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Gargantua Und Pantagruel

Gargantua Und Pantagruel

Titel: Gargantua Und Pantagruel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francois Rabelais
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Glockeninsel ankerten, mit unsrer Schaluppe an einem kleinen Felsen zu landen, bei welchem wir eine Klausnerhütte und ein Gärtlein sahen.
    Dort fanden wir ein liebes, frommes Klausnerlein namens Hosian; das erklärte uns dies Läuten ausführlich und traktierte uns auf eine ganz besondre Art; denn er ließ uns in einem Strich vier Tage lang fasten; weil wir sonst, behauptete er, nicht auf die Glockeninsel gelassen würden, wo eben das vierstündige Quatemberfasten sei. »Dies Rätsel«, sprach Panurg, »ist mir zu spitz; das vierwindige möcht' ich's eher heißen; denn wenn wir fasten, werden wir doch nur mit Wind genudelt. Ei was! habt Ihr denn gar keinen bessern Spaß hier als Fasten? Mir scheint das ein ziemlich magrer Scherz; so viele maulfaulen Feiertage entbehrten wir gern.
    Ich fast' schon fast so lang, daß mir vom Fasten das Fleisch ganz unterminiert ist, und ich fürcht' sehr, die Bastionen meines Leichnams werden endlich zu Falle kommen. Auch hab' ich noch eine andre Furcht: mein Fasten wird Euch nur verdrießen, weil ich mich nicht darauf versteh; es kleidet mich sehr übel, wie mir alle Leute versichern, und ich glaub's. Ich für mein Teil sag': Fasten kümmert mich hundswenig, denn es ist nichts leichter und wohlfeiler, aber: in Gottes Namen! Fastiamus, weil einmal Hungerferien sind.«
    »Wenn's halt«, sprach Pantagruel, »gefastet sein muß, so gibt's keinen Rat, als daß wir's wie einen bösen Weg ausbaden.«
    Unser Fasten war schauderhaft und schreckbar; denn den ersten Tag fasteten wir auf Hieb und Stoß, den zweiten auf Klinge und Spieß, den dritten auf Stumpf und Stiel, den vierten auf Mord und Totschlag.

Zweites Kapitel
Von den Bewohnern der Glockeninsel, die in Vögel verwandelt worden waren
    Nach überstandnen Fasten gab uns der Klausner einen Brief an einen, den er Albian Kamar hieß, Ädituus [Fußnote: Tempelhüter.] und Sakristan des Läut-Eilands; Panurg nannte ihn zum Gruß Herrn Eseldumm. Es war ein altes kleines, gutes, glatzköpfiges Männchen mit leuchtendem Zinken und kupfernem Karfunkelantlitz. Er empfing uns auf des Klausners Fürsprache sehr freundlich, als er sah, daß wir die Fasten gehalten hatten, und erzählte uns nach genommenem Imbiß von des Eilands Merkwürdigkeiten, dessen Bewohner, wie er versicherte, in Vögel verwandelt worden seien.
    Die Vögel waren groß, schön, höflich, glatt, manierlich, zierlich und sah'n fast aus wie unsre Leute zu Haus: sie aßen und tranken wie Menschen, verdauten, bliesen, schliefen und rammelten wie Menschen; kurz, auf den ersten Blick hätt' man gedacht, es wären Menschen; aber ihr Gefieder gab uns stark zu raten auf; denn etliche waren schlohweiß, andre rabenschwarz, noch andre aschgrau, wieder andre halb weiß, halb schwarz; andre hochrot, andre blau und weiß gestreift; es war eine Lust, sie anzuschaun. Die Männlein nannte er Pfäffling, Mönchling, Priesterling, Äbtling, Bischling, Kardinling und den Papling, welcher einzig in seiner Art ist. Die Weiblein nannt' er Pfäffinen, Mönchinen, Priestinen, Äbtinen, Bischinen, Kardinen, Papinen. Gleichwohl, belehrte er uns, wie unter den Bienen die Drohnen, die alles nur verderben und fressen, so gäb es auch seit dreihundert Jahren unter diesem muntren Vogelvölklein immer alle fünf Monat einen ganzen Schwarm Duckmäuser, die dies Eiland rundum versauen und verschänden, ein so unförmliches, scheußliches Volk, daß alles vor ihnen davonlief; denn ach! Sie hätten eitel krumme Hälse, Harpyienbäuche, rauhe Esautatzen und Krallen und Stymphaliden-Hintern; sie auszurotten, sei nicht möglich; für einen, den man totschlage, kämen gleich fünfundzwanzig andre nach. –

Drittes Kapitel
Warum auf der Glockeninsel nicht mehr als ein Papling ist
    Nun frugen wir den Ädituus, warum, bei solcher Fruchtbarkeit dieser würdigen Vögel in all ihren Arten, doch nicht mehr als ein Papling da wär? Er antwortete uns: es sei vom Anbeginn Ordnung und Bestimmung, daß aus den Pfäfflingen Mönchlinge und Priesterlinge ohne fleischliche Gemeinschaft sich erzeugten. Aus den Priesterlingen erwüchsen die Bischlinge, aus den Bischlingen die schönen Kardinlinge, und die Kardinlinge endigten zuletzt im Papling; und von dem gibt's in der Regel nicht mehr als einen, wie in den Bienenstöcken auch nur eine Königin und am Himmel nur eine Sonne ist. Wenn der stirbt, so wächst aus der gesamten Rasse der Kardinlinge ein andrer in seine Stelle; doch wohl zu merken! Allezeit ohne fleischliche

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