Gargantua Und Pantagruel
grau, gelb-lohbraun, welche nicht nur der Kranken, sondern auch der starken und gesunden Leute Hauskreuz, Tyrannen und Pfähle im Fleisch sind. Ihr tut nicht wohl daran, sein Wort anders auszulegen, und versündigt Euch nicht nur verleumderisch an dem guten Poeten, sondern auch eben gegen diese Mönche, indem Ihr ihnen solches Gift zur Last legt. Immer soll man an seinem Nächsten alles fein zum Besten kehren.« – »Lehrt Ihr mich nur«, antwort' Panurg, »die Mucken in der Milch erkennen. Er ist, so wahr mir Gott helf, ein Ketzer, und das ein ausgemachter, zum Feuer reif wie ein hölzerner Uhrenkasten. Seine Seele fährt in dreißigtausend Säcke voll Teufel; und wißt Ihr wohin? Potz Puff! Mein Freund, grad unter den Nachtstuhl Proserpinas, recht in den höllischen Zuber, darin sie die Grundsuppe ihrer Klistiere absetzt.
Lasset uns«, fuhr Panurg fort, »wieder hin zu ihm, ihn an sein ewiges Heil ermahnen. Ja, kommt in Gottes Namen, kommt um Gottes willen! Wir tun daran ein christlich Werk; zum wenigsten, wenn er auch Leib und Leben müßt' lassen, wollen wir doch seine Seele retten. Wir werden ihn zur Zerknirschung seiner Sünden bringen, daß er die frommen Väter, ab- und anwesende, um Verzeihung bittet; das nehmen wir gleich zu Protokoll, damit sie ihn nicht nach seinem Tod in Bann tun und zum Ketzer sprechen. Auch soll er zur Sühnung des Frevels in allen Klöstern dieses Gaues den guten Vätern brav Spenden, Messen und Seelämter auf seinen Sterbetag stiften und ein fünffaches Mittagessen für immer und ewig, und große Humpen voll besten Weins für alle vom Bruder Gärtner und Laien bis zum Priester und Chorherrn. So mag ihm Gott noch gnädig sein.
Ho, ho, ich irr', ich schwatz' ins Blaue! der Teufel hol mich, wenn ich hingeh. Gotts Wetter, die Stube ist schon voll Teufel: ich hör' sie schon, wie sie sich zausen und teuflisch prügeln, wer die Großmurrnebrodische Seel erschnappen, wer sie zuerst dem Teufel seiner Großmutter zuspedieren soll. Hebt euch weg, ich geh nicht hin, der Teufel hol mich, wenn ich hingeh. Die machten wohl gar ein X für'n U und erwischten statt Murrnebrods den armen Panurg, jetzt, wo er schuldenfrei ist! Sie gingen ihm so schon hart ans Fell, als er noch im Pfeffer saß und in Schulden bis über die Ohren. Hebet euch weg, ich geh nicht hin. Bei Gott, ich sterb' vor höllischer Hundsangst. Wenn er verdammt wird, mag er's haben. Was schimpft er auf die lieben Patres? Warum verjagt er sie aus der Stube, just jetzt, wo ihm ihr Beistand, ihr frommes Gebet, ihr heiliger Zuspruch am meisten not tät? Warum vermacht er zu Testament ihnen nicht mindestens ein paar Knöchlein, ein Magenpflaster, den armen Leuten, die nichts in der Welt als ihr Leben haben? Geh hin, wer mag, der Teufel hol mich, wenn ich hingeh. Wenn ich hinging, holte mich der Teufel sicherlich. Pest! hebt euch weg!«
Sechzehntes Kapitel
Wie Panurg vom Epistemon Rat nimmt
So verließen sie zusammen den Wohnort des Poeten und zogen heim zum Pantagruel. Auf dem Rückweg wandte sich Panurg an Epistemon und sprach zu ihm: »Mein Gevatter und alter Freund, Ihr seht die Verwirrung meiner Seele, Ihr wißt so viele gute Mittel – könnt Ihr mich nicht beraten?« – Da nahm Epistemon das Wort und warnte Panurg, weil alle Welt ihr Gespött mit seiner Verkleidung hätte, und riet ihm dabei, doch etwas Nieswurz zu nehmen, der ihm die böse Stimmung vertreiben werde, und seine gewöhnliche Kleidung wiederum anzulegen. – »Gevatter Epistemon«, versetzte Panurg, »mein Sinn steht nun einmal aufs Freien, aber ich fürcht' mich vor Hörnern und Hauskreuz in meinem Ehstand. Darum hab' ich meinen Heiligen das Gelübde getan, so lang die Brille an meiner Mütze und meine Hose ohne Latz zu tragen, bis mir in dieser meiner Seelenangst ein klarer Bescheid zuteil werden würde.«
»Fürwahr«, antwortete Epistemon, »ein feines Gelübde, ein possierliches Gelübde!«
»Redet nur«, sprach Panurg, »Ihr foppt mir damit mein härenes Kleid doch nicht vom Leib. Ich laß die Stummen brummen und tu nach meinem Gelübde. Es ist nun schon so lang, daß wir einander Treu und Freundschaft zugeschworen haben; drum gib mir deinen Rat, sag an: soll ich heiraten oder nicht?« – »Fürwahr«, antwortete Epistemon, »der Fall ist kitzlich; Euch hier zu beraten, bin ich lang noch nicht klug genug. Wohl hab' ich allerhand Gedanken, wie wir uns über Eure Zweifel Rats erholen könnten; aber sie scheinen mir doch nicht klar genug; etliche Platoniker
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