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G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke

G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke

Titel: G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Ruff
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Gemeinde.«
    »Aber tatsächlich kam es ganz anders.«
    »Ja«, pflichtete Joan ihr bei. »Die Sache zog sich zu sehr in die Länge. Als der G.A.S. zu seinem ersten Testlauf eingeschaltet werden konnte, im Spätherbst 1966, war bei Disney bereits Lungenkrebs im Endstadium diagnostiziert worden. Am 5. Dezember, Walts fünfundsechzigstem Geburtstag, schickte John Hoover ein Telegramm ins St. Joseph's Flospital nach Burbank, in dem er Walt mitteilte, daß der >Pate< endlich funktionierte. Was man von Walt allerdings nicht mehr sagen konnte. Er starb zehn Tage später.«
    »Ohne einer Menschenseele etwas von dem Projekt erzählt zu haben«, fügte Kite hinzu. »Nicht mal seiner eigenen Frau.«
    »Wodurch John Hoover als alleiniger Hüter des leistungsfähigsten Computers - und, soweit wir wissen, der einzigen wirklich selbstbewußten Künstlichen Intelligenz - der Welt übrigblieb.«
    »Und Hoover war ein Soziopath.« .
    »Ein kleiner Charakterfehler, auf den Disney nie so richtig geachtet hatte. Was die Times im Nachruf schrieb, Hoover habe als Kryptologe bei der Nachrichtentruppe gearbeitet, stimmt nicht; es ist wahr, daß er sich als Kodeknacker beworben und die fachspezifischen Eignungstests mit fliegenden Fahnen bestanden hatte, aber beim MMPI, dem standardisierten klinisch-diagnostischen Persönlichkeitstest, war er voll durchgerasselt.«
    »Die Army schloß aus den Testergebnissen«, sagte Kite, »daß Floover zwar ein brillanter Kopf, aber auch ein Psychopath war, ohne jedes menschliche Einfühlungsvermögen und damit außerstande, dauerhafte Loyalitätsbindungen einzugehen.«
    »Nicht gerade die Sorte Mensch, die man an Geheimdokumente ranlassen würde. Die Army lehnte Hoovers Bewerbung ab. Aber Walt Disney bediente sich keiner ausgeklügelten Tests, um zu entscheiden, ob er jemanden einstellen sollte. Er sah auf den ersten Blick, daß Hoover genau die Art von Talent hatte, nach der er suchte, und merkte entweder nicht oder scherte sich nicht darum, was für ein geistesgestörtes Talent Hoover war.«
    »Nur um mich zu vergewissern, daß ichs richtig verstanden hab«, sagte Kite: »Regelrecht tun konnte G.A.S. doch nicht allzuviel, oder? Ich meine, körperlich ...«
    »Anfangs nicht. 1966 gabs die ausgedehnten Telefon-Com-puter-Netzwerke, die wir heute haben, noch nicht, also konnte G.A.S. nicht an Datenbanken der Regierung ran, konnte sich nicht in Bankrechner einschleichen und Guthaben manipulieren oder die Kontrolle über irgendwelche ferngesteuerten Maschinen übernehmen... Hoovers Tagebuch zufolge war die Peripherieausstattung der Iii überhaupt äußerst dürftig. Zwei Terminals, eins im Bunker, eins in Hoovers Wohnung in Anaheim, und zwei versteckte Kameras und Mikrophone, jeweils in Disneys privatem Vorführraum und in dem Speiseraum, aus dem später der >Klub wurde.«
    »So konnte er sich Filme ansehen, Leuten beim Essen zuschauen und sich mit John Hoover unterhalten.«
    »Und er konnte denken. Was, wie unsere Freundin drüben auf der Mikrowelle dir bestätigen wird« - Joan deutete mit einer Kopfbewegung auf Ayns Lampe -, »ausreicht, um die Welt zu bewegen. Hoover war davon überzeugt, G.A.S. sei der intelligenteste Kopf auf der Welt, und auch wenn das eine väterliche Uber-treibung ist, war er eindeutig intelligenter als sein Erzeuger. Und er, also Hoover, gab diesem Plasma-Hirn was zu tun.«
    »Mußte er ja«, sagte Kite. »Er hatte seinen Auftraggeber verloren.«
    »Eben. Nach dem Tod seines Bruders übernahm Roy Disney die Leitung der Organisation und machte sich augenblicklich daran, neue Saiten aufzuziehen, vor allem Walts ehrgeizigere Projekte zurückzustutzen. Als allererstes wanderte der Plan für ' die >Stadt von morgen< in den Papierkorb; das Epcot Center würde nie mehr als ein Schatten dessen werden, was Walt ursprünglich konzipiert hatte. Jede neue Kürzung brachte eine Welle von Umschichtungen, Beurlaubungen und Entlassungen, und John Hoover war nur ein mittlerer technischer Angestellter ohne besonderen Kündigungsschutz. Und die Tatsache, daß er so eng mit Walt zusammengearbeitet hatte, bedeutete in manchen Kreisen der neuen Disney-Hierarchie sogar einen eindeutigen Minuspunkt.«
    »Also mußte er sich schleunigst unentbehrlich machen ...«
    »... und er tats auch, indem er sich mit G.A.S.' Hilfe eine Flut von geldsparenden technologischen Innovationen ausdachte, die die Konstruktionskosten für Disney World um fast zwei Millionen senkten.«
    »Was ihn bei Roy Disney beliebter machte,

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