Garou
den Schnee und hinterließ Spuren wie alle anderen Menschen. Er roch wie sie und bewegte sich wie sie zwischen den Bäumen, hoch und steif und lächerlich aufrecht, er machte Lärm wie sie und verstand nichts vom Unterholz.
Andere Menschen nickten ihm schweigend zu, als wäre er nichts Besonderes, Schafe und Ziegen hoben kaum den Kopf, wenn er vorbeischritt, selbst die Rehe drehten nur die Ohren nach ihm, hochmütig in ihrer Wachsamkeit.
Der Fuchs aber folgte der Fährte im Schnee zu unerhörten Genüssen.
Die Mäuse waren über die Jahre flinker und wendiger geworden, und die Kälte fand Winter für Winter tiefer unter sein Fell. Die unkomplizierten Mahlzeiten, die die Spuren im Schnee versprachen, kamen da wie gerufen.
Einmal, tief in seinem Bau an einem mageren, regnerischen Tag, hatte der Fuchs davon geträumt, ihm die Hand zu lecken, und hatte Blut geschmeckt und Salz. Im Wachen ließ ihn der Gedanke an Berührung - jede Berührung - erschaudern.
Besser als alle anderen wusste der Fuchs, dass mit diesem Menschen etwas nicht stimmte.
Der Fuchs lief schneller. Da war die Hütte, die der Fuchs nie betreten hätte. Die Spur des Menschen führte hin, aber dann - wie immer schnürte der Fuchs in weiten misstrauischen Kreisen um das dunkle Menschending - führte sie auch wieder weg. Weiter. Dann konnte er es schon riechen und brauchte all seine rotschwänzige Fuchsweisheit, um nicht vor Erwartung zu winseln.
Am Ende der Fährte war der Mensch schon fertig und stand einfach da, an einen Baum gelehnt. Der Fuchs leckte sich die Lippen, presste sich gegen den Boden und wartete.
Erst als der Mensch sich abwandte und davonging, freudentaumelnd wie eine Motte, schoss der Fuchs aus seiner Deckung und biss verzückt in den roten Schnee.
Dann ein Kitzel in seinem Nacken, wie Atem, nur flüchtiger. Der Fuchs blickte auf, und in einiger Entfernung, zwischen den Bäumen, stand der Mensch und blickte zurück.
Sie hielten den Blick eine Weile zwischen sich wie einen Spinnenfaden, hauchdünn und zäh und unentrinnbar, und wussten, dass sie da waren.
Den Menschen ließ dieses Wissen lächeln.
Den Fuchs machte es wachsam - und kalt.
Der Mensch ging weiter, und der Fuchs fraß. Fraß, bis der Mensch sich zu einem winzigen Punkt verdichtet hatte, der wie eine Fliege zwischen den Stämmen herumirrte.
Dann ließ er von der Beute ab, leckte sich ein letztes Mal die Lippen und schnürte wieder hinter der großfüßigen Menschenfährte her. Und wusste selbst kaum, warum. Hier war ein Festmahl für einen Fuchs - für viele Füchse. Aber dieser Fuchs war grauschnäuzig und schlau. Viele Sommer und viele Winter hatten ihm den blanken Pelz geschliffen, und der Fuchs war glatter geworden und glatter, bis er sich durch den Wald bewegen konnte wie ein saftiger Fisch durch Wasser. Der Fuchs schluckte den Wald und atmete den Wald mit jedem Schritt, jedem Blick, und um atmen zu können, musste er etwas wissen. Der Fuchs musste wissen, ob der Mensch wieder aus dem Wald verschwunden war. Jedes Mal.
Im Wald war es noch Nacht und so still wie im Schlaf. Das Flüstern des Windes wagte sich nicht hierher, und die Bäume schwiegen.
Auch die Schafe schwiegen beeindruckt. Bäume! Es überraschte sie dann doch ein bisschen. So viele! Sie hatten Bäume bisher nur als Einzelgänger kennen gelernt, als harmlose Schattenspender, deren Rinde man ungestraft annagen konnte und an deren Stamm man sich scheuerte, bis die Stelle glatt und glänzend war und kein befriedigendes Scheuererlebnis mehr hergab.
Aber hier war auf einmal alles voll von Bäumen, Stamm an Stamm, eine gewaltige Herde, so eng, dass die Schafe nicht in der beliebten Knäuelformation vorwärtskommen konnten, sondern immer nur hintereinander, drei oder zwei oder eins. Die Sache gefiel ihnen nicht. Hinter jedem Stamm konnte etwas lauern, und die Schafe hatten das ungute Gefühl, dass auch die Bäume selbst lauerten, wie sehr geduldige Katzen auf sehr vorsichtige Mäuse. Obwohl sie sich behutsam vorwärtsbewegten, zögerlich und sacht, galoppierten ihre Herzen im Galopp. Die Schafe vermissten den Himmel.
Nachdem sie sich eine Weile angeschwiegen hatten - der Wald die Schafe und die Schafe den Wald -, fasste sich Zora ein Herz und rupfte einige Knospen von einem zarten Zweig auf Schafshöhe. Von da an ging es entspannter weiter, wachsam zwar, aber nicht ohne den gelegentlichen appetitlichen Happen vom Wegesrand.
Die Bäume zerschnitten die Welt in schwarz und weiß. Weiß der
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