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Gartenschläfer: Der zweite Fall für Franca Mazzari (German Edition)

Gartenschläfer: Der zweite Fall für Franca Mazzari (German Edition)

Titel: Gartenschläfer: Der zweite Fall für Franca Mazzari (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Keiser
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verschwamm und löste sich auf wie ein zu nass gemaltes Aquarell. Plötzlich vernahm sie deutlich eine Stimme: »Meine kleine Zigeunerprinzessin! Wo bist du? Hallo! Hörst du mich?«
    Davina hielt den Atem an. Blut pochte in ihren Ohren wie das dumpfe Schlagen einer fernen Trommel. Sie war hier, hier in diesem Zimmer. Fast körperlich spürte sie die Anwesenheit ihrer Mutter. Und Davina war kein Kind mehr. Sie saß nicht auf dem Karussellpferdchen. Klar und deutlich hatte sie die Stimme gehört. Es war die Stimme ihrer Mutter, dessen war sie sich ganz sicher. Niemand sonst nannte sie Zigeunerprinzessin.
    »Mama. Hier bin ich. Hier!«, rief Davina laut. Es tat so gut, die vertraute Stimme zu hören.
    Etwas in ihr triumphierte. Sie hatte es geschafft! Es war ihr gelungen, den Kontakt herzustellen. Es dauerte eine Weile, bis sie vollständig begriff, was das bedeutete. Sie brauchte Mario nicht! Sie hatte sich von seinem Einfluss befreit.
    Eine Euphorie überflutete sie, verdrängte ihre Traurigkeit und ihre Hilflosigkeit, alles, was sie belastet hatte.
    Sie schloss die Augen und tauchte zurück in die Vergangenheit. Sie war wieder Kind. Ein Kind in weißen Strumpfhosen, schwarzen Lackschuhen und mit einem Lebkuchenherz um den Hals, auf dem mit Zuckerguss »Ich hab dich lieb« geschrieben steht. Ein Mädchen, das geborgen in der Gegenwart lebt und noch nicht weiß, was das Wort Zukunft bedeutet. Es rutscht von dem hölzernen Pferderücken direkt in die Arme seiner Mutter.
    »War das schön?«, fragt Mama dicht an ihrem Ohr. Davina nickt und schmiegt sich an sie.
    Vergangenheit und Gegenwart waren eins.
    »Das Beste, was uns der liebe Gott mitgegeben hat, ist unsere Phantasie.« Deutlich erklang die Stimme ihrer Mutter im Zimmer. »Wer Phantasie hat, ist niemals allein.«
    Worte, denen ein tröstliches Echo nachhallte.
    Genauso schnell, wie es aufgetaucht war, war das Bild ihrer Mutter auch schon wieder verschwunden. Aber ihre Berührung konnte Davina noch deutlich spüren. Ebenso die Wärme von Mamas Armen um ihren zierlichen Kinderkörper.
    Ein seliges Lächeln huschte über ihr Gesicht. Sie schloss die Augen. Ihre Erinnerung produzierte noch mehr Episoden von früher. Oder war es ihre Phantasie? Egal. Jedenfalls sah sie sich jetzt zusammen mit ihrer Mutter auf einer blühenden Gänseblümchenwiese.
    Mama ist jung und schön. Sie hält sie an der Hand. Zusammen mit Feen und Elfen tanzen sie einen Reigen. Mama trägt ein dünnes, weißes Kleid, durch das ihre braune Haut hindurchschimmert. In ihrem dunklen Wuschelhaar flattert ein gebatiktes Band. Das Lächeln vertieft sich. Auf ihrem Gesicht liegt ein strahlender Glanz, ihre Augen funkeln. Sie singt ein Lied. Davina summt mit. Immer schneller drehen sie sich. Es ist wie im Märchen. Die Sonne scheint von einem blauen Himmel, über den Schäfchenwolken hinwegziehen, und alles ist gut. Davina hält Mamas Hand fest in der ihren. Aus den Sphären erklingt Musik, die ihren Gesang begleitet. Sie fliegen. Sie schweben davon. Immer höher hinauf in den Schäfchenwolkenhimmel. Mutter und Tochter sind nicht mehr von dieser Welt. Sie gehören ins Zauberreich.
    Davina schlug die Augen auf und jubelte. Es war ihr gelungen! Sie hatte es gewusst. Sie fühlte die Wärme, die aus ihrem Innern herausdrängte. Wärme, Freude. Das pure, das große Glück.
    Und alles, was Mario gesagt hatte, war nicht wahr.

3
    Sie parkte den Alfa vor der Stadtmauer, die einen Teil des Krankenhauses umgrenzte, und stieg aus. Etliche Polizeifahrzeuge blockierten die Straßeneinfahrt und warfen blaue Lichtblitze gegen die trutzigen Mauern der Burgruine. Der Leichenwagen mit geöffneter Heckklappe stand ebenfalls schon da. Sie schritt unter einem Torbogen hindurch, von dem ein Schild in drei Sprachen verkündete, dass es sich um das Koblenzer Tor handelte. Vom nahen Fluss her wehte ein kühler Wind.
    Der Schlossgarten war großräumig abgeriegelt, der schmale Eingang mit einem rot-weißen Plastikband versperrt. Einem der Schutzpolizisten, der Franca aufhalten wollte, zeigte sie ihren Ausweis. Nach einem kurzen, prüfenden Blick nickte er und wies mit dem Daumen nach hinten.
    Von der ehemaligen Zwingburg war nicht mehr allzu viel übrig. Nur eine Pallasmauer mit leeren Fensterhöhlen, die den Pulverturm und den Bergfried miteinander verband. Im Laufe seiner Geschichte hatte der Bergfried mit seinen markanten Erkern und dem Tuffsteinfries die unterschiedlichsten Funktionen inne. Diente er einstmals als

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