Garantiert gesundheitsgefährdend: Wie uns die Zucker-Mafia krank macht (German Edition)
medizinischen Herausforderung geworden: »Ich denke, das Diabetesproblem ist inzwischen größer als unser Aids-Problem«, zitiert die Zeit Agatha Nambuya, Diabetologin am Mulago-Hospital in Ugandas Hauptstadt Kampala.
»Alle sieben Sekunden stirbt auf der Welt ein Mensch an Diabetes«, sagt der Präsident der Internationalen Diabetes Föderation (IDF), der Medizinprofessor Jean Claude Mbanya von der Universität in Kameruns Hauptstadt Jaunde.
Auch in jenen Gegenden der Welt, in denen der Zucker vor Jahrhunderten zu Hause war, nie aber Schaden angerichtet hat, wird jetzt über die Folgen geklagt.
In der Südsee, der ursprünglichen Heimat des Zuckerrohrs, gibt es schon die höchsten Diabetesraten der Welt. Die größten Steigerungsraten erleben Indien und China. Im Jahr 2000 litten 171 Millionen Menschen weltweit an Diabetes, im Jahr 2030 werden es nach IDF-Prognosen bis zu 550 Millionen Menschen sein.
Die Vereinten Nationen in New York haben bereits ein Gipfeltreffen veranstaltet, auf dem demonstrativ der Kampf aufgenommen wurde gegen die neuen Epidemien, die in der internationalen Sprache der Experten als »nicht übertragbare Krankheiten« bezeichnet werden (»Non Communicable Diseases«, kurz NCD), Krankheiten wie Krebs, Diabetes, selbst Alzheimer.
Auch in Europa jagen sich die Konferenzen, die Europäische Union ruft die Experten aus der ganzen Welt zusammen, es gibt Arbeitsgruppen, etwa vom Europäischen Parlament (EUDWG), Millionenaufträge für Forscher und Konferenzen in Brüssel, etwa zum Thema »Diabesity«, wie die Kombination von Übergewicht und Diabetes schon genannt wird: »Eine weltweite Herausforderung«. Experten aus der ganzen Welt diskutieren über die »Zeitbombe«, die zur globalen Bedrohung zu werden droht: Übergewicht und Diabetes.
Der Zuckerverkauf geht natürlich weiter. Schon an der nächsten U-Bahn-Haltestelle gibt es die berühmte belgische Schokolade. Auch die Zuckerförderung geht weiter. Seit Jahrzehnten wird der Stoff mit Milliardenbeträgen von den Staaten dieser Welt unterstützt. In 113 Staaten der Welt wird Zucker produziert. In der Europäischen Union werden auf rund 2,1 Millionen Hektar Zuckerrüben angebaut. »Das süße Gold« nennen sie es in der Branche. Die Zuckerrübe wird gepriesen als die »Königin der Feldfrüchte«. Europas Zuckerindustrie macht Milliardenumsätze, allein Branchenführer Südzucker kommt auf sieben Milliarden Euro.
Es ist ein sehr profitables Geschäft, den Zucker in die Welt zu pumpen: Coca-Cola, die Firma mit den größten Verdiensten um die Versüßung der Welt, macht 47 Milliarden Dollar Umsatz (36 Milliarden Euro), davon neun Milliarden Dollar (sieben Milliarden Euro) Gewinn. Der österreichische Süßdrink-Hersteller Red Bull macht auch schon vier Milliarden Euro Umsatz. Besitzer Dietrich Mateschitz ist der reichste Mann Österreichs, Signore Michele Ferrero der reichste Italiener. Sein Nutella-Milchschnitte-Konzern macht sechs Milliarden Euro Umsatz pro Jahr. Die berühmte Schweizer Schokoladenindustrie wirkt dagegen fast bescheiden mit ihrer Produktionskapazität von 180 000 Tonnen Schokolade und einem Umsatz von 1,7 Milliarden Schweizer Franken (1,4 Milliarden Euro).
Weltweit werden im Jahr unglaubliche 165 Millionen Tonnen Zucker konsumiert – was einer Güterwaggonkette entspricht, die zweimal um die Erde reicht. 30 Millionen Tonnen verbrauchen allein die Europäer.
Die Deutschen essen 36 Kilo Zucker im Jahr, die Österreicher 37 Kilo, die Schweizer sogar 59 Kilo, Brasilianer stolze 63 Kilo. Sechs Prozent der Deutschen essen jeden Tag Schokolade, weitere fünf Prozent täglich Schokoriegel. Macht 46 Kilo pro Jahr. Eine Million Tonnen Schokoladenprodukte werden im Jahr hergestellt, allein in Deutschland.
Und es geht nicht nur um diese Zuckerprodukte, um die berühmten Zuckerbomben wie die 0,33-Liter-Flasche Coca-Cola mit ihren 36 Gramm Zucker oder den 46,4 Gramm Zucker pro 0,4 Liter Müllermilch Schoko oder den 24 Gramm im 0,3 Liter McDonald’s Milchshake Vanille. Oder Nutella mit ihren 55,9 Gramm pro 100 Gramm.
Es geht auch um die völlig überraschenden Verstecke für Zucker, die für den größten Teil des Zuckerverzehrs verantwortlich sind. Wer morgens zum Beispiel den Tag beginnt mit »Sechs Buttermilch-Brötchen« Marke Knack&Back verzehrt schon Zucker, bevor die Marmelade drauf ist, ebenso bei den Rewe »Beste Wahl« Ciabatta Brötchen. Und selbst wer Schinken drauflegt, isst Zucker mit, zum
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