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Garou

Garou

Titel: Garou Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leonie Swann
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verkleideten, konnten sie sich auch nicht vorstellen. Wenn sie ehrlich waren, konnten sie sich nicht einmal als Männer verkleidete Menschenfrauen vorstellen - »Das muss man doch riechen! Das muss man doch riechen!«, hatte Maude geblökt, als George ihnen damals auf den Schäferwagenstufen die Geschichte das erste Mal vorgelesen hatte.
    Doch eigentlich war es eine ganz ordentliche Geschichte geworden, mit grünen Wiesen und glänzenden Asphaltstraßen und einem Duell - »Unfall!«, hatte Zora geblökt - und viel Sonne und natürlich Schafen im Hintergrund.
    Und tatsächlich: die Augen des Autos leuchteten plötzlich auf.
    »Es macht mit!«, blökte Heide erleichtert. Wenn man es recht betrachtete, war es wirklich eine außerordentlich gute Geschichte gewesen.
    »Da kommt jemand!«, blökte Maude.
    Jetzt hörten es die anderen auch: Schritte in der Scheune. Schritte auf sie zu.
    »Ausgerechnet jetzt!«, murmelte Heide.
    Die Schafe versteckten sich hinter dem Auto und sahen unter seinem Bauch hindurch zu, wie zwei gelbe Gummistiefel die Gasse zwischen den Maschinen entlangkamen und schließlich vor dem extragroßen Auto stehen blieben.
    Und stehen blieben.
    Und stehen blieben.
    Dann setzten die Stiefel sich wieder in Bewegung – direkt auf sie zu! Die Schafe sahen sich nach besseren Versteckmöglichkeiten um. Hinter ihnen war die Scheunenwand, links versperrte eine große Säge den Weg, und von rechts kamen die Stiefel seitlich um das große Auto herum.
    »Da rein!«, blökte Zora und sprang nach vorne, von einem Strohballen auf eine Werkzeugbank und von dort hinein ins hohle Hinterteil des Autos. Heide und Maude hinterher. Drinnen roch es noch genauso, wie es damals gerochen hatte, nach alter Aufregung und noch älterem Stroh.
    Etwas klackte. Dann Stille.
    »Wolle!«, blökte Heide.
    Sie hatte Recht. In einem Haken in der Autowand hatte sich ein ordentliches Büschel weißer Wolle verfangen.
    »Ritchfield!«, sagte Heide und schnüffelte. »Nein: Willow! Oder Maple? Mopple?«
    Maude, das Schaf mit dem besten Geruchssinn der Herde, steckte ihre Nase in die Wolle.
    »Und?«, fragte Zora. »Wer ist es?« Zora hoffte heimlich, dass es Mopples Wolle war.
    »Ich weiß nicht«, sagte Maude nach einer Weile. »Niemand. Niemand, den wir kennen!«
    Das extragroße Auto schauderte und setzte sich langsam in Bewegung.
     
    Rebecca hatte neues Stroh in den Heuschuppen geschaufelt und neues Heu in die Raufe. Sie hatte ihnen eine ordentliche Portion Kraftfutter in den Trog gekippt und die Zäune kontrolliert. Die Schafe guckten nervös. Sie wussten, was als Nächstes kommen würde: das Zählen. Rebecca würde herausfinden, dass Maude, Heide und Zora fehlten. Doch gerade als sie den Finger zum Zählen spitz machte, ging die Schäferwagentür wieder auf, und Yves trat heraus. Rebecca wartete ab, bis er von der Weide verschwunden war, dann entspannte sie ihren Zählfinger und schlenderte betont beiläufig Richtung Schäferwagen. »Tee?«, fragte Mama.
    Rebecca nickte. »Und - hast du was herausgefunden?« Die Schafe rückten neugierig näher.
    Mama zündete sich eine Zigarette an. »Eigentlich... ich habe ihn nicht wirklich verstanden. Und er hat mich wahrscheinlich auch nicht verstanden.«
    »Das hätte ich dir gleich sagen können«, sagte Rebecca. »Hat er wenigstens gezahlt?«
    »Er, ahm, er hat kein Geld, er wird in... ähm... Naturalien bezahlen«, sagte Mama und blies Rauch in die Luft. »Warte nur ab!«
    Und wirklich: ein paar Minuten später war Yves wieder auf der Weide und schleppte einen kleinen, aber scheinbar schweren Kasten zum Schäferwagen. Er stellte den Kasten auf die Schäferwagenstufen und grinste Rebecca an. Rebecca grinste eisig zurück.
    Die Schafe witterten: war etwas Fressbares in dem Kasten? Aber sie rochen nur Metall und Plastik und ein bisschen Glas.
    »Ein Fernseher!«, sagte Rebecca beeindruckt, als Yves zum zweiten Mal von der Weide verschwunden war. »Hast du ihm denn was Gutes prophezeit?«
    »Eigentlich nicht.« Mama machte ein schuldbewusstes Gesicht. »Ehrlich gesagt, seine Karten sahen ziemlich miserabel aus. Ich kann mich nicht erinnern, jemals so miserable Karten gesehen zu haben. Eine große Veränderung - das war noch das Beste, was ich aus den Karten lesen konnte. Aber vielleicht hat er es ja nicht verstanden.«
    »Du glaubst nicht wirklich daran, oder?«, fragte Rebecca. »Daran, dass die Karten dir die Zukunft verraten? Ich meine: wie soll das denn gehen?«
    Mama saugte an ihrer

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