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Gargantua Und Pantagruel

Gargantua Und Pantagruel

Titel: Gargantua Und Pantagruel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francois Rabelais
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erlangen? Nichts weiter als ein wenig Mark: wenn schon in Wahrheit dieses Wenig weit köstlicher denn alles Viel der anderen Dinge ist, da denn das Mark eine Nahrung, die zur Vollkommenheit der Natur ist erwirket worden, wie Galenus spricht III. facult. nat. et XI. de usu partium .
    Nach dessen Fürbild nun ziemet euch Klugheit, daß ihr fein riechen, wittern und schätzen mögt diese edeln saftigen Schriften, die man zwar leichtlich pürschen mag, schwer aber treffen; daß ihr dann mittels fleißigen Lesens und steter Betrachtung den Knochen erbrecht und das substantialische Mark draus sauget, in gewisser Hoffnung, daß euch solch Lesen witzigen und erleuchten wird. Denn ihr sollt wohl einen anderen Schmack und tiefverborgenere Lehre drin finden, die euch höchst überschwengliche Sakramente und schaudervolle Mysterien offenbaren wird, sowohl unsre Religion als auch Welt- und Regentenstand und die Hauszucht betreffend.
    Glaubt ihr auch wohl, auf euern Eid, daß Homer, als er die Ilias und Odyssee schrieb, jemals an die Allegorien gedacht habe, die aus ihm auskalfatert Plutarch, Eustatius, Phornutes, Heraklit, Pontiquus und was aus ihnen Politian gestohlen hat? Wo ihr es glaubt, kommt ihr weder mit Händen noch Beinen zu meiner Meinung, die besagt, daß dem Homer dergleichen so wenig im Traum erschienen, als dem Ovid in seinen Metamorphosen die evangelischen Sakramente, wie sie ein Bruder Hungerleider und wahrer Mückensieber sich drin zu erweisen sich gemartert hat, ob er vielleicht mehr Narren wie er und, wie das Sprichwort sagt, Deckel auf seinen Topf fänd.
    So ihr es aber nicht glaubt, ei! was hindert euch, mit dieser muntern und neuen Chronik nicht eben auch also zu tun? Wiewohl ich, derweil ich's diktiert, so wenig dran gedacht hab' wie ihr, die ihr wohl so gut trinkt wie ich. Der ich mit Herstellung dieses sehr herrlichen Buches nicht mehr Zeit vertan noch verdorben hab', als die ich mir zu Einnahme meiner Leibesnahrung vorbestimmt hätt', nämlich während Essens und Trinkens. Auch ist dies just die rechte Stund, da man von so erhabenen Dingen und tiefen Wissenschaften schreiben soll.
    Wie sich gar wohl darauf verstanden Homer, der Spiegel aller Schriftgelehrten, und Ennius, der lateinischen Poeten Ziehvater; wie Horaz bezeuget: wenn auch ein Wirrkopf behaupten will, daß seine Verse mehr nach Wein denn nach Öl röchen.
    Dergleichen sagt nun ein Hanswurst auch von meinen Büchern. Aber ich acht ihn einen Quark. Weingeruch, o wie weit nützlicher, schützlicher, kützlicher, himmlisch holdseliger ist er doch als der des Öles! Und werd er mir's zu keinem geringern Ruhm anrechnen, daß man von mir sag, ich hab in Wein mehr aufgehn lassen denn in Öl, als Demosthenes tat, da man ihm nachsagt', er hätt' in Öl mehr vertan denn in Wein. Ich für mein Teil kann nur Ehr und Ruhm davon haben, so man mich für einen guten Schlucker und Kunden mitgelten und laufen läßt. Bin unter dem Namen gern gesehen bei allen guten Pantagruelsbrüdern. Dem Demosthenes hat's ohnehin ein Sauertopf längst vorgeruckt, daß seine Reden wie eines alten garstigen Ölhökers Lumpen röchen. Derhalb legt meine Wort und Werk zum allervollkommensten aus, habt Ehrfurcht vor dem käsförmigen Hirnbrei, der euch mit diesen schönen Schaumbläschen ätzet und, so viel an euch, bleibt mir fein allzeit guter Dinge.
    Nun, so erlabt euch dran, liebe Schätzlein: lest es fröhlich zu Leibestrost und Nierenfrommen. – Aber halt! Daß euch der Wolf ins Gesäß schlag! Wollt ihr mir gleich meinen Gottslohn zutrinken? Salu! Ich tu euch Bescheid!

Erstes Buch
Erstes Kapitel
Von des Gargantua Antiquität und Stammbaum
    Wollt' Gott, ein jeder wüßt' seinen Stammbaum vom Kasten Noah bis diese Stund! Ich halt dafür, es sind gar manche heutzutag Kaiser, Könige, Herzöge, Fürsten und Papst auf Erden, welche von einigen Ablaßhausierern und Ballenbindern das Leben haben. Und wiederum gar manche sind Spitalbrüder, elende Lumpen und Hungerleider, die vom Geschlecht und Blute großer Könige und Kaiser entsprossen sind, hinsichtlich der erstaunlichen Versetzung der Staaten und Königreiche:
Assyriens in Medien,
Mediens in Persien,
Persiens in Mazedonien,
Mazedoniens in Rom,
Roms in Griechenland,
Griechenlands in Frankreich.
     
    Und daß ich mich, der ich's euch sag', allein zu einem Exempel aufwerf', so glaub' ich gänzlich, daß ich etwa von einem reichen König oder Fürsten der Vorzeit herkomm'; denn ihr habt euer lebelang keinen Menschen gesehen,

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