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G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke

G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke

Titel: G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Ruff
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Planung überließ er G.A.S.«
    »Sie machten sich ein Spiel daraus.«
    »Ein nihilistisches Spiel, Jeder Mord wurde als ein bizarrer Unfall inszeniert, der auf irgendeine Weise eine bestimmte Uberzeugung oder ein erklärtes Prinzip des Opfers verhöhnte. Ironischer Mord.« Joan schlug die Akte auf und blätterte eine Reihe von xerokopierten Zeitungsartikeln und Todesanzeigen durch.
    »Cetus Fleetwood und Dilmun Theroux, Krisenmanager bei der Disneyland-eigenen Wasser- und Energieversorgung. Freunde beschrieben sie als >Wochenend-Blumenkinder<; aus Umweltbewußtsein fuhren sie immer gemeinsam zur Arbeit, in einem VW-Mikrobus, der von oben bis unten mit pazifistischen und provegetarischen Stickern bepflastert war. Sie wurden von einem entlaufenen vietnamesischen Tiger getötet und verspeist, der sich irgendwie vom Zoo von L. A. bis zu ihrer Wohnung in Venice durchgeschlagen hatte ...« Joan blätterte um. »David Shenk-man, Qualitätskontrolleur der Disney-Buchhaltung. Ein überzeugter Baptist; wurde in der >20 000-Meilen-Lagune< ertrunken aufgefunden .. .John Tombes, Disney-Sicherheitsdienst. Angesehenes Mitglied der Nationalen Schützenvereinigung, wurde irrtümlicherweise für einen flüchtigen Wetterfrosch gehalten und von einem Hilfssheriffvon Orange County erschossen.«
    »>... da eine gut organisierte Bürgerwehr für die öffentliche Sicherheit in einem freien Staat unverzichtbar ist.. .<« zitierte Kite. Sie nahm Joan die Akte aus der Hand und blätterte ein paar Seiten weiter. »Das hier find ich noch am besten. Shelley Lacroix.«
    »Ist das die Psychologin?«
    Kite nickte. »Wurde 1978 eingestellt und mit der Aufgabe betraut, bei Disney-Mitarbeitern psychologische Tests durchzuführen, nachdem ein übergeschnappter Achterbahnfahrer, als Santa Anna verkleidet, versucht hatte, den Wilden Westen zu annektieren. Die Geschäftsführung wollte sichergehen, daß es sich dabei um keine ansteckende Form von Wahnsinn handelte. Dr. Lacroix brachte ein ganzes Arsenal von psychologischen Fragebögen mit, darunter auch eine aktualisierte Version des Tests, dem John Floover es zu verdanken hatte, daß die Army ihn nicht eingestellt hatte.«
    »Knapp drei Monate, nachdem sie ihre neue Stellung angetreten hatte, fuhr Dr. Lacroix eines Nachts nach der Arbeit auf einer kurvenreichen Nebenstraße heimwärts, als vor ihr plötzlich eine Gestalt aus der Dunkelheit auftauchte. Sie riß das Lenkrad herum und kam von der Straße ab; sie stürzte einen Abhang hinunter und kam ums Leben, und ihr jüngster Schub von Testauswertungen erfuhr eine rasche Überarbeitung.«
    »Die Ironie ist in dem Fall ziemlich schwer zu durchschauen«, sagte Kite. »Wie es scheint, hatte Dr. Lacroix während ihrer Studienzeit als Fingerübung eine psycho-literarische Analyse von T. S. Eliots Selected Poems durchgeführt (und in der Uni-Zeitung veröffentlicht), in der sie zu dem abschließenden Ergebnis gelangt war, die Gedichte seien >ganz offensichtlich das Werk eines kryptoautistischen Präsenilen mit pathologisch verzerrter Rea-litätswahrnehmung< gewesen.«
    »Als die Flighway-Streife Dr. Lacroix am nächsten Morgen fand, war nichts zu erkennen, was auf Fremdverschulden hingedeutet hätte; es sah so aus, als sei sie einfach am Steuer eingeschlafen und habe die Kontrolle über das Fahrzeug verloren. Das einzig Merkwürdige war eine Handvoll Stroh, das auf der Straße lag, nur ein paar Meter von der Stelle entfernt, wo sie über die Böschung gegangen war. Die Polizisten wunderten sich darüber, aber ohne Dr. Lacroix' Schilderung des wahren Unfallhergangs konnten sie nicht erraten, daß das Stroh aus der Gestalt stammte, die sie von der Fahrbahn gescheucht hatte.«
    »Eine Vogelscheuche«, sagte Kite. »Von John Hoover aufgestellt und anschließend wieder weggeschafft.«
    »Und so, wenn man sich darüber einen wirklich, wirklich üblen Kalauer leisten möchte«, sagte Joan, »könnte man sagen: Shelley Lacroix war -«
    »-von Eliots > ausgestopftem Mann< erledigt worden«, schloß Kite. »Trifft die Sache doch ziemlich genau, nicht?«
    »Zwischen 1971 und 1982«, fuhr Joan fort, »hatte die Disney-Verwaltung über hundert ironische Todesfälle zu beklagen. G.A.S. plante die Morde so geschickt, daß auf Hoover nie auch nur der Schatten eines Verdacht gefallen zu sein scheint.«
    »1983 dann«, sagte Kite, »entdeckte G.A.S. für sich ein neues Spiel.«
    »Das war das Jahr, in dem John Hoover den Horizont des Computers endlich erweiterte: Er

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