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Garou

Garou

Titel: Garou Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leonie Swann
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Stirnband zurecht. »Das trauen sich die Leute dann doch nicht. Aber die Antenne müsste aufs Dach, und wenn ich Yves' Kauderwelsch gestern richtig verstanden habe, wollte er das heute früh machen. Aber aufgetaucht ist er nicht. Du hast Recht. Das ist ein schmieriger Mensch. Ich hatte gleich ein schlechtes Gefühl.«
    »Du und dein Gefühl«, sagte Rebecca und erhob sich von den Stufen. Sie sah hinüber zur Ziegenweide, wo drei Ziegen auf dem Sofa standen und ein kleines Meckerspektakel veranstalteten.
    »Komisch, dass die Möbel noch immer hier stehen, nicht wahr? Ich hätte die Dinger längst weggeräumt!«
    Mama nickte. »Das habe ich auch gesagt, und Hortense hat es übersetzt, und Eric hat mich ganz entgeistert angestarrt, als... als hätte er noch immer Angst vor dem alten Herrn.«
    »Vielleicht kommt der ja noch ein, zwei Mal im Jahr vorbei und meckert«, sagte Rebecca.
    »Der meckert nicht mehr«, sagte Mama. »Der ist tot. Aber wie er gestorben ist, erzählt mir hier auch keiner.«
    Mama blickte ungehalten hinüber zum Schloss.
    »Du kannst ja Kontakt mit ihm aufnehmen!«, schlug Rebecca vor. »Ich rufe inzwischen Yves an. Die Fronsac hat mir, glaube ich, mal seine Nummer gegeben, für Reparaturen und so. Ich frage ihn, ob er uns doch noch die Antenne aufs Dach setzt. Ich hätte mal wieder Lust auf einen Film. Das war was! Ein Werwolfsfilm, damit du weißt, was du fotografieren musst. Was meinst du?«
    Sie piekte ihr Sprechgerät mit einem spitzen Zeigefinger, und das Sprechgerät quiekte empört.
    »Du solltest das ein bisschen ernster nehmen. Und jetzt essen wir etwas, ja?«, sagte Mama und erhob sich ebenfalls, überraschend anmutig. »Ich koche!«
    Rebecca machte kein besonders begeistertes Gesicht, aber sie nickte und folgte Mama in die Tiefen des Schäferwagens. Sobald sie die Tür hinter sich geschlossen hatten, klingelte am Fuße der alten Eiche unter viel Schnee ein Sprechgerät.
     
    Die Schafe beobachteten, wie außergewöhnlich schwarzer Rauch aus dem Schäferwagen wallte, zuerst nur aus dem kleinen, bemützten Schornstein, dann auch aus dem Fenster und schließlich zur Tür hinaus. Rebecca und Mama flüchteten hustend auf die Schäferwagenstufen. Tess rieb ihre Schnauze im Schnee.
    »Nudeln mit Soße!«, schimpfte Rebecca. »Nudeln mit Soße! Was kann denn da schon schiefgehen?«
    »Ich bin deinen Kocher nicht gewohnt«, sagte Mama.
    »Schon über drei Wochen hier und noch immer nicht meinen Kocher gewohnt...«, murmelte Rebecca. »Rauch nicht schon wieder! Wie kannst du jetzt rauchen? Ich hatte aufgehört, weißt du, und dann kommst du vorbei! Hast du wenigstens was über meine Klamotten herausgefunden mit deinen Wahrsagekünsten?«
    »Noch nicht. Aber wahrscheinlich war das auch dieser Yves! Ich habe das im Gefühl. Dem traue ich alles zu!«
    Rebecca lachte. »Nein, das war ausnahmsweise einmal nicht Yves. Der Typ ist vollkommen farbenblind - der würde meine roten Sachen gar nicht erkennen. Habe ich gemerkt, als wir im Herbst Apfel gepflückt haben. Ich habe ihm immer gesagt: nicht die Grünen, und er... es war zum Wahnsinnigwerden!«
    »Ich könnte heute Nachmittag die Karten...«, sagte Mama etwas kleinlaut.
    »Ach was, Karten! Wir versuchen es anders. Einen roten Schal habe ich noch!« Rebecca grinste grimmig. »Und du kannst auch etwas tun! Ich will, dass du heute Nachmittag von der Weide verschwindest. Geh duschen! Und nimm Tess mit!«
    Und wirklich: diesen Nachmittag ging Mama überraschend folgsam duschen, Tess an der Leine.
    Rebecca sah den beiden nach. Kurz daraufhängte sie ihren letzten roten Schal an einen Haken außen in der Schäferwagenwand.
    »Zum Lüften«, sagte sie und blinzelte den Schafen zu. Die Schafe standen herum und versuchten, entspannt und vollzählig auszusehen. Bisher waren sie wie durch ein Wunder um das Zählen herumgekommen!
    Der rote Schal züngelte im Wind wie eine Flamme.
    Rebecca setzte wieder die braune Brotmütze auf, wickelte sich diesmal einen blauen Schal um und sperrte mit viel Aufhebens den Schäferwagen ab. Dann war sie wieder unterwegs und verschwand durch das Hoftor. Die Schafe sahen ihr nach.
    Wenige Minuten später tauchte Rebecca auch schon wieder auf, durch eine kleine Pforte seitlich in der Hofmauer. Von weitem hätten die Schafe sie fast nicht erkannt, so ohne einen einzigen Flecken Rot an ihr. Rebecca kroch vorsichtig an der Mauer entlang, dann, im Schutze der Obstbäume, zum Waldrand - und verschwand im Wald. Aber die Schafe konnten sie

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