Gargantua Und Pantagruel
Dummtrotz dieses Krieges erster Zunder und Samen gewesen; zweitens auch seine Gesellen, die Weckenbäcker, welche sich säumig finden lassen, ihm auf der Stell sein töricht Gehirn zurecht zu rucken. Drittens endlich alle Rät, Hauptleut, Beamten und Dienerschaft des Pikrocholus, die ihn etwa zu solchem uns beschwerlichen Ausfall angereizt, darin bestärkt oder zugeraten.«
Vierundvierzigstes Kapitel
Wie die siegreichen Gargantuisten nach der Schlacht belohnet wurden
Nach Beendigung dieser Red wurden dem Gargantua die von ihm begehrten Unruhstifter ausgeliefert, bis auf Bravo, Dünnschiß und Kleinitz, welche sechs Stunden vor Anfang des Treffens entflohen waren, ohne Umsehn noch Atemholen unterwegs, und zwei Bäcker, die in der Schlacht geblieben waren. Gargantua tat ihnen weiter kein Leides, als daß er sie in seiner neu errichteten Buchdruckerei an die Pressen stellt' zur Bedienung. Gab drauf den Toten ein ehrlich Begräbnis, und die Verwundeten ließ er heilen und pflegen. Demnächst gedacht' er, was der Stadt und den Bürgern etwa zu Leid geschehen wär, und ließ ihnen allen ihren Schaden auf ihre eidlich erhärtete Aussag vergütigen. Baut' auch ein festes Schloß daselbst mit guten Wachen wohl bemannet, damit es künftig auf plötzliche Überläuf besser gedeckt wär.
Beim Abschied dankt' er huldreich allen Söldnern seiner Legionen, die mit im Treffen gewesen waren, und schickt' sie in ihre Winterquartier und Garnisonen, ausgenommen etliche, die er im Streit sich tapfer hatt' hervortun sehen, und die Hauptleut der Fähnlein, die er mit sich zum Grandgoschier nahm.
Unmöglich zu beschreiben wäre, wie hoch erfreut der Biedermann war, als er sie kommen sah. Er gab ihnen alsobald den köstlichsten, reichsten, auserlesensten, herrlichsten Schmaus, den man seit König Asveri Zeiten ersehen hat. Zum Schluß der Tafel verteilt' er ihnen Mann für Mann sein ganzes Kredenzgeschirr, das 1 800 014 Bisantinen Goldes wog, an großen, antikischen Gefäßen, Häfen, Becken, Schalen, Kelchen, Kandelabern, Körben, Schifflein, Blumentöpfen, Zuckertellern und anderm mehr dergleichen Geschirr von lauter massivem Gold; den Schmelz, die Edelstein und Arbeit daran nicht mitgerechnet, die den Goldwert nach aller Schätzung überstiegen. Weiter ließ er ihnen bar aus seiner Schatulle einem jeden zahlen 1 000 000 Taler. Auch noch überdem beschenkt' er jeden auf ewige Zeiten (außer im Fall sie ohn Erben stürben) mit einem seiner Schlösser und Lehen der Nachbarschaft.
FünfundvierzigstesKapitel
Wie Gargantua für den Mönch die Abtei Thelem [Fußnote: Das Wort bedeutet im Griechischen ›Wille‹; in Bruder Jahn sehen die Kommentatoren den Kardinal du Bellay, den großen Gönner Rabelais', in Thélème dessen Abtei in St. Maur, nahe bei Paris.] erbauen ließ
Blieb jetzt allein der Mönch noch zu bedenken übrig, den Gargantua zum Abt von Seuillé machen wollt': aber er schlug es aus. Dann wollt' er ihm die Abtei zu Bourquel schenken, oder auch die zu Sainct Florent, welche ihm selbst die liebste wär, oder auch beide, wenn er sie gern hätt': aber der Mönch gestand ihm frei, daß er von Mönchen weder Vogt noch Vormund sein möcht'. »Denn«, sprach er, »wie sollt' ich andre regieren, der ich mich selbst nit regieren kann? Wenn es Euch aber bedeucht, als hätt' ich Euch angenehme Dienste geleistet, oder möcht' sie in Zukunft noch leisten, so vergönnet mir eine Abtei nach meinem eigenen Sinn zu stiften.« Die Bitt gefiel dem Gargantua, und er bot ihm sein ganzes Land Thelem, am Loirefluß gelegen, dazu an. Da bat er den Gargantua, daß sein Orden das Gegenteil aller andern sein dürft'. – »So muß man«, sprach Gargantua, »erstlich schon keine Mauern darum ziehen; denn alle andern Abteien sind erschrecklich vermauert.« – »Freilich«, sprach der Mönch, »und von Rechts wegen. Wo Mauern sind, da ist hinten und vorn nur Murren und Knurren, Trauern, Versauern, Neid, einer lebt dem andern zu Leid.« – »Ferner«, sprach Gargantua, »weil es in etlichen Klöstern dieser Welt Brauch ist, daß, wenn ein Weibsbild (ich mein ein frommes und sittsames) hineinkommt, man den Platz säubert, da sie hingetreten ist, so wird geordnet, daß, wenn von ungefähr etwa ein Mönch oder ein Nönnlein dorthin käm, man hinwieder ihnen säuberlichst alle Schritt und Tritt nachfegen soll. Und weil in den Stiftern dieser Welt alles nach Stunden eingeteilt, verschränkt und klausulieret ist, so wird beschlossen, daß da weder Uhr
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