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Garou

Garou

Titel: Garou Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leonie Swann
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Kopf.
    »Und die anderen Menschen versteht ihr auch?«
    Die Ziege reckte ihren Ziegenbart nach vorne. »Wir verstehen, was alle sagen. Nur eure Schäferin und die alte Zicke - die verstehen wir nicht!«
     
    Die Schatten der Stämme wurden länger und länger, und auf einmal war der Wald voller Laute. Kleiner Laute. Der Wind rasselte vergessene Blätter. Schnee knirschte. Kleine Tiere raschelten auf der Suche nach einem Unterschlupf. Vögel landeten auf Asten, mit einem Geräusch, das man mehr spüren als hören konnte, ein trockenes, sprödes Federn in der Luft.
    Im Dunkel einer Tanne stand lautlos eine kleine Ziege, so schwarz, dass man von ihr nur die Augen sehen konnte, flackernde, ein wenig gewölbte Ziegenaugen, und wartete.
    Tief im Schnee.
    Madouc fröstelte. Sie war der Spur des Garou gefolgt, Hänge hinauf und Hänge hinunter, gerade und Zickzack, in Schleifen und Kreisen und Schlangenlinien, ohne Sinn und Verstand. Der Garou hatte offensichtlich gute Laune. Wenn sie es nicht besser gewusst hätte, hätte sie ihn für eine übermütige Geiß gehalten. Aber sie wusste es besser. Viel besser. Einmal, am Bach, hätte sie der Garou fast abgeschüttelt. Madouc suchte bachauf, und Madouc suchte bachab, und schließlich fand sie die Spur doch wieder. Der Garou war klug, aber so klug wie sie war er nicht.
    Jenseits der Tannen stand eine alte, halbverfallene Holzhütte.
    Die Spur des Garou führte dort hinein - aber sie führte nicht wieder heraus. Andere Spuren, ja, aber nicht die Spur des Garou.
    Madouc witterte. Nichts. Nur ein bisschen gefrorenes Holz vielleicht.
    Ein Fuchs schnürte vorbei. Madouc sah ihm feindselig nach.
    Dann wagte sie sich vorsichtig näher an die Hütte heran. Das Schwarz jenseits der halboffenen Tür lockte sie mit süßen, murmelnden Drohungen. Madouc drehte sich um. Hinter ihr, an der Stelle, die sie gerade verlassen hatte, stand noch eine kleine schwarze Ziege im Tannendunkel. Die Ziege, die ihr immer folgte. Die Ziege, die sonst niemand sah. Madouc war froh, dass sie da war.
    »Komm!«, sagte sie, bevor sie ihre spitzen Hörner gegen das Holz der Hüttentür drückte. Plötzlich stand sie im Inneren. Die Luft war hier älter, dumpfer - und noch kälter. Viel zerbrochenes Holz lag am Boden. Und tote Ratten. Nein: nicht tote - schlafende Ratten! Alles war zerbrochen - außer einem Tisch in der Mitte des Raumes. Unter dem Tisch standen Stiefel. Sehr verschiedene Stiefel. Auf dem Tisch lag etwas. Mit einem Satz war Madouc oben - und landete auf etwas Weichem. Sie schnaufte überrascht - ein halboffener Futtersack! Brot und Rüben. Von allen Dingen hätte sie einen Futtersack hier am wenigsten erwartet. Neben dem Futtersack stand ein Glas mit einem Pulver. Bitterer Geruch schwebte um das Glas, wie von Medizin.
    Ein Rascheln ließ Madouc aufblicken. Die kleine schwarze Ziege war ihr in die Hütte gefolgt und blickte auf das Futter. Madouc wollte gerade zu fressen beginnen, aber die andere Ziege schüttelte stumm den Kopf. Nicht!
    Madouc kickte das Glas vom Tisch, und es zersprang noch in der Luft mit einem kalten, dünnen Ton, fast einem Schrei. Pulver stäubte herum wie bitterer Schnee, und Madouc hielt so gut es ging die Luft an.
    »Das dürfte genügen«, sagte Madouc, als der Staub sich gesetzt hatte. Sie fühlte sich schwindelig.
    »Das glaube ich kaum«, sagte die kleine schwarze Ziege von unten.
    »Du wirst schon sehen«, erwiderte Madouc. »Das war seine Salbe. Seine Wolfssalbe!«
    »Aber es war keine Salbe«, sagte die Ziege.
    »Das macht nichts!«, antwortete Madouc und schlackerte stolz mit dem Schwanz.
    Plötzlich war auf der Rückseite der Hütte eine Öffnung, wo vorher keine Öffnung gewesen war, und in dieser Öffnung stand... etwas - und sah sie an.
     

2. Teil

Fälle

9
    Die Schatten der Schafe waren länger und dünner geworden, sogar Mopples, und die Stimmung war düster. Selbst Miss Maple musste zugeben, dass die Ermittlungen nicht besonders zügig vorangingen. Niemand schien sich vor dem Silberpapier zu fürchten. Nicht die beiden Wintergäste, die gemeinsam zu einem ihrer vielen Spaziergänge aufgebrochen waren, der eine groß, der andere klein, nicht Eric, der im Schlossturm wie gewohnt mit Ziegenkäse hantierte, nicht mal die dicke Fronsac. Auch der Gärtner, ihr heimlicher Wunschkandidat, war ohne ein Anzeichen von Furcht am Zaun entlangspaziert, einen kleinen Tannenbaum im Schlepptau. Der Tannenbaum landete an der Schlossmauer, auf einem Haufen mit anderen

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