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Garou

Garou

Titel: Garou Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leonie Swann
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weiter wittern. Rebeccas Witterung schlich im Schutze des Waldes wieder näher an die Weide heran und ließ sich schließlich in der Nähe der schönen Buche nieder.
    Die Schafe sahen sich an, zuckten mit den Ohren und begannen wieder zu grasen.
    Monsieur Fronsac ging über den halben Hof, schlug sich mit der flachen Hand gegen die Stirn und kehrte wieder um. Eine Tür in der Mauer öffnete sich, und der Gärtner kam heraus, ein Bündel Reisig in den Händen. Madame Fronsac ging über den Hof und sah flüchtig zu den Schafen hinüber. Ein Fuchs schnürte am Weidezaun entlang. Es war noch zu früh für Lämmer, trotzdem ließen die Schafe ihn nicht aus den Augen. Madame Fronsac ging ein zweites Mal über den Hof. Dann ein drittes Mal. Sie blickte schnell nach links und nach rechts und nach oben zum Schloss.
    Sie wischte sich ihre großen, kälteroten Hände an der Schürze ab, hastete zum Weidetor und durch das Tor Richtung Schäferwagen. Die Schafe fingen an, sich zu wundern. Mehr verstohlene Blicke in alle Richtungen, dann hatte das Walross den Schal geschnappt und verschwand damit hinter dem Schäferwagen, wo man sie vom Schloss aus nicht sehen konnte. Aber Rebecca, die irgendwo bei der schönen Buche hockte, konnte das Walross vermutlich ganz hervorragend sehen.
    Dann passierten mehrere Dinge gleichzeitig.
    Hortense trat auf den Hof, den kleinen Jules an der Hand, das Walross zückte ein Kartoffelmesser, und Rebecca brach aus dem Wald hervor wie ein zierliches, aber entschlossenes Wildschwein.
     
    Diesmal lag es nicht am Hunger. Mopple hatte vorhin am Futtertrog eine ordentliche Portion Kraftfutter abbekommen. Vielleicht war es doch die Kälte? Oder der Schnee? So viel Weiß überall konnte ein Schaf ganz schön durcheinanderbringen.
    Mopple graste einfach weiter, den Kopf tief im Schnee, und versuchte, den Ginsterbusch zu ignorieren.
    »Psst!«, zischelte der Ginsterbusch. »Hierher! Hierher, Mopple the Whale!«
    Mopple sah nicht hin. Ein winterkahler, europäischer Ginsterbusch, der seinen Namen kannte? Die Sache gefiel ihm nicht. Erst eingebildete Ziegen und jetzt sprechende Ginsterbüsche. Was würde als Nächstes kommen? Er sah sich schon in wilde Diskussionen mit einem Büschel Dicklippkraut verstrickt. Mopple seufzte. Es wurde Zeit, dass der Winter vorbeiging.
    Der Ginsterbusch begann, mit Schnee nach ihm zu kicken, und Mopple wurde langsam wütend. »Hör auf!«, sagte er zu dem Busch.
    »Nur, wenn du mitkommst, höre ich auf«, flüsterte der Ginsterbusch.
    Jetzt war Mopple sicher, dass er sich die ganze Sache nur einbildete.
    »Wenn du gehst, komme ich mit!«, sagte er kühn zum Ginsterbusch.
    »Hervorragend!«, sagte der Ginsterbusch. Drei junge Ziegen streckten ihre spitzen Köpfe zwischen den Zweigen hervor, eine Graue, eine Rote und eine Braun-Gescheckte.
    »Ich bin Amaltee«, sagte die Graue.
    »Ich bin Circe«, sagte die Rote.
    »Und ich bin Kalliope«, sagte die Braun-Gescheckte.
    Mopple setzte sich vor Überraschung aufs Hinterteil.
    »Wollt ihr wirklich etwas gegen den Garou unternehmen?«, fragte Kalliope. »Ein bisschen Glitzer wird da nämlich nicht reichen!«
    Mopple nickte tapfer.
    »Dann komm mit!«, flüsterte Circe.
    Die drei Ziegen drehten sich um und trabten mit schwingenden Schwänzen zurück zu der Latte im Ziegenzaun. Mopple zögerte einen Moment lang, dann dachte er an Zora und die anderen Expeditionsmitglieder, die jetzt vielleicht in Schwierigkeiten waren. Mopple wollte etwas gegen den Garou unternehmen. Am Schäferwagen schien es eine Aufregung zu geben, und in einem unbeobachteten Moment zwängte sich Mopple durch die Latte und trabte entschlossen hinter den drei Ziegen her.
     
    Das Walross heulte und zitterte und schluchzte, Rebecca fauchte »Pourquoi? Pourquoi?«, Hortense rief »Becca! Becca!«, und die Schafe staunten.
    Rebecca hatte das Walross gestellt. In flagranti. Auf frischer Tat ertappt. So viel stand fest.
    Der gerettete Schal und das Messer lagen jetzt im Schnee, und alle regten sich auf.
    »Ich möchte wissen, warum!«, zischte Rebecca, zu aufgebracht für ihr mühevolles Europäisch. »Ich habe ihr nie etwas getan - nie! Wenn sie mir nicht sagt, warum, rufe ich die Polizei!«
    »Becca!«, sagte Hortense vorwurfsvoll, aber dann sprach sie doch mit dem Walross.
    Das Walross zitterte so sehr, dass es zuerst gar nichts sagen konnte - nicht einmal auf Europäisch.
    Schließlich quakte es doch los, schluchzend und schniefend, und alles, was die Schafe verstanden, war

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