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Gargantua Und Pantagruel

Gargantua Und Pantagruel

Titel: Gargantua Und Pantagruel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francois Rabelais
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findet, nur frischer Liebreiz und Sporen; wie wir den Messerschmied zum Beispiel oft seinen Wetzstein hämmern sehn, damit er das Eisen besser schärfe. Derhalb lege ich mir die drei Lose zu allerschönsten Gunsten aus; wo nicht, so appellier' ich dawider.« – »Was appellieren!« sprach Pantagruel. »Das gilt nicht wider Schicksals Ausspruch und was durch Los entschieden ist!«

Siebtes Kapitel
Wie Pantagruel Panurgen rät, seines Ehestands Wohl oder Wehe in Träumen zu erkunden
    »Doch weil wir in der Auslegung der Lose nicht einig sind, wohlan, so lasset uns nunmehr einen andern Weg der Weissagung versuchen.« – »Und welchen?« frug Panurg. – »Einen guten, alten, authentischen«, sprach Pantagruel; »nämlich durch Träume. Denn wenn die Seele nach den Regeln träumt, sieht sie die Zukunft oft voraus. Ich brauch's Euch nicht lang zu beweisen; Ihr sehet's an dem Hausgleichnis der Kinder. Wenn man sie wohl gesäubert, gefüttert und gesäugt hat, und sie nun fest schlafen, dann gehn die Ammen ihrer Kurzweil nach, und es ist ihnen so lang zu tun vergönnt, was ihnen gut dünkt, denn sie haben jetzt bei der Wiege nichts mehr zu schaffen. So ist's auch mit unsrer Seele, wann der Leib schläft, wann die Verdauung durchgehends beendigt und nichts weiter bis zum Erwachen nötig ist, erholt sie sich und sucht den Himmel, ihr Vaterland. Dort wird sie ihres ersten göttlichen Ursprungs wieder im reichen Maß teilhaftig und merkt nicht die vergangenen Dinge allein in ihrem tieferen Wandel, sondern auch die künftigen.
    Denn der Mensch empfängt die Gotteskraft der Weissagung nur, wenn in ihm das göttlichste Teil von seinem Selbst still, friedsam, ruhig, von fremder Lust und Trieben ganz unzerstreut und ungetrübt ist.« – »Ich will es«, sprach Panurg. »Muß man zu Nacht viel oder wenig speisen? Ich frag's Euch nicht ohn guten Grund. Denn wenn ich nicht gut und reichlich zu Nacht eß, so nützt mein Schlaf nix, und ich fasl nur des Nachts und träum' so leeres Zeug, als zu der Zeit mein Magen ist.« – »Nicht essen«, sprach Pantagruel, »wär wohl das beste, zumal Ihr doch ganz gut genährt und gewöhnt seid. Die Mittelstraß ist aber in allen Dingen löblich und ehrenwert; die schlagt ein; drum esset zu Nacht nicht Bohnen, Hasen oder anderes Fleisch; nicht Backfisch, nicht Kohl oder andre Speisen, die Eure Lebensgeister trüben oder verdunkeln können. Sondern gute Bergamottenbirnen, dazu einen Kurzstielapfel, ein paar Pflaumen, etliche Kirschen aus meinem Garten, und trinkt gutes reines Wasser aus meinem Brunnen.« – »Dies Faktum«, sprach Panurg, »dünkt mir ein wenig hart. Doch schlag' ich ein: ein Wort, ein Mann. Ich verlange nur den Imbiß morgen früh möglichst zeitig auf diese Traumwassersuppe hin.«

Achtes Kapitel
Panurgens Traum und Deutung desselben
    Um die siebente Stunde des andern Morgens erschien Panurg vor Pantagruel; im Zimmer waren noch gegenwärtig Epistemon, Bruder Jahn von Klopffleisch, Ponokrates, Eudämon, Karpalim nebst andern mehr. Zu denen sagt' Pantagruel, als er Panurgen kommen sah: »Sehet, da kommt unser Träumer!« – »Jawohl«, sprach Panurg, »ich hab' geträumt, trotz den Siebenschläfern! Zeugs die Menge, ich weiß aber nicht, was es heißen soll. Ausgenommen, daß ich im Traum ein jung, schmuck, bildschön Weib besaß, die mich aufs zärtlichste pflegte und hielt wie ihren Liebsten; nimmermehr ist's einem so kreuzwohl ergangen. Die hätschelt', tätschelt', zwickt' und zwackt' mich, herzt' mich und küßt' mich, und macht' mir zum Spaß zwei artige Hörnlein an die Stirn. Da riet ich ihr scherzweis, sie sollt' mir's doch lieber unter die Augen setzen, damit ich sehn könnt', wohin ich zustieß. Aber die Schelmin drückte sie trotz meiner Warnung nur noch fester in die Stirn, was wunderbarerweise gar nicht weh tat. Nicht lang darauf schien mir, als wär ich, weiß selbst nicht wie, eine Pauke worden, und sie eine Eule. Da ging mein Schlaf zu End, und ich fuhr mit einem Satz ganz mürrisch, fuchswild und verdutzt in die Höh. Jetzt hab ich euch mein ganzes Traumhorn ausgeschüttelt: da labt euch dran und legt's euch aus, wir ihr's versteht. Und jetzt, marsch fort zum Imbiß, Karpalim, Herr Kammerherr!«
    »Ich seh wohl«, sprach Pantagruel, »wenn ich mich irgend auf Traumschau und Bedeutung versteh, daß Euer Weib Euch nicht wirkliche Hörner, die man mit Händen greifen kann, aufsetzen wird, wie sie die Satyrn tragen; aber sie wird Euch die ehliche Treu und Pflicht

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