Gartenschläfer: Der zweite Fall für Franca Mazzari (German Edition)
Parkplatz oberhalb des Laacher Sees. Die beiden Frauen hatten sich an diesem Sonntagvormittag zum Walken verabredet. Als Marie Franca kommen sah, stieg sie aus und winkte ihr zu.
»Wartest du schon lange?« Franca schloss die Tür ihres Alfas. Die Kälte ließ sie frösteln. Gut, dass sie die warme Fleecejacke mit der Kapuze angezogen hatte.
»Ich bin auch gerade erst angekommen.« Marie trug eine weiße Steppjacke und eine blaue Mütze, unter der ein paar schwarze Haarsträhnen hervorlugten. Ihre Wangen waren gerötet.
Marie inspizierte anerkennend den roten Alfa. »Schickes Auto fährst du.«
»Schick und ein wenig kränkelnd, mein Romeo«, meinte Franca, während sie die Carbonstöcke vom Rücksitz nahm. »Manchmal braucht er eine Weile, bis er in die Gänge kommt. Aber das ist ja nicht ungewöhnlich für Herren im fortgeschrittenen Alter.« Sie zog Handschuhe an und schloss die Klettverschlüsse der Schlaufen an den Stöcken. »So, wir können.«
Beide Frauen setzten sich in Bewegung. Die Stöcke klapperten auf der harten Erde. Ihre gleichmäßigen Bewegungen gewannen einen gewissen Automatismus und ließen den Gedanken freien Lauf. Franca ging einiges durch den Kopf. Die letzten Wochen waren nicht einfach gewesen. Doch damit wollte sie sich jetzt nicht beschäftigen. Schließlich war Sonntag, und eine Runde um den Laacher See war eine wunderbare Möglichkeit, den Kopf frei zu bekommen.
Ein schnaufender Jogger kam ihnen entgegen. Mittleres Alter, graue, kurzgeschorene Haare. Er trug ein eng anliegendes Sportdress, unter dem sich seine Körperformen deutlich abzeichneten. Auf seiner Stirn stand der Schweiß. Grußlos und ohne die beiden Frauen eines Blickes zu würdigen, keuchte er an ihnen vorbei.
»Auch einer von denen, die versuchen, ihrer Midlife-Crisis davonzulaufen«, meinte Franca mit Blick auf seinen Rücken.
Die kalte Luft nagte an ihren Wangen. Vor ihnen, zwischen kahlen, hohen Baumreihen, schimmerte der See in unterschiedlichen Blauschattierungen. Auf der linken Seite in einer Talsohle reihten sich Apfelplantagen aneinander, die von den Mönchen des Benediktinerklosters Maria Laach bewirtschaftet wurden.
Inzwischen hatten sie den asphaltierten Teil des Uferrundwegs erreicht. Beide Frauen blieben kurz stehen, um die Gummipfropfen auf ihre Stockspitzen zu stöpseln.
»Ich war schon lange nicht mehr hier«, sagte Franca und ließ ihren Blick schweifen. Während des Sprechens strömten weiße Atemwölkchen aus ihrem Mund. »Der See ist so schön, und er liegt so nah. Man sollte viel öfter herkommen. Hier fühlt man sich immer wie im Urlaub. Egal, welche Jahreszeit ist.«
Marie nickte lächelnd. »Das letzte Mal war ich mit Oliver hier. Das war im Sommer.«
Franca musterte sie. »Ihr hattet was miteinander, nicht wahr?«
»Merkt man das so deutlich?« Für einen Moment wich Marie Francas forschendem Blick aus.
»Warum ist es denn auseinandergegangen?«, wollte Franca wissen. »Er ist doch ein ziemlich attraktiver Mann.«
»Ja, attraktiv ist er schon. Und er hat zweifellos seine Vorzüge.« Marie zog ein Papiertaschentuch aus ihrer Jackentasche und putzte sich die Nase. »Ich war ziemlich verliebt in ihn. Aber irgendwann hab ich gemerkt, dass es nicht so ist, wie es sein sollte. Ich war es leid, den ständigen Frust hinunterzuschlucken und habe die Konsequenzen gezogen.«
»Ihr hattet nicht den gleichen Horizont. Das war nicht zu übersehen.« Franca nickte. »Hast du ihn verlassen?«
»Ja.« Marie seufzte. »Und das hat er nicht verwunden. Er war es gewohnt, derjenige zu sein, der bestimmt, wie lange eine Affäre dauert und wann sie zu Ende ist. Dass ich den ersten Schritt tat, wollte er lange nicht wahrhaben. In dieser Zeit hat er sich oft unmöglich benommen. Inzwischen ist es aber wieder besser geworden, und wir können ganz gut miteinander, sofern wir bestimmte Themen meiden.«
»Ich kenne ein ähnliches Kaliber«, sagte Franca und dachte an Fredy Geisen. »In meinem Fall war er es, der den Rückzieher gemacht hat. Und zwar direkt nach einem tollen Urlaub, den wir beide in Venedig verbracht haben. So ganz habe ich nie verstanden, weshalb. Er sei nicht bindungsfähig, meinte er nur lapidar. Merkwürdigerweise versucht er in letzter Zeit, sich wieder anzuschleichen. Das verstehe, wer will.«
»Ich glaube, es ist dieses Paradoxon: Sie bewundern starke Frauen, und gleichzeitig haben sie Angst vor ihnen. Aber zugeben würden sie das ums Verrecken nicht. Man könnte die taffen Cops ja für
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