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Gargantua Und Pantagruel

Gargantua Und Pantagruel

Titel: Gargantua Und Pantagruel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francois Rabelais
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ich bin dir recht von dem Grund der Leber gut.«
    Sie machten sich alsobald auf den Weg und kamen zur Poetenklause, wo sie den guten alten Mann im Sterben mit fröhlicher Gebärde, offenem Antlitz und leuchtenden Augen liegen fanden.
    Panurg begrüßt' ihn und steckt' ihm dabei zum Präsent an den Zeigefinger der linken Hand ein gülden Reiflein, mit einem schönen, großen, orientalischen Saphir verziert. Hierauf verehrte er ihm, nach dem Beispiel des Sokrates, einen schönen weißen Hahnen, der, sobald man ihn auf sein Bett setzte, voll Freudigkeit das Haupt erhob, die Federn schüttelte und sofort mit lauter Stimm zu krähen begann. Worauf Panurg ihn höflich bat, ihm über seine Heiratszweifel sein Urteil und Ermessen zu sagen.
    Der gute Alte befahl, daß man ihm Tinte, Feder und Papier brächt', was alles geschwind verabreicht ward. Dann schrieb er:
Nimm sie oder nimm sie nicht!
Nimmst du sie, so bist du schlau;

Nimmst du sie dir nicht zur Frau,
Dann bist du erst recht ein Licht.
     
Galoppier, doch fein im Schritt,
Rückwärts sollst du vorwärts gehen,
Nimm sie – oder laß sie stehen,
Fastend eß für zwei gleich mit.
     
Wo man baut, da reiß was ein,
Wo man einreißt, bau mir fein,
Wünsch ihr Leben und Vergehen,
Nimm sie – oder laß sie stehen!
     
    Diesen Vers gab er ihnen in die Hand und sprach: »Geht, Kindlein, Gott der Allmächtige geleit' euch, und plagt mich fürder nicht hiemit, noch sonst mit irgend etwas. Ich hab' heut, als am letzten Tag des Mai und meines Lebens, hie aus meinem Haus mit viel Not und Müh einen Schwarm abscheulicher, säuischer, pestilenzialischer Tiere vertrieben, schwarz, scheckig, rotfahl, weiß, grau, sprenklig, die mich nicht wollten sanft sterben lassen und mich mit ihren tückischen Stichen, ihrem Hornißungestüm und Harpyienkniffen, Gott weiß im Rüsthaus welcher untilgbaren Freßgier geschmiedet, aus meinen süßen Gedanken störten, darin ich verharrend das Glück und Heil, so der gütige Gott seinen auserwählten Getreuen im andern Leben und in der ewigen Herrlichkeit aufspart, schon sah, schaut', schmeckt' und mit Händen griff. Flieht ihre Wege, gleicht ihnen nicht, quält mich nicht weiter und lasset mich in Frieden. Darum fleh ich euch an.«

Fünfzehntes Kapitel
Wie sich Panurg der Bettelmönche annimmt
    Als Panurg aus Murrnebrods Kammer herauskam, schrie er, ganz blaß vor Entsetzen: »Hilf, heiliger Gott! Ich glaub', er ist gewiß ein Ketzer, oder ich will des Teufels sein. Schimpft auf die guten Bettelväter, die Franziskaner und Jakobiner, welche doch die beiden Hemisphären der Christenheit sind, die die heilige römische Kirche, wenn Ketzergefahr droht, immer wieder ins Gleichgewicht bringen. O alle Teufel! Was taten ihm die armen Teufel Kapuziner und Franziskaner? Sind sie nicht so schon elend genug dran, die armen Teufel? Nicht etwa schon in Jammer und Elend sattsam verräuchert und eingeschmaucht, die armen Wichte und Hungerleider? Auf deine Ehr, sprich, Bruder Jahn! Kann er im Stand der Gnaden sein? Er fährt, bei Gott! kopfüber zur Höll wie ein Teuflein, in dreißigtausend Säck voll Teufel. Auf diese guten und wackern Pfeiler der Kirche zu schimpfen! Heißt ihr dies etwa poetische Wut? Ich kann mich damit nicht zufriedengeben; er sündigt abscheulich, er blasphemiert die Religion, ich nehm' schwere Ärgernis daran.« – »Da scher' ich mich«, sprach Bruder Jahn »keinen Knopf drum. Sie schimpfen auf alle Welt, wenn alle Welt sie wieder schimpft, was ficht's mich an? Weist her, was schreibt er?« – Panurg las mit Bedacht die Schrift des guten Alten, dann sprach er zu ihnen: »Potz Bock! Wie schlau er seine Worte wägt, daß er ja fein bestehen kann; denn wenn da auch nur die eine Hälfte wahr wird, hat er immer noch wahr genug gesprochen. Doch welch ein Teufel plagt diesen Meister Murrnebrod, daß er so unnütz ohne allen Grund auf unsre armen frommen Väter Jakobiner und Franziskaner schimpft? Ich nehm' großes Ärgernis daran, auf Ehr! und kann dazu nicht schweigen. Er hat zu grausam schwer gesündigt.« – »Ich kann Euch nicht begreifen«, sprach Epistemon. »Ihr selber ärgert mich schwer, weil Ihr verkehrterweise vom Orden der Bettelbrüder verstehen wollt, was der gute Poet von schwarzen, fahlen und andern Tieren sprach. Dergleichen Anspielungen meint er, soviel ich weiß, gar nicht damit, sondern er sprach einfach von den Flöhen, Wanzen, Mucken, Schnaken, Läusen und anderm solchen Ungeziefer, teils schwarz, teils fahl, teils

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