Garou
Tannenbäumen.
Eine kleine fette Wolke schob sich vor die Sonne, und die Schatten verschwanden.
»Morgen ist Frühling«, sagte Sir Ritchfield gut gelaunt. Die anderen teilten seinen Optimismus nicht.
Die Schäferwagentür knarrte wieder auf, und Malonchot kam heraus. Rebecca trat mit ihm auf die oberste Schäferwagenstufe und reichte ihm seinen braunen Hut. Sie sah blass aus.
»Au revoir!«, sagte Rebecca.
Malonchot setzte den Hut auf. »Fürchten Sie sich ein wenig vor Geistern, Mademoiselle, das ist leider alles, was ich Ihnen beim momentanen Stand der Ermittlungen raten kann.«
»Au revoir«, wiederholte Rebecca.
Malonchot machte eine Verbeugung, die ein wenig albern aussah - vielleicht nur, weil er so groß war -, drehte sich um und ging zurück Richtung Schloss.
Mama und Rebecca sahen ihm nach.
»Mehr solche Rehe«, murmelte Rebecca. »Und wahrscheinlich nicht nur Rehe, sonst würde die Polizei keinen Inspektor vorbeischicken, nicht? Aber mehr sagt er nicht.«
»Du warst also doch allein im Wald?«, sagte Mama.
»Nein.« Rebecca schüttelte den Kopf. »Ich wollte nur, dass er Zach in Frieden lässt. Die suchen doch sicher einen Irren. So etwas kann doch nur ein Irrer gemacht haben. Und wenn sie erst rausfinden, was Zach so alles... selbst wenn er ein Alibi hat, liefern sie ihn wahrscheinlich irgendwo ein.«
»Was, wenn es Zach war?«, fragte Mama. »Ihr seid nicht zusammen zurückgekommen, oder?«
Rebecca seufzte. »Wir haben Yves getroffen. Na ja, nicht wirklich getroffen. Eher von weitem gesehen, mit einer Axt über der Schulter. Und auf einmal wollte ihn Zach unbedingt... beschatten, hat er gesagt. Observieren. So ist Zach, man kann ihm das nicht ausreden. Er hat sich meine Mütze übergezogen - zur Tarnung. Und auf einmal war ich allein im Wald, ohne Mütze. Ich war ein bisschen sauer, ehrlich gesagt.«
»Was, wenn er es war?«, wiederholte Mama.
»Das war nie und nimmer Zach«, sagte Rebecca. »Zach lebt hier schon seit Ewigkeiten.«
Mama schnaubte verächtlich. »Wer auch immer das war, lebt hier wahrscheinlich schon seit Ewigkeiten. Das ist nicht gerade eine Gegend, wo Fremde nicht auffallen. Und weißt du was: wenn ich hier schon seit Ewigkeiten leben würde, wäre ich auch wahnsinnig.«
Mama warf theatralisch die Arme in die Luft, dann blickte sie auf die kleine glitzernde Uhr an ihrem Handgelenk. »So spät schon? So spät schon? Ich muss mich fertig machen!«
Normalerweise machte Mama nur Rebecca fertig. Die Schafe guckten gespannt, aber Mama verschwand nur rumorend in den Tiefen des Schäferwagens.
»Und soll ich dir noch was sagen?«, rief es von dort. »Das war nie und nimmer ein Polizist!«
»Unsinn«, sagte Rebecca. »Du und deine Theorien!«
Und dann, wortlos, machte sie die Schäferwagentür wieder zu.
Die Verhandlungen waren bisher nicht besonders erfolgreich verlaufen. Sie hatten es mit Schmeicheleien versucht, mit Bitten, mit Drohungen, sogar mit einem kleinen Kick gegen die Stoßstange. Doch das große Auto schwieg verstockt.
»Es mag einfach nicht!«, sagte Maude. »Ich kann riechen, dass es nicht mag!« Maude wollte zurück auf die Weide.
Die Schafe waren nicht naiv. Sie wussten, dass Autos nicht auf die gleiche Art lebendig waren wie Schafe oder Hunde oder Menschen. Aber manchmal bewegten sie sich, und manchmal bewegten sie sich nicht. Irgendetwas musste sie dazu bringen, sich zu bewegen. Aber was?
Heide dachte an Wollensstärke und plusterte sich ein bisschen auf. »Ach was! Wir müssen ihm nur die richtigen Sachen versprechen!«
Die Schafe sahen sich an: waren Futterrüben, Kraftfutter und Übernachtungsmöglichkeiten im Heuschuppen etwa nicht die richtigen Sachen gewesen?
»Und du kannst auf unserer Weide herumfahren, so oft du willst!«, blökte Heide.
Zora und Maude machten bestürzte Gesichter. Nun ging Heide doch etwas zu weit!
Glücklicherweise zeigte das Auto auch jetzt kein Interesse.
»Seltsam«, sagte Zora. »Eigentlich sollte es sich über einen Ausflug freuen, nicht? Ihm muss doch langweilig sein, ganz allein in der Scheune.«
»Ihm ist sicher langweilig«, sagte Maude. Maude war auch langweilig.
»Vielleicht mag es Geschichten«, sagte Heide plötzlich.
Sie beschlossen, dem Auto eine Geschichte zu erzählen. Eine Geschichte mit Autos. Schafe mochten Geschichten, in denen Schafe vorkamen - leider gab es die viel zu selten, und meistens waren die Schafe nur im Hintergrund. Sie konnten sich gut vorstellen, dass Autos Geschichten mit Autos
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