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G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke

G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke

Titel: G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Ruff
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die Sache hineingeraten wie die Bürger von Gate's Bend«, sagte Joan. »Auf sträflich fahrlässige nämlich. Im Rahmen des gerichtlichen Vergleichs hatte sich das Chemieunternehmen bereit erklärt, das Plessy-Falls-Gelände zurückzunehmen und fachgerecht entgiften zu lassen. Aber dann hörte die Firma auf zu existieren, und das Großreinemachen fiel aus. Die vergiftete High-School wurde lediglich eingezäunt und verlassen. Gate's Bend verfiel zu einer Geisterstadt.
    Dann, ungefähr zwölf Jahre später, nachdem die Plessy-Falls-Story so lange nicht mehr in den Medien aufgetaucht war, daß mit Ausnahme der Rrebsstatistik sie jeder vergessen hatte, kam Harry Gant auf der Suche nach einer billigen gebrauchten Fabrik in die Gegend. Harry hatte eine klasse Idee für eine neue Produktreihe gehabt - durchsichtige Toaster: Toaster, durch deren Seitenwände man sehen konnte, wann das Brot anfing, schwarz zu werden -, und er hatte munkeln hören, im Norden des Staates stehe ein Chemiewerk ungenutzt herum. Nicht ganz die richtige Fabrikanlage, um Haushaltsgeräte herzustellen, aber der Preis war nicht zu schlagen, also griff er zu.«
    »Hat er denn nicht nachgeforscht, warum die Fabrik nicht mehr genutzt wurde?«
    »Nun, er hätte es tun sollen - irgend jemand hätte es tun sollen -, aber andererseits sind herrenlose Immobilien seit der Pandemie nicht gerade selten, also zog Plarry den naheliegenden Schluß. Und wie gesagt, der Preis war nicht zu schlagen: Alles, was Gant Industries für die Übernahme einer pan-demiebedingt verlassenen Immobilie von Gesetz wegen tun mußte, war, die rückständige Grundsteuer und eine Bearbeitungsgebühr zu zahlen. Was wir auch getan haben; und buchstäblich am Tag nach der Eigentumsübertragung stieß jemand in Gants Rechtsabteilung auf einen Zeitungsausschnitt über den alten Plessy-Falls-Skandal.«
    Der Zug fuhr, stark abbremsend, in Grand Central ein; Joan legte eine Hand auf die Pistole, die auf ihrem Schoß lag, damit sie nicht hinunterrutschte. Dann fuhr sie fort: »Und so entpuppte sich das Bombengeschäft als so bombig wieder nicht. Gant war, ohne etwas zu ahnen, zum Eigentümer eines toxischen Alptraums geworden.«
    »Aber es war nicht Gants Alptraum«, wendete Ayn ein.
    »Die Eigentumsurkunde war da anderer Meinung«, erwiderte Joan. »Ganz zu schweigen vom guten alten Rechtsgrundsatz »Augen auf, Kauf ist Kauf<.«
    »Aber es war doch die Chemiefirma, die ihrer Verpflichtung, Plessy Falls zu säubern, nicht nachgekommen war, also -«
    »Welche Chemiefirma? Es gab überhaupt keine Chemiefirma mehr. Als rechtliche Einheit hatte sie aufgehört zu existieren, und ihre ehemaligen Direktoren hatten sich allesamt abgesetzt und genossen einen behaglichen vorzeitigen Ruhestand in Palm Springs und auf den Florida Keyes. Und Sie können mir glauben, daß wir fest entschlossen waren, sie ausfindig zu machen, aber das würde Zeit und Anwaltsgebühren kosten, und selbst wenn wir es geschafft hätten, ihnen noch den letzten Cent aus der Tasche zu klagen - was nicht sehr wahrscheinlich war -, hätte das Geld wahrscheinlich nicht gereicht, um die Gesamtkosten einer fachgerechten Entsorgung und Sanierung zu decken.«
    »Warum? Wie teuer konnte das mit unseren modernen technischen Möglichkeiten schon werden!«
    »Über den Daumen gepeilt? Drei-, vielleicht vierhundert Millionen.«
    »Dollar?«
    »Natürlich. Und das auch nur unter der Voraussetzung, daß die Säuberungsmaßnahmen unverzüglich in Angriff genommen wurden; bei Industrieabfällen gilt die Regel: Je länger man wartet, desto höher steigt der Preis. Was ein weiterer Faktor war, den wir berücksichtigen mußten: Der Giftmüll wartete nicht etwa darauf, daß wir zu einer Entscheidung kamen. Die Eisenfässer rosteten munter weiter vor sich hin, die Lehmummante-lung löste sich immer weiter auf und ließ immer mehr Chemikalien in den Boden und in das Grundwasser sickern, wodurch das \ Gift sich noch weiter ausbreitete ... und die Leute hatten angefangen, nach Gate's Bend zurückzukehren.«
    Der Zug war im Bahnhof zum Stehen gekommen. Die Fahrgäste stiegen schon aus, aber Joan blieb sitzen und beobachtete den Bahnsteig durch das Fenster. »Wie Sie sich vorstellen können«, sagte sie, »brach bei Gant eine Riesendebatte darüber aus, was die richtige Vorgehensweise unsererseits sei. Icl^ vertrat die Ansicht, okay, wir sind bös reingerasselt, das ist eine saudumme Sache, aber wir wollen uns jetzt wie verantwortungsbewußte Erwachsene

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