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G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke

G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke

Titel: G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Ruff
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verfügten), ein Klappbett, eine Kollektion von herzförmig gerahmten Porträts und, im Augenblick, den Familienfernseher, der ein Mobilgerät war und, wenn nicht in Gebrauch, von Zimmer zu Zimmer schlenderte. Zwei Elektro-Mistkäfer zogen gleichfalls regelmäßig ihre Runden durch die Wohnung, wobei sie - in Ubereinstimmung mit Lexas Philosophie, die beste Form von Haushalt sei ein Haus, daß sich selbst in Ordnung halte - Staub und Schmutzpartikel auflasen und beseitigten. Zwei große Fenster ließen frische Luft und Licht herein: New Bedford-Stuyve-sant war klimareguliert, deshalb wurde es da nie kälter als in einer lauen Mittsommernacht.
    Während Lexa einen Beitrag für die nächste Wochenausgabe des LongDislance Call zusammenstellte, diskutierte ihre Tochter Rabi mit dem Fernsehgerät. Es war kein Gant Portable, sondern ein altmodischer Sony Animan, ein ig-Zoll-Bildschirm auf Teleskopbeinen aus blankem Messing. Lexa hatte ihn mit einer Personality-Platine aufgerüstet - eine kostspielige Anschaffung, die indes, wie sie fand, ihren Preis wert war, denn sie nahm ihr die lästige elterliche Aufsichtspflicht ab. Für Rabi gab es keine speziell verbotenen Sendungen, aber wann immer sie das Gerät einschaltete, wurde sie mit Sokrates' computergeneriertem Persönlichkeitsmuster konfrontiert, das von ihr verlangte, daß sie ihre bestimmte Programmwahl rechtfertigte.
    »Meine treffliche Rabi«, begrüßte sie Sokrates heute, »wie immer bin ich begierig, am Schatz deiner Weisheit teilzuhaben. Es ist jetzt ein Uhr mittags eines gewöhnlichen Werktages, eine Zeit, zu welcher sich die meisten Siebenjährigen normalerweise in der Schule aufhalten sollten, und dennoch sitzest du im elterlichen Hause ...«
    »Ich habe die Windpocken«, sagte Rabi und hielt einen rotgesprenkelten Arm hoch. »Siehst du?«
    »Um so mehr verlangt es mich danach, von dir belehrt zu werden. Dein Leiden, göttliche Rabi, hindert dich daran, der Erziehung teilhaftig zu werden, für deren Vermittlung der Staat so viele Opfer gebracht hat und bringt. Viele Mägdelein und Knallen würden, in deiner Lage befindlich, der Ruhe pflegen, auf daß sie um so eher genäsen, oder aber sie läsen, um den Stand ihres Wissens zu halten, wo nicht gar zu verbessern, oder aber sie nutzten den Umstand, daß auf Kanal 13 in Kürze die heutige Folge der Sesamstraße beginnt. Du jedoch, meine Rabi, hast statt dessen den - ohne Zweifel durch den schlüssigsten Gedankengang begründeten - Entschluß gefaßt, gewalttätige Zeichentrickfilme zu betrachten, in denen Kaninchen, Coyoten und Erdkuckucke Steinblöcke aufeinander fallen lassen. Wenn du mir nun gestattetest, an deinen Überlegungen teilzuhaben, so daß ich hinaus auf den Marktplatz gehen und vor anderen Kindern des Dreistaatenecks deine Klugheit und Tugend rühmen könnte -«
    »Weißt du, was ich neulich gelesen hab?« unterbrach ihn Rabi. »Und ganz von selbst, ohne daß wir's aufhatten? Ein Buch über griechische Mythologie: was es anstelle von Cartoons gab, als du sieben warst. Und weißt du, was da drin stand? Dieser Gott Kronos hat eine Sichel genommen und damit seinen Vater impotent gemacht. Impotent. Ist das nun besser oder schlechter, als wenn ein Coyote einen Steinblock auf den Kopf kriegt?«
    Lexa blendete die Debatte mit Hilfe von Kopfhörern aus und forderte ihren Computer auf, das Programm SumpPumpGra-phics zu starten. »Geladen«, antwortete der Rechner und zeichnete auf seinem Hauptmonitor Comicversionen der sieben demokratischen Präsidentschaftskandidaten, die wie zu einer Debatte um einen Tisch herum saßen. Als Lexa die Manuskripte der verschiedenen Wahlkampfreden in einen Flachbettscanner schob, erschienen über den sitzenden Figuren Sprechblasen, deren Größe dem Wortreichtum der jeweiligen Rede entsprach. Die größte Sprechblase schwebte über Preston Hackett, einem opportunistischen Außenseiter, der zu unterschiedlichen Gelegenheiten behauptet hatte, aus achtzehn verschiedenen Staaten gebürtig zu sein - darunter auch Belgien, das offenbar in die Union aufgenommen worden war, als gerade keiner hinguckte.
    »Jätfunktion aktivieren«, sagte Lexa.
    »Jätfunktion aktiviert. Durchschnittliche Redelänge bei Start beträgt dreitausend, sechshundert und siebzehn Wörter.«
    »Begrüßungen, Witze und unnötige historische Anekdoten ausjäten. Desgleichen Zitate und Statistiken, die nicht unmittelbar der Stützung einer politischen Aussage dienen. Desgleichen Platitüden und falsche

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