Gargantua Und Pantagruel
hold wär? Ich bitt' dich zum schönsten, tu mir die einzige Lieb und glaub, daß ich ihn allzeit zu Befehl, allüberall auf Wort und Wink gelehrig, dienstbar, resolut, fix und alert hab'. Und wenn mein künftig Weib aufs Venusspiel verseßner wäre als Messalina, glaub du mir, mein Tröster ist noch rüstiger. Zwar weiß ich gar wohl, was Salomo, als gelehrter und kundiger Mann, sagt: Weibsbrunst ist an sich unersättlich. Aber auch mein Beschlag ist von gleichem Schrot und unermüdlich. Hast du je die Kutte des Mönchs von Castres gesehen? Sobald man sie wo in ein Haus brachte, sei's öffentlich oder heimlich, gerieten durch ihre erschreckliche Kraft flugs alle Wohn- und Mietleut drin, Vieh und Menschen, Mann und Weib, ja Ratzen und Katzen in Brunst und Rammel. Nun schwör' ich dir's, in meinem Latz hab' ich einmal noch weit abnormere Kraft verspürt. Als ich eines Tags zu Sainct Maixant in die Bude kam, da die Passion aufgeführt wird, sah ich, wie plötzlich durch die geheime Tugendkraft meines Latzes das ganze Volk, soviel darin war, Spieler und Zuschauer durcheinander, in so furchtbare Anfechtung kamen, daß weder Mensch noch Engel, Teufel noch Teufelsmutter einen anderen Gedanken hatten, als stracks zu rammeln. Der Einbläser ließ sein Buch im Stich; der, welcher den Sankt Michel agierte, schoß mit der Flugmaschine herunter; die Teufel fuhren aus der Hölle und holten all die armen Weiblein; selbst Luzifer riß seine Kette entzwei. Kurz – ich, als ich das Durcheinander sah, trollte mich sacht aus dem Tempel hinaus und mochte weiter gar nicht zuschaun, nach dem Beispiel Cato des Zensors, als er das Floralienfest um seinethalben gestört sah.«
Zwanzigstes Kapitel
Wie Bruder Jahn dem Panurg in seiner Hahnrei-Angst Trost einspricht
»Versteh schon«, antwortete Bruder Jahn, »allein die Zeit bricht alle Dinge, selbst Marmor und Porphyrstein. Wenn es mit dir auch noch zur Zeit so weit nicht ist, wirst du in etlichen Jährlein schon ein ander Lied singen und eingestehn, daß mancher manches Ding bloß noch zum Wasserlassen braucht. Ich seh, das Haar wird dir schon grau auf deinem Kopf; dein Bart schaut aus wie eine Weltkarte mit den grauen, weißen, schwarzen und braunen Flecken. Bei meiner Kehle, Freund! Wann der Schnee erst auf den Bergen liegt, ich mein auf Haupt und Kinn, dann ist die Hitze im Hosental auch nicht mehr groß.« – »Daß dich das Mäuslein beiß!« antwortete Panurg. »Wenn der Schnee auf den Bergen liegt, ist in den Tälern Blitz und Donner, Sturm und alle Teufel los. Du spottest meiner grauen Haare und bedenkst nicht, daß es auch des Knoblauchs Natur ist. Hat er nicht einen weißen Kopf und grünen, stracken, saftigen Schwanz? Eine Art von Altersindizium (doch eines rüstigen grünen Alters) spür' ich allerdings schon: daß ich nämlich den guten Wein noch mehr nach meinem Geschmack find als wie sonst, und noch mehr als sonst dem Krätzer aus dem Weg geh. Hierin, merk wohl! steckt ein, ich weiß nicht was, von Sonnenuntergang, es zeigt, daß der Mittag vorüber ist. Allein was tut's mir gutem Gesellen, so frisch als je, mehr als zuvor? Meine Sorge ist nur, wenn unser Herr Pantagruel einmal auf lange Zeit verreist und, ging er gleich zu allen Teufeln, ich ihm Gesellschaft leisten müßt', daß dann mein Weib mich zum Hahnrei krönen könnte.« – »Ich will dich«, sprach Bruder Jahn, »ein Mittel lehren, wie dich dein Weib ohne dein Wissen und Willen nimmer zum Hahnrei machen soll.« – »Oh«, rief Panurg, »sag an, mein Freund, mein liebster Hodenmatz, ich bitt' dich drum, erzähl!« – »Bediene dich«, sprach Bruder Jahn, »des Ringes, den Hans Carvel, Großjuwelier beim König in Melindien, besaß.
Hans Carvel war ein kluger Zeisig, ein welterfahrner, betriebsamer Mann, von gutem Verstand, gesundem Urteil, kreuzbrav, leutselig, liebreich, spendabel, ein lustiger Philosoph, im übrigen aber der beste Gesell und Schäker, ein wenig dick von Leibsstatur, schon ein bißchen wackelig und nicht allzu flink mehr auf dem Zeug; Auf seine alten Tage freite er die Tochter des Amtsmanns Goncordat, schön, jung, flink, nett, mit Gesind und Nachbarn nur allzu zutunlich und freundlich. Daher war er nach Verlauf etlicher Wochen auf sie so eifersüchtig wie ein Tiger und argwöhnte, daß sie sich woanders am Zeug flicken lasse. Dem zu steuern, erzählte er ihr nun Tag und Nacht die schönsten Geschichten von dem Unheil des Ehebruchs, las ihr öfters die Legende von den klugen Jungfern vor,
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