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Gargantua Und Pantagruel

Gargantua Und Pantagruel

Titel: Gargantua Und Pantagruel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francois Rabelais
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lehren, daß, wer seinen Genius sehen könnt', auch sein Schicksal erfahren könnte. Ich versteh nicht viel von ihrer Kunst, und rat' Euch nicht, darauf zu bauen. Es ist viel Dunst dabei. Dies war der erste Punkt.
    Zum zweiten: Wenn die alten griechischen Orakel noch florierten, würd' ich vielleicht (vielleicht auch nicht) Euch raten, daß Ihr sie befragt, was sie zu Eurem Handel meinten. Aber sie sind, wie Ihr wohl wißt, sämtlich so stumm wie die Fische geworden seit jenes Herrn und Heilands Ankunft, der allen Orakeln und Propheten ein End und Ziel gesetzet hat. Aber selbst wenn sie noch am Leben wären, würd' ich Euch doch schwerlich raten, ihren Sprüchen Glauben zu schenken; nur zu viel Leut sind schon damit betrogen worden.«
    »Ich weiß was Beßres«, sprach Panurg. »Nicht weit vom Hafen Sankt Malo sind die Ogygischen Inseln. Dahin laßt uns eine Fahrt tun, wenn wir zuvor mit unserm König gesprochen haben. Auf einer von den vieren, der am westlichsten gelegenen, sagt man (ich hab's aus guten alten Autoren), daß allerlei Wahrsager, Seher und Propheten wohnen sollen. Da soll Saturn in einem Berg von Gold an schönen goldenen Ketten gebunden liegen und mit Ambrosia und Götternektar genährt werden, welches ihm täglich im Überfluß vom Himmel gebracht wird durch ich weiß nicht was für eine Art von Vögeln; vielleicht sind es dieselben Raben, die in der Wüst den ersten Klausner ernährten. Und einem jeden, der sein Geschick erforschen will, soll er sein Los und was ihm bevorsteht klar offenbaren. Es könnt' uns doch viel Müh ersparen, wenn wir ihn in meinen Skrupeln ein wenig zu Rate zögen?« – »Der Betrug«, sprach Epistemon, »ist allzu grob; die Fabel allzu fabelhaft. Da geh ich nicht mit.«

Siebzehntes Kapitel
Wie sich Panurg beim Herrn Trippa berät
    »Hört an«, fuhr Epistemon fort, »was Ihr, wenn Ihr mir folgen wollt, noch tun könnt, eh wir wieder heim zu unserm König gehn. Hier unweit der Insel Bouchard wohnt Herr Trippa. Ihr wißt, daß er durch Astrologie, Geomantie, Chiromantie und andre Künste vom gleichen Schlag alle zukünftigen Dinge weissagt. Laßt uns von Eurer Sach mit ihm verhandeln.« – »Davon«, sprach Panurg, »weiß ich just nix, wohl aber weiß ich, daß ihm einmal, während er sich mit dem großen König von himmlischen und übernatürlichen Dingen besprach, die Hoflakaien auf der Treppe beim Hinterpförtlein nach Herzenslust sein Weib kartätschten, das traun nicht schlecht war. Und er, der alle ätherischen und irdischen Dinge ohn Brille erkannte und Vergangenheit und Gegenwart am Schnürlein hatte und alle Zukunft voraussagte, sah nur sein Weib nicht wackeln und hat's auch nimmermehr erfahren. Wohl! Laßt uns zu ihm, weil Ihr's wollt. Man kann nie zuviel lernen.« –
    So kamen sie des andern Tages zu dem Herrn Trippa ins Quartier. Panurg verehrte ihm einen Wolfspelz, ein großes, schön vergoldetes Bastardschwert mit samtener Scheide und fünfzig bare Goldtaler und setzte ihm seine Sache vertraulich auseinander. Alsbald zum ersten Willkomm schaute ihm Herr Trippa ins Gesicht und sprach: »Du hast die Metoposkopie und Physiognomie eines Hahnreis, und zwar eines famosen notorischen Hahnreis!« Drauf betrachtete er von allen Seiten Panurgens rechte Hand und sprach: »Der falsche Strich da über diesem Muskel hier, den hat eigentlich weiter gar kein Mensch in der Hand als ein Hahnrei.« – Dann machte er hurtig mit einem Griffel eine Anzahl verschiedener Punkte, addierte sie zusammen auf geomantische Art und sprach: »Die Wahrheit ist nicht so wahr, als es gewiß ist, daß du alsbald nach deiner Hochzeit zum Hahnrei werden wirst.« – Hierauf befrug er Panurg um das Horoskop seiner Geburt, und als er's erhalten hatte, stellte er darnach sein himmlisches Haus in allen Teilen, beschaute den Stand und die Aspekte, dann seufzte er schwer und sprach: »Ich sagt' dir's schon vorhin expreß, du würdest Hahnrei werden, da hilft kein Gott. Hier seh ich's nun aufs neu bestätigt und schwör dir's zu, daß du ein Hahnrei werden mußt. Zudem wirst du von deinem Weib geschlagen und von ihm bestohlen werden; denn ich seh im siebenten Haus die schlimmsten Aspekte und eine Schlägerei aller gehörnten Zeichen, Widder, Steinbock, Stier et cetera. Ach! dir wird's hart gehn, armer Mann!« –
    »Und dir werd ich die höllische Grippe anhusten, alter Narr, Geck, Unhold, der du bist!« versetzt' Panurg. »Wenn alle Hahnreis beisammen sind, mußt du ihnen die Fahne voraustragen.

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