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G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke

G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke

Titel: G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Ruff
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näheren Einzelheiten wissen. Man kann jedenfalls sagen, daß es funktioniert hat: Das Nanovirus wurde so geschickt im Unterscheiden von Rassen und Un-terrassen, daß es imstande war, Schwarzafrikaner und deren Nachkommen auszurotten, ohne anderen dunkelhäutigen Völkern - vor allem dunkelhäutigen Weißen - irgendeinen Schaden zuzufügen.«
    »Allerdings hatte es eine seltsame Marotte«, sagte Kite. »Wenn es in den Organismus eines Menschen mit grünen Augen gelangte, schloß das Virus automatisch, der Betreffende sei kein Neger, selbst wenn er nach allen sonstigen Merkmalen eindeutig einer war. Und nicht nur das, sondern das Virusmolekül zerstörte sich dann augenblicklich selbst.«
    »Menschen mit der genetischen Kodierung »grüne Augen< konnten damit nicht einmal Uberträger der Seuche werden. Und das war kein Konstruktionsfehler, es war ein absichtlich in das Virus eingebauter Immunitätsfaktor. Hoover deutet das in seinem Tagebuch beiläufig an, gibt aber keinerlei Erklärungen dazu.«
    »Ich glaube, ich könnte mir einen möglichen Grund schon denken«, sagte Iiite, ging allerdings nicht näher darauf ein. Dann fuhr sie mit der Erzählung fort: »Zur Jahrtausendwende, oder kurz danach, war das Virus einsatzbereit.«
    »Aber Hoover und G.A.S. beschlossen, ihm noch eine weitere Raffinesse einzubauen, bevor sie es auf die Welt losließen.«
    »Eine Uhr.«
    »Einen Zeitzünder eigentlich«, sagte Joan. »Jedes Exemplar des Virusmoleküls enthielt die nanoskopische Entsprechung einer synchronisierten Schaltuhr. Die Seuche wußte immer, was die Stunde geschlagen hatte. So hatte sie die Möglichkeit, sich für eine Weile zu vermehren und unbemerkt auszubreiten, um erst zum vorher eingestellten Zeitpunkt plötzlich >aufzuwachen< und virulent zu werden.«
    »Und so scheinbar überall zugleich auszubrechen«, sagte Kite, »wie keine andere Seuche in der ganzen Menschheitsgeschichte.«
    »Und so hart und so schnell zuzuschlagen, daß keinerlei Hoffnung bestehen würde, ein Gegenmittel zu finden oder die Krankheit bis zu ihrem Ursprung zurückzuverfolgen.«
    »2002 flog Hoover mit einem Reagenzglas voll Viren (in seinem Rasierzeug versteckt) nach Paris, um der Zehnjahresfeier der Eröffnung von Euro Disney beizuwohnen - ein Gala-Ereignis, das Besucher aus jeder Ecke der Welt anzulocken versprach ...«
    »Aber mit typischer Ironie ließ Hoover den Erreger nicht etwa im Freizeitpark los. Statt dessen ging er damit zu einer Anti-Dis-ney-Kundgebung, die eine Vereinigung Pariser Intellektueller keine zwei Kilometer weiter veranstaltete - gallische Puristen, die zur Bezeichnung der Gefahr, die Mickymaus für die französische Haute culture darstellte, den Terminus »ästhetischer Ho-locaust< geprägt hatten.«
    »Der Hauptredner war ein Professor für Semiotik namens Alain Broussard ...«
    »... dessen Großonkel während des Zweiten Weltkriegs für das Vichy-Regime als Judenfänger gearbeitet hatte. Hoover stellte sich mit dem Wind im Rücken vor den muschelförmigen Musikpavillon, den Broussard als Rednerbühne benutzte, und ließ den Korken seines Reagenzglases knallen. Als die Kundgebung sich eine Stunde später in einen Protestmarsch verwandelte, trugen die Gegner des »ästhetischen FIolocausts< die Seuche an die Pforten des Magischen Königreichs - und infizierten Sicherheitsbeamte, Kartenabreißer und Touristen aus sechs Kontinenten.«
    »Das Virus fing an, sich zu vermehren und auszubreiten.«
    »G.A.S. hatte geschätzt, das Nanovirus würde zwei Jahre benötigen, um von seinem Ausgangspunkt in Paris bis zu den entlegensten menschlichen Ansiedlungen zu gelangen«, sagte Joan. »Hoover verbrachte die Interimszeit in den Staaten und versuchte derweil, einen Geldgeber für seine neuste Erfindung zu interessieren, den Selbstmotivierenden Androiden ...«
    »Aus juristischen Gründen«, sagte Kite, »war er gezwungen, dem Disney-Konzern ein Vorkaufsrecht einzuräumen - und eine Beteiligung am Patent anzubieten. Aber er hatte sich innerlich immer mehr von Disney gelöst; offenbar konnte er so viele Bosse und Funktionäre um die Ecke bringen, wie er wollte - die Bürohengste starben nicht aus und machten ihm das Leben in der Organisation immer unerträglicher.«
    »Er wollte raus«, sagte Joan, »also sabotierte er die Markttestsimulation seiner eigenen Erfindung; Er reichte einen mangelhaften Konstruktionsplan ein und legte sich mit dem Team der Verbraucherforscher an, das mit ihm zusammenarbeiten sollte. Gleichzeitig

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