Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gargantua Und Pantagruel

Gargantua Und Pantagruel

Titel: Gargantua Und Pantagruel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francois Rabelais
Vom Netzwerk:
denn dies Füllhorn voll dieser guten Leckerbißlein?« – »Ei, aus der ganzen andern Welt«, antwortete Ädituus, »mit Ausnahme etlicher nordischer Gaue, [Fußnote: Die reformierten Länder.] die seit einiger Zeit leider den römischen Sumpf beunruhigen!« – »Hopp hopp«, rief Bruder Jahn, »hum hum! Die werden Euch auch noch heulen drum.« – »Trinkt, liebe Freunde! Allein woher des Landes seid ihr?« frug Ädituus. – »Aus der Touraine«, versetzte Panurg. – »Nun meiner Treu, da stammt ihr wahrlich aus keinem schlechten Atzelnest«, sprach der Ädituus, »wenn ihr aus der gesegneten Touraine seid. Denn aus Touraine ziehn wir alljährlich die schwere Menge so guter Dinge. Eines Tages haben uns Leute von dort versichert, der Herzog von Touraine hätte nicht mehr Einkünfte genug, sich satt an Speck zu essen, wegen der unmäßigen Spenden und Gaben, die seine Vorfahren weiland an diese hochgelobten Vögel entrichtet hätten, nur daß sie sich an Fasanen, Rebhühnlein, Putern, feisten Kapaunen und an allen Arten Wild und Wildbrets erlaben könnten.
    Und besorgt nur nicht, daß Wein und Speise hier ausgehn; denn wenngleich der Himmel ehern wär und die Erde von Eisen, uns gebräch's doch nicht an Futter, und wenn's sieben, wenn's acht Jahr währte, noch länger als die Hungersnot in Ägypten. Auf! laßt uns trinken, laßt uns schlückern in guter Lieb' und Einigkeit.«

Sechstes Kapitel
Wie Panurg dem Ädituus die Fabel vom Roß und dem Esel erzählt'
    Nachdem wir gut getrunken und gut gefuttert hatten, führte uns der Ädituus in ein gut möbliertes, gut tapeziertes, um und um vergoldetes Zimmer, setzte uns Süßigkeiten und edeln Firnewein vor und ermahnte uns, alle zur See bestandenen Mühen in Vergessenheit und in Wind zu schlagen. Auch auf unsre Schiffe im Hafen ließ er Zehrung im Überfluß bringen. So ruhten wir selbige Nacht; aber schlafen konnt' ich nicht, wegen des ewigen Glockengebimmels.
    Um Mitternacht weckte uns Ädituus zum Trinken auf, trank selbst voran.
    Mit grauendem Morgen weckte er uns wieder zur Frühsuppe, und von da ab war alles nur eine Mahlzeit, und die währte den ganzen Tag; wir wußten nicht, ob's Imbiß, Vesper-, Nachtbrot oder Schlaftrunk war. Erholungshalber spazierten wir bloß dann und wann ein wenig auf dem Eiland umher, um diese glücklichen Vögel zu sehn und ihren muntern Sang zu hören.
    Abends sprach Panurg zum Herrn Ädituus: »Wenn's Euer Edeln nichts verschlägt, möcht' ich Euch ein artiges Histörchen erzählen, das vor dreiundzwanzig Monaten passiert ist.
    Der Reitknecht eines Edelmanns ritt eines Morgens im Monat April seine großen Pferde aufs Feld. Dort fand er eine junge muntere Schäferin, ›die ihre Lämmlein weidete in einem grünen Busch‹, nebst einem Esel und etlichen Geißen. Er diskurrierte mit ihr und, wie dann ein Wort das andere gibt, beschwatzte sie, mit hintenauf zu steigen und einen Ritt in seinen Stall zu machen; dort wollten sie mal auch ein wenig sich auf bäurisch was zugute tun. Derweil sie nun so saßen und zusammen plauderten, machte sich das Pferd sacht an den Esel und raunte ihm ins Ohr: ›O du arm elendes Grauchen dauerst mich; ich hab' Mitleid mit dir, du arbeitst täglich schwer, das seh ich an deinem abgeriebenen Schwanzriemen; das ist recht brav von dir, da Gott dich zum Dienst der Menschen erschaffen hat. Aber dennoch, daß du nicht besser geputzt, gestriegelt und gefuttert bist, dies scheint mir ein wenig tyrannisch und unbillig. Du bist ganz struppig, ganz klapperdürr und lendenlahm und hast hier weiter nix zu fressen als Binsen, Dornen und harte Disteln. Darum, mein Grauchen, rat' ich dir: Komm deinen stillen Schritt mit mir und sieh, wie man uns andre, die die Natur zum Krieg erschuf, traktiert und futtert. Es soll auch dein Schade nicht sein, du sollst meinen Tisch einmal probieren.‹ – ›Wahrlich, mein Herr Pferd‹, antwortete der Esel, ›da geh ich ganz gern mit Euch.‹ – ›Es ziemt dir, Grauchen‹, sprach das Roß, ›wohl: mein Herr Roß! zu mir zu sagen.‹ – ›Ach verzeiht mir, mein Herr Roß‹, versetzte der Esel, ›wir armen Dörfler und einfältigen Bauersleut drücken uns freilich allzuleicht in unsrer groben Tölpelsprache aus. Nun dann, ich bin Euch gern zu Dienst und will Euch ganz von weitem folgen, weil Ihr mir doch so hohe Ehr und Gunst einmal erzeigen wollt.‹
    Sobald die Schäferin aufgestiegen war, kam er dem Pferd nach, fest gewillt, an Ort und Stelle brav einzuhaun. Kaum sah ihn

Weitere Kostenlose Bücher