lustig: »Ich nicht.«
Robert Lustig ist der wichtigste Kritiker des Zuckers. Aber er ist nicht einzige. Einer der ersten, der auf die Verwandlungskünste des Zuckers im Körper und auf die komplexen Krankheitsfolgen hingewiesen hatte, war der englische Mediziner und Ernährungswissenschaftler John Yudkin, Professor am Queen Elisabeth College in London. In Büchern wie seinem Klassiker »Süß, aber gefährlich« (»Pure, White and Deadly«) aus dem Jahr 1972 hatte er den Zucker als Auslöser zahlreicher Krankheiten identifiziert.
Zucker ist für Yudkin ein Schadstoff von nahezu universeller Bedeutung. Zucker, sagte Yudkin, würde, wenn er ein Zulassungsverfahren durchlaufen müsste, nicht auf den Markt kommen. Mehr noch: »Wenn sich auch nur ein kleiner Teil dessen, was wir über die Auswirkungen von Zucker gesichert wissen, für irgendeinen anderen Nahrungsmittelzusatz stichhaltig nachweisen ließe, würde dieser Stoff mit Sicherheit verboten werden.«
Für seine Experimente hatte er Zucker und Stärke verfüttert an Nagetiere, Hühner, Schweine, Hasen und Collegestudenten. Er stieß dabei auf Zusammenhänge zwischen Zucker und ganz verschiedenen Krankheiten. Karies beispielsweise. Und Diabetes.
Er fand heraus, dass Zucker auch die Blutfettwerte des Körpers verändert, die sogenannten Triglyzeride, die als Risikofaktor für Herzkrankheiten gelten.
Eine sensationelle Erkenntnis. Es ist nicht das Fett, das die Fettwerte im Blut bei vielen Menschen verschlechtert. Es ist der Zucker, der im Übermaß vorhanden ist und im Körper in Fett verwandelt wird zu Zwecken der Vorratshaltung. Sogar die gefürchteten Cholesterinwerte – sie werden beeinflusst vom Zucker. Der Zucker ist es, der zur Verschlechterung der Cholesterinwerte führt.
So wäre es also sinnvoll, bei Angst vor schlechten Cholesterinwerten auf den Zucker
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