Gargantua Und Pantagruel
köstlich, daß jeder darnach die Finger leckt'. Aber der Teufel dabei war nur, daß man sie unmöglich lang verwahren noch sparen konnt'; denn sie wären verfaulet, welches sich nicht gebühren wollt. Ward also beschlossen, mit Stumpf und Stiel sie aufzuessen. Hierzu luden sie alle Leut von Sainnais, Seuillé, Laroche-Clermaud, Vaugaudry, vergaßen auch nicht die von Couldray, Montpensier, von Gué de Vede und andere Nachbarn – alles gute Kunden, gute Zecher, wackere Kegelschieber. Der gute Mann Grandgoschier hatte daran sein herzlich Lust und Freud und ließ es ihnen mit Scheffeln messen, warnet' aber dabei sein Weib, daß sie davon das wenigste äße, weil sie nah auf ihrem Ziel ging und dies Gedärm just keine sehr ratsame Speis war. »Denn«, sprach er, »der muß große Lust zum Dreckkäun tragen, der diese Säck' ißt.« Dieser Ermahnungen doch ungeachtet, aß sie deren doch sechzehn Ohm, zwei Tonnen und sechs Eimer auf. O schöne fäkalische Materie, die ihr den Leib auftreiben sollt'!
Nach dem Mittagsimbiß zogen sie all kopfüber unter das Weidicht hinaus und tanzten da auf dem dichten Gras nach hellen Pfeiflein und süßen Schalmeien so fröhlich, daß es eine himmlische Lust war, sie dergestalt sich tummeln zu sehen.
Drittes Kapitel
Auf welch seltsame Art Gargantua geboren ward
Während sie noch dergestalt sich verlustierten, fing Gargamelle über Leibschmerz zu klagen an; daß Grandgoschier vom Gras aufstund, ihr liebreich zusprach in Meinung, es wären die Kindeswehen, und zu ihr sagt', es wär ihr dort zu frisch gewesen in dem Weidengebüsch und würd gewiß nicht lang mehr währen, so würd sie junge Beine kriegen; müßt also sich auch ein frisch Herze fassen zur frischen Ankunft ihres Püppleins, und wenn ihr der Schmerz auch ein wenig streng däucht', so würd er doch bald ein Ende nehmen, und die drauf folgende Freud ihr all dies Leid vertreiben, also daß sie gar nicht mehr dran denken würd. »Denn«, sprach er, »ich beweis' es euch: unser Heiland im Evangelium Johannis sechzehn, sagt er nicht: ›Ein Weib, wenn es gebärt, so hat sie Traurigkeit; wenn aber sie das Kindlein erst zur Welt geboren, gedenkt sie nicht mehr an die Angst‹?« – »Ei«, sprach sie, »daran sagt ihr recht, und diese evangelische Reden hör' ich weit lieber und tun mir besser, als wenn mir einer ein langes und breits das Leben der heiligen Margret vorsagt und mehr dergleichen Pfaffengewäsch.« – »O du Lamms-Courage!« sprach er, »schafft dies fort, so machen wir bald sein neues.« – »Ha!« sprach sie, »was doch ihr Mannsleut für gut reden habt. Nu, mit Gottes Hilfe will ich mich zwingen, weil's euch lieb ist. Aber ich wollt zu Gott, daß er euch abgehauen wär.« – »Wer? Was?« sprach Grandgoschier. – »Ha«, antwortete sie, »wie blöd ihr tut! Ihr versteht's ja wohl.« – »Mein Hahn?« sprach er, »Potz Zickelblut! Wenn euch dies ansteht, schafft doch gleich ein Messer her!« – »Ach«, sprach sie, »ach bei Leib nit! Gott verzeih mir's, ich meint's nit von Herzen! An meine Reden dürft ihr euch nicht kehren, weder wenig noch viel. Aber heut werd ich wohl mächtig zu schwitzen kriegen, so Gott mir nicht beisteht, und das alls um eures Hähnchens willen, damit's euch wohl wär.«
»Nur Herz gefaßt, nur Herz«, sprach er, »bekümmer dich des weitern nicht, und laß die vier Ochsen da vorn nur ziehen. Ich geh jetzt und trink' noch ein paar Schlückel, werd aber gar nicht weit sein; wo dich indeß ein Weh anstieß', bin ich auf einen Pfiff in die Hand flugs wieder bei dir.«
Bald fing sie zu ächzen, zu lamentieren, zu schreien an. Alsbald erschienen Hebammen haufenweis von allen Enden; die befühlten sie zuunterst und fanden ein Geschling von ziemlich argem Geschmacke, dachten, es wär das Kind: allein es war das Fundament, das ihr entging durch die Erweichung des graden Darmes (welchen ihr den Mastdarm nennt), weil sie zu viele Kutteln gegessen, wie wir zuvor berichtet haben.
Da gab ihr eine alte Vettel aus der Gevatterschaft, die für eine große Ärztin geachtet, ein entsetzliches Stopfmittel, welches ihr alle Karunkeln im Leib dermaßen zusammenschnürt' und räutelt', daß ihr sie mit genauer Not mit den Zähnen hättet erlockern mögen – was schauderhaft zu denken ist: zumal der Teufel doch in der Meß des heiligen Martin, als er das Getratsch der beiden Sibyllen aufschrieb, sein Pergament mit schönen Zähnen gar wohl zu prolongieren wußt.
Durch diesen Unfall öffneten sich
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