Gargantua Und Pantagruel
predigte ihr Keuschheit, schrieb ihr ein Buch vom Lob der ehelichen Treue, worin er die Bosheit verbuhlter Frauen bis in die Höll' verwünschte, und schenkte ihr ein schönes Halsband, reich besetzt mit orientalischen Saphiren. Nichtsdestoweniger sah er sie mit seinen Nachbarn so vertraut und guter Dinge, daß er tagtäglich nur immer eifersüchtiger wurde. Als er nun wieder eines Nachts bei ihr in solchen Gedanken lag, träumte ihm, daß er mit dem Teufel spräche und dem sein Leid klage. Der Teufel sprach ihm Mut ein, steckte ihm einen Ring an den mittelsten Finger und sprach: ›Ich schenk' dir diesen Ring; solang du ihn am Finger tragen wirst, wird nimmer ohne dein Wissen und Willen ein andrer fleischlich dein Weib erkennen.‹ – ›Ei, großen Dank, Herr Teufel!‹ sprach Carvel, ›Ihr sollt mich holen, wenn ich ihn je vom Finger laß.‹ – Der Teufel verschwand, Hans Carvel wachte ganz fröhlich auf und spürte auf einmal, daß er seinen Finger in dem Wasistdas seiner Frau hatte. – Ist dies nun nicht ein untrügliches Mittel? Darum folg du meinem Rat und nimm dir ein Exempel dran: zu keiner Zeit laß deiner Frau Ring vom Finger.« So endigten ihr Gespräch und Weg.
Einundzwanzigstes Kapitel
Wie Pantagruel wegen Panurgens Skrupeln einen Theologen, einen Mediziner, einen Juristen und einen Philosophen beruft
Als sie im Schloß nun angekommen, erzählten sie dem Pantagruel den ganzen Hergang ihrer Reise und zeigten ihm Großmurrnebrods Sprüchlein. Als Pantagruel es gelesen und wieder gelesen, sprach er: »Noch niemals hat mir eine Antwort so wohl gefallen. Er zeigt damit summarisch an, in Heiratssachen soll jedermann seiner eignen Gedanken Schiedsherr sein und niemand zu Rat ziehn als sich selber. Dies war auch immer meine Meinung. Allein ich weiß noch wohl, Ihr hattet im Herzen Euern Spott darüber. Greift's dann anders an. Alles, was wir sind und haben, besteht aus drei Stücken: Seele, Leib und Gut. Zur Wahrung jedes dieser drei Dinge sind heutzutag dreierlei Arten von Leuten bestellet: Die Theologen für die Seele, die Ärzte für den Leib, und die Juristen für Hab und Gut. Mein Rat ist, auf nächsten Sonntag laden wir bei uns zum Imbiß einen Theologen, einen Mediziner und einen Juristen. Mit ihnen wolln wir insgesamt von Euern Skrupeln konferieren.« – »Helf mir der und jener«, antwortete Panurg, »da werden wir eben nicht klüger werden; ich seh's schon kommen. Schau eins nur unsern verschusterten Weltlauf! Unsre Seelen befehlen wir den Theologen aufzuheben, die doch meistenteils Ketzer sind; unsre Leiber den Medizinern, die alle Arznei verabscheun und selbst nie nix brauchen, und unsre Habe den Advokaten, die untereinander niemals Prozeß zusammen führen.« – »Ihr redet wie ein Hofmann«, sprach Pantagruel, »doch ich bestreit' den ersten Satz; denn seh ich nicht die guten Theologen einig und lediglich darum bemüht, mit Wort und Schrift die Ketzereien und Irrlehren auszurotten? Den zweiten lob' ich, weil die guten Mediziner auf den gesundheiterhaltenden Teil ihres Handwerks so wohl bedacht seh, daß sie der Heilung durch Arzenei entraten können. Den dritten geb' ich zu, weil ich in der Tat die guten Anwälte mit ihren Repliken und Reden zugunsten fremden Rechts so viel beschäftigt seh, daß sie keine Zeit haben, das eigne wahrzunehmen. Darum laden wir auf nächsten Sonntag als Theologen unsern frommen Vater Hippothadäus, als Medikus unsern Meister Rundibilis, als Juristen unsern guten Freund Gänszaum. Ja, ich wär selbst der Meinung, daß wir noch als vierten Mann unsern getreuen Philosophen Stülphändsch zuziehen, zumal der wahre Philosoph auf jeden erhobenen Zweifel Bescheid gibt. Karpalim, tragt Sorg dafür, daß wir sie alle vier auf nächsten Sonntag zum Imbiß haben!«
»Ich glaub, Ihr hättet«, sprach Epistemon, »schwerlich unter der ganzen Zunft eine bessere Auswahl treffen können, nicht bloß hinsichts der hohen Gaben eines jeden in seinem Stand, sondern, was noch mehr: weil Rundibilis beweibt ist und es vorher nicht war, Hippothadäus es niemals war noch ist; Gänszaum es war und nicht mehr ist und Stülphändsch es ist und immer war.«
Zweiundzwanzigstes Kapitel
Wie Pantagruel wegen Panurgens Skrupeln einen Theologen, einen Mediziner, einen Juristen und einen Philosophen beruft
Sobald der Imbiß sonntags drauf gerüstet war, erschienen die Geladenen außer Gänszaum. Als der Nachtisch kam, sprach Panurg mit tiefer Verneigung: »Ihr Herren, es handelt sich um eine
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