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G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke

G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke

Titel: G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Ruff
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Nimm dich vor den Negern in acht, Joan. Hörst du mir zu?«
    »Mom«, keuchte Joan, die es endlich geschafft hatte, sich wieder aufzurichten. »Mom, was tust du da eigentlich mit den Schlüsseln vom heiligen Petrus?«
    »Ach, das. Nachdem Judy und ich hier angekommen waren, hat's geringfügige personelle Veränderungen gegeben. Meinungsverschiedenheiten mit dem Management. Es hätte leicht unerfreulich werden können, wie bei dieser Geschichte in Rom, aber am Ende sind wir doch zu einer einvernehmlichen Einigung gelangt.« Sie senkte die Stimme und fügte hinzu: »Die Jungfrau Maria hat für uns Partei ergriffen.«
Ein Jobangebot
    Das East River General war an einer Pier unweit der Brooklyn Bridge festgemacht. Das ehemalige Gefängnisboot war während der Pandemie von 04 zu einem kombinierten Kranken- und Leichenschauhaus umfunktioniert worden und diente jetzt als Mehrzweck-Auffangbecken für den in anderen städtischen Einrichtungen chronisch herrschenden Patienten- und Totenüberschuß. Die besondere Lage des Krankenhauses motivierte seine lebenden Insassen dazu, so schnell wie möglich zu genesen: Der East River galt, wenigstens an seinen verschmutzteren Tagen, als hochgradig feuergefährlich.
    Als Joan erwachte, zog ein Gemisch aus gefilterter Luft und Desinfektionsmitteln in ihre Nase; vor dem vergitterten Fenster ihres Zimmers erstickte ein vorbeifliegender Vogel gerade im braunen Smog.
    »Geträumt?« fragte Lexa, die neben dem Bett auf einem Stuhl saß.
    »Geträumt«, stimmte Joan benommen zu. Sie sah, daß ihre Beinverletzung verarztet worden war, während sie mit ihrer Mutter geplaudert hatte. »Und, was gibt's für Schäden?«
    »Kaum der Rede wert. Deine Arztin will später noch eine Blutuntersuchung machen, aber sie meint-«
    »Der Sachschaden«, sagte Joan. »Was hab ich in der Kanalisation angerichtet?«
    »Naja«, sagte Lexa, »leider war's nicht einfach nur eine Methanexplosion. Wie's scheint, waren auch die Abwässer selbst heute in leicht aufbrausender Stimmung.« Sie las von der Liste ab, die Betsy Ross für sie ausgedruckt hatte. »Zwei Gebäudefundamente unterhöhlt, ein Tunnel teilweise eingestürzt, für weitere fünfzigtausend Dollar - ich zitiere - >kosmetische Schäden<, und dein Patrouillenboot sieht so aus, als hättest du es in der Picasso-Werft gekauft. Abgesehen davon treiben noch immer einzelne Feuerpfützen unter der Insel herum, und...« Sie nickte in Richtung Fenster.
    »Ich hab den Fluß in Brand gesteckt? Den gottverdammten Fluß in Brand gesteckt?«
    »Der Hudson«, sagte Lexa zu ihr, »soll gleichfalls schwelen. Ich möcht ja nicht unhöflich sein, Joan, aber wenn du eine richtige Märtyrerin sein möchtest, dann wäre das traditionelle Prozedere, daß du jemand anderen dazu bringst, dich abzufackeln. Selbstgezündet gilt nicht.«
    »Ich will ne Zigarette.«
    »Damit hatte ich gerechnet.« Lexa reichte Joan ein Päckchen Marlboro Filter, ein Briefchen Streichhölzer und eine zerbeulte Goladose als Aschenbecher. Das Aufflammen des Streichholzes löste das im Zimmer installierte Karzino-Frühwarnsystem aus: Am Fußende des Bettes erschien das Hologramm eines verärgerten John Wayne, der mit dem Finger drohte.
    »Nun aber, Ma'am«, rügte Wayne, »Sie werden doch nicht so dumm sein. Im Krankenhausbereich ist es absolut verbo- «
    Lexa zog den Stecker des Rauchdetektors heraus. Wayne löste sich mitten im Satz in nichts auf. »So.«
    »Weißt du was?« sagte Joan. »Heute morgen hat mir eine Schwarze das Leben gerettet. Eine echte, glaube ich, keine Elektro.«
    Lexa sah nicht weiter überrascht aus, aber andererseits sah sie fast nie so aus. »Interessant«, war alles, was sie dazu sagte. »Warum meinst du, daß sie ein Mensch war?«
    »Naja, also erst einmal war sie in der Kanalisation, und ich weiß mit Sicherheit, daß sie nicht zur Behörde gehörte. Und sie war schwarz, ich meine, richtig schwarz. Die dunkelsten Standarddiener sind nur mittelbraun.«
    »Mm-hmm«, sagte Lexa, während sie etwas auf den Computerausdruck kritzelte. »Du weißt doch, warum das so ist, oder?«
    »Natürlich. Die Marktforschungsabteilung der Öffentlichen Meinung ist zu dem Ergebnis gelangt, daß eine dunklere Hautfarbe Kinder erschrecken würde. Also, außer Harry hat ein Spe-zialmodell gebaut, es in eine Rüstung gesteckt und aus Versehen in einen Gully fallen lassen, glaube ich nicht, daß diese Frau mit Batterien lief. Und noch eins, sie hatte grüne Augen.«
    »Grün?« sagte Lexa. »Hast du

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