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G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke

G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke

Titel: G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Ruff
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Wissenschaftler mit - einen von der Union Carbide Corporation, einen von einer Firma, die Auf-träge der Umweltschutzbehörde ausführte. Sie dürfen selbst raten, wer von uns wen anheuerte.«
    »Und was haben Sie auf dem Schulgelände festgestellt?« fragte Ayn.
    »Wir sind überhaupt nicht so weit gekommen«, sagte Joan. »Es war gar nicht nötig. Wir fuhren an einem Wochenende hoch; es war um dieselbe Zeit des Jahres wie jetzt, ein paar Wochen vor Thanksgiving, aber der Winter hatte früh angefangen, und es lag Neuschnee. Da führen wir also durch diese Weihnachtskartenlandschaft, alles mit jungfräulichem weißem Schnee bedeckt, wirklich schön, nur daß es zu ruhig war. In den meisten Häusern war es dunkel, und viele Fenster waren mit Brettern zugenagelt. Und dann, vielleicht, einen Kilometer vor der High-School, haben wir diese Bäume am Straßenrand gesehen ...«
    »Tote Bäume?«
    »Nein, gesunde Bäume. Das war ja das Seltsame; Diese Bäume waren so gesund, daß sie ausschlugen, neue Blätter trieben. Im November. Bei Frostwetter.« Gedankenlos steckte sich Joan im jetzt leeren Salonwagen eine Zigarette an. »Bäume spüren die Außentemperatur durch ihre Wurzeln, wußten Sie das? So erkennen sie, was für eine Jahreszeit es gerade ist; wenn der Boden im März oder April wärmer wird, dann ist es für sie das Zeichen, daß der Frühling gekommen ist.
    Na, und diese Bäume hatten sich täuschen lassen. Es waren drei, sie standen in einer Grünanlage an der Ecke eines Wohnblocks, und rings um sie herum war der ganze Schnee weggeschmolzen; grünes Gras schoß in die Höhe, ein ordentliches rundes Stück Wiese. Unsere Wissenschaftler stiegen aus dem Auto, um sich die Sache näher anzusehen, und es stellte sich heraus, daß die Bodentemperatur auf diesem Fleck sechsundvierzig Grad betrug. Das Gras und die Bäume glaubten, es sei Sommer. Aber natürlich war nur der Boden so warm; auf den Zweigen der Bäume lag weiterhin Schnee, und die Blätter erfroren, noch bevor sie sich ganz entfaltet hatten.
    Der Wissenschaftler von Union Carbide sagte, es könne alles sein, vielleicht ein geplatztes Abwasserrohr, vielleicht eine undichte Gasleitung. Der Typ von der Umweltbehörde meinte, der erwärmte Fleck sei einfach zu groß, das könne unmöglich ein
    Rohrbruch verursacht haben - er sagte, es müsse an irgendeiner chemischen Reaktion liegen, die im Erdreich selbst ablief, und ein paar Bodenproben würden wohl genügen, um zu ermitteln, was für Chemikalien im Spiel waren - und, wenn sie giftig waren, woher sie vermutlich stammten. Aber dann platzte Clayton dazwischen und sagte, er sehe nicht ein, wozu Bodenproben nötig sein sollten, da die Chemikalien doch offenkundig ungiftig seien - die Bäume lebten, oder? -, und ich sagte, wenn er wirklich davon überzeugt war, dann sollte er zum Beweis ein bißchen Erde essen.
    Plötzlich wurde mir bewußt, daß Harry sich aus der Diskussion heraushielt, und ich drehte mich um, um zu sehen, was er trieb. Er stand, etwas abseits, ganz ruhig da, starrte einfach die Bäume an und hatte so einen Ausdruck im Gesicht... und ich erkannte diesen Ausdruck wieder. Sie können mir glauben, daß ich ihn erkannte; es war der Ausdruck, der besagte, daß ihm gerade wieder eine klasse Idee gekommen war. Und es dauerte nur einen Augenblick, bis ich mir denken konnte, worin diese Idee bestand ...
    Da standen wir also an dieser vergifteten Straßenecke, in einer Wohngegend, wo früher Kinder gespielt hatten, wo sie vielleicht schon bald wieder spielen würden, wenn Clayton seinen Kopf durchsetzte, und alles, was Harry dazu einfiel, war: »Mann, wenn wir das irgendwie verpacken könnten!«
    Ayn verstand nicht. »Das Grundstück verpacken?«
    »Nein«, sagte Joan, »den Effekt. Die Wirkung. Blühende Bäume im Winter. So in dem Sinne: »Könnte man nicht ein erschwingliches Gerät bauen, ein Heizelement, das die Leute im Garten vergraben können, wenn sie mal Lust haben sollten, Silvester mit einer Grillparty unter sprießenden Bäumen zu feiern? Wär das nicht hübsch?<« Sie stieß einen langen Seufzer aus. »Ich war nicht mal wütend, nicht richtig. Ich war nur... müde. Ein, zwei Monate früher hätte ich das wahrscheinlich mit einem Achselzucken abgetan und gesagt: Na ja, das ist eben Harry, wie er leibt und lebt. Aber ich hatte wohl meine Grenzen erreicht. Neun Jahre ... selbst College-Dozenten bekommen schon nach sieben ein Freisemester, und die klasse Ideen, mit denen «'«sich herumschlagen

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