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Gartenschläfer: Der zweite Fall für Franca Mazzari (German Edition)

Gartenschläfer: Der zweite Fall für Franca Mazzari (German Edition)

Titel: Gartenschläfer: Der zweite Fall für Franca Mazzari (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Keiser
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Luft an und streifte mit einem kurzen Blick das schwarze Bündel zu ihren Füßen, das sie bisher vermieden hatte, allzu genau anzusehen. »Wer hat ihn eigentlich gemeldet?«
    »Holländische Touristen von einer Schiffsreise, die kurz in Andernach angelegt haben. Ihre Personalien wurden aufgenommen. Das Schiff ist schon wieder abgefahren.«
    »Die werden unsere Bäckerjungenstadt wohl in nicht so guter Erinnerung behalten«, bemerkte Oliver trocken.
    »Hat niemand von den Anwohnern was bemerkt?«
    Hinterhuber schüttelte den Kopf. »Das da drüben ist ein Wohnheim. Die Kollegen haben angefangen, alles abzuklappern. Bis jetzt ohne Ergebnis.«
    Franca gab sich einen Ruck und ging neben dem Toten in die Knie. Obwohl es augenblicklich in ihrem Magen zu rumoren begann, zwang sie sich, genau hinzusehen. Ein Junge, der auf seinem Weg zum Mann jäh gestoppt worden war. Der Kopf lag zur Seite gedreht. Das war gut so. So brauchte sie ihm erst einmal nicht ins Gesicht zu sehen. Er war ganz in Schwarz gekleidet, trug ein langärmeliges T-Shirt, auf dem chinesische Schriftzeichen gedruckt waren. Das Armgelenk schmückte ein breites Lederband mit Nieten. An seinen Fingern steckten mehrere Silberringe, darunter einer mit einem Totenkopf.
    Die Jeans sahen neu aus. Wenn sie nicht alles täuschte, handelte es sich um teure Markenjeans. Ähnlich denen, die Oliver Reimers trug. Unter dem Toten lag eine Lederjacke, die vor Reißverschlüssen und Nieten nur so starrte.
    »Das Zip-Jacket hier ist vom Feinsten«, sagte Oliver. »So was kostet ein kleines Vermögen.« Als er Francas skeptischen Blick bemerkte, fügte er hinzu: »Der Junge hier war kein Armer. Der trägt ausschließlich Markenklamotten.«
    »Könnten ja auch Fakes sein, wie man sie überall bekommt«, warf Franca ein.
    Oliver schüttelte den Kopf. »Es gibt da bestimmte Merkmale. Beispielsweise kann man das an den sehr gut verarbeiteten Nähten erkennen. Die Klamotten hier sind echt. Und die Stiefel, das sind Doc Martens. Auch keine Billigware.«
    Na, der schien sich ja gut auszukennen.
    Francas Blick wanderte die Hosenbeine hinauf zum Lendenbereich. In der Körpermitte des jungen Mannes bildeten die zerschnittene schwarze Kleidung, Hautfetzen und geronnenes Blut ein absurdes Muster. Sie dachte an verdorbenes Hackfleisch und spürte schon wieder, wie ihr die Galle hochkam. Schnell erhob sie sich, ging ein paar Schritte zur Seite und atmete ein paar Mal tief durch.
    In solchen Augenblicken verfluchte sie ihren Beruf. Weil er sie mit Bildern konfrontierte, denen man sich normalerweise nicht freiwillig aussetzte.
    Sie schluckte und schluckte, sah zu dem Toten hin und wieder weg. Kontrollierte ihren Atem und betrachtete die Umgebung, den in Lichtschein getauchten Dämmer. Scheinwerfer beleuchteten die Reste von Historie, einer Geschichte, die ihr unbekannt war. Wer mochte die Burg gebaut haben? Wem hatte sie als Wohnung, als Schutz gedient? Wer hatte sie zerstört? Der Zerstörungsakt schien jedenfalls schon ziemlich lange her zu sein.
    »Die Schnitte gehen durch die Kleidung hindurch«, katapultierte Hinterhuber sie aus ihren Ablenkungsversuchen heraus. Sie wusste, was er damit meinte: Es war nicht so einfach, mit einem Messer Kleidung zu durchdringen. Man brauchte ziemlich viel Kraft. Gepaart mit starker Emotion.
    »Habt ihr schon mal daran gedacht, dass das hier auch eine Beziehungstat sein könnte?«
    »Du meinst, aus dem Homosexuellenmilieu?«, fragte Hinterhuber.
    »Zum Beispiel. Es könnte aber auch sein, dass jemand unsere Gedanken in eine falsche Richtung lenken möchte, und wir fallen prompt darauf herein.« Im Laufe ihres Berufslebens hatte sie gelernt, vorschnellen Schlüssen zu misstrauen und sich ein selbständiges Denken zu bewahren, das gerne auch ein wenig unkonventionell sein durfte.
    »Junkies sind in der Regel nicht so schlau«, sagte Oliver Reimers. »Die brauchen kein Motiv. Wenn die einen ordentlichen Affen schieben, dann bringen die für fünf Euro ihre eigene Oma um. Alles schon passiert. Würde mich jedenfalls nicht wundern, wenn dann so ein Gemetzel dabei herauskäme wie hier.«
    Franca hätte ihm gern gesagt, dass das nicht der erste Mord im Zusammenhang mit Drogen war, bei dem sie ermittelte. Doch sie schwieg.
    Sie ging um den Toten herum und betrachtete dessen Gesicht, das unversehrt war. Es wirkte nicht verzerrt, sondern entspannt. Irgendwie überrascht. Die halb offenen Augen schienen durch sie hindurchzusehen, geradewegs in eine andere Welt.
    Er

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