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G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke

G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke

Titel: G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Ruff
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Hochgiftigen karzinogenen chemischen Abfällen, in über zweihundert Geschmacksrichtungen, alle fein säuberlich in nichtrostbeständige eiserne Zweihundertliterfässer abgefüllt.«
    »Karzinogene?« sagte Ayn. Sie zog demonstrativ an ihrer Zigarettenspitze. »Sie meinen angeblich krebsverursachende Stoffe?«
    Es dauerte ein paar Augenblicke, bis Joan begriff. »Moment mal«, sagte sie. »Sie werden mir doch nicht etwa erzählen wollen, daß Sie den Bericht des Gesundheitsministeriums über die
    Schädlichkeit des Rauchens noch immer nicht akzeptieren? Oder doch?«
    »Statistische Ergebnisse - und nur auf solche stützte sich dieser Bericht - sind keine wissenschaftlich exakten Daten«, sagte Ayn Rand. »Sie stellen keinen objektiven Beweis dar.«
    »Nein? Was stellt denn einen solchen Beweis dar?«
    »Rationale Beobachtung. Die Beobachtung eines eindeutigen Kausalnexus.«
    »Sie meinen, wie wenn eine russische Philosophin fünfzig Jahre lang täglich zwei Päckchen raucht und Sie dann beobachten, daß ihr ein krebszerfressener Lungenflügel herausgeschnitten wird? Die Art von Kausalnexus?«
    »Während dieser fünfzig Jahre sind eine Menge Dinge passiert«, konterte Ayn herablassend. »Der Mond zieht jeden Tag über den Himmel. Wenn Sie sich auf unwissenschaftliche statistische Gegenüberstellungen stützen wollen, warum dann nicht gleich das für meinen Krebs verantwortlich machen?«
    »Weil Sie den Mond nicht eingeatmet haben«, erwiderte Joan. »Mondlicht enthält keine bekannten Gifte wie Nikotin und Zya-nid, und man kriegt auch keinen Hustenanfall, sobald man mit ihm in Berührung kommt. Wenn man einer Ratte den Rücken rasiert und sie über Nacht im Freien läßt, bekommt sie davon keinen Hautkrebs, wohl aber wenn man sie mit Zigarettenteer einpinselt -«
    »Erzählen Sie Ihre verdammte Geschichte zu Endel« fauchte Ayn.
    »Liebend gern«, sagte Joan mit einem begehrlichen Blick auf die Hologramm-Marlboro, die in Ayns Zigarettenspitze stak. »Mitte der sechziger Jahre war Plessy Falls völlig trocken und bis an den Rand voll mit Giftmüllfässern. Die Unternehmensleitung ließ die Fässer mit einer Lehmschicht ummanteln, auf den Lehm Unmengen Erde kippen, das Ganze mit Gras und Büschen bepflanzen, damit es auch hübsch aussah, und verkaufte dann 1975 die ganzen zehn Hektar an die Gemeinde Gate's Bend für den symbolischen Preis von einem Dollar. Der Vertrag enthielt eine Klausel, die dem Käufer die uneingeschränkte und unbefristete Verantwortung für das Grundstück übertrug. Da war auch ein Absatz, der besagte, auf dem Gelände seien »indu-strielle Nebenprodukte« vergraben worden, über Art und Menge derselben aber keinerlei Angaben machte. Die Stadträte von Gate's Bend stellten keine Fragen; sie griffen zu und bauten auf dem Gelände eine Pligh-School und einen Sportplatz.
    Ungefähr zwanzig Jahre lang war alles in bester Ordnung. So lange brauchte die Bodenfeuchtigkeit, um durch die Lehmum-mantelung zu dringen und erste Rostlöcher in die Eisenbehälter zu fressen. Dann fingen die Schüler plötzlich an, krank zu werden: unerklärliche Kopfschmerzen, Hautausschläge, Augenreizungen, Atembeschwerden, nervöse Störungen, Immunschwächekrankheiten und eine ganze Latte weiterer Symptome; die Zahl der neuen minderjährigen Mütter ging abrupt zurück, aber nicht weil die Minderjährigen aufgehört hätten, schwanger zu werden, sondern weil die Fehlgeburtsrate in die Höhe schoß - was wahrscheinlich sogar ein Segen war. Und die Lehrer, die das Schulgelände früher betraten und später verließen als die Schüler, waren sogar in einer noch schlechteren Verfassung als die Jugendlichen.
    Plessy Falls High wurde geschlossen, wiedereröffnet und noch einmal geschlossen. Das Chemieunternehmen hatte seine Spuren so gut verwischt, daß die ganze Geschichte erst drei Jahre und neunundvierzig Zeugenvorladungen später ans Licht kam. Die erste Klage wurde 1998 eingereicht, und der Rechtsstreit schleppte sich bis in die nuller Jahre hin. Schließlich machte die Firma Bankrott und meldete den Konkurs an, was für die Stadt einen Pyrrhussieg bedeutete, da die Fabrik der wichtigste Wirtschaftsfaktor im ganzen Umkreis gewesen war. Und so endete es damit, daß auch Gate's Bend den Konkurs anmeldete.«
    »Sehen Sie?« sagte Ayn Rand. » Deswegen sollten Schulen grundsätzlich in Privatbesitz sein ... Aber fahren Sie fort. Wie ist Gant Industries in die Sache hineingeraten?«
    »Gant Industries ist auf dieselbe Weise in

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