G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke
Waffenstillstandsverhandlungen aus dem Konflikt herauszuhalten.
Maxwell wurde an die entlang der gebirgigen Grenze zwischen Kamerun und Nigeria verlaufende Westfront geschickt. Der alliierte Schlachtplan sah einen von See her erfolgenden Angriff auf das Nigerdelta und die anschließende Befreiung der nigerianischen Erdölfelder und Kohlengebiete vor. Die für die Invasion veranschlagten Verlustzahlen waren erheblich gewesen, aber die Intervention einer höheren Gewalt machte den Strategien im letzten Augenblick einen Strich durch die Rechnung. Der unerwartete Ausbruch des Kamerunberges wurde irrtümlich für einen Nuklearschlag der Liga gehalten; die Alliierten reagierten prompt mit dem Abwurf von FRED (einer Friedenstiftenden Radioaktivität-Erhöhenden Defensivwaffe) auf die nigerianische Metropole Lagos. Dies hatte zur Folge, daß das Oberkommando der Heeresgruppe West der Nordafrikanischen Liga fast vollständig ausradiert wurde und die stationierten Truppen (die in Wirklichkeit überhaupt keine Nuklearwaffen besaßen) panikartig die Flucht ergriffen. Die alliierte Marineinfanterie landete, ohne auf irgendwelchen Widerstand zu stoßen, und hatte binnen einer Woche das ganze Land samt seiner Nachbarstaaten Benin, Togo, Ghana und Burkina Faso besetzt.
Maxwell kam mit der ihm unterstellten Panzerbesatzung nach Port Harcourt, wo er, während die Bedingungen für die nordafrikanische Kapitulation ausgehandelt wurden, eine Ölraffinerie bewachen sollte. Einen so unblutigen Sieg errungen zu haben störte ihn nicht weiter - wie den meisten Soldaten war es ihm nur recht, wenn sich Kampfhandlungen vermeiden ließen aber in einer Hinsicht war der Krieg doch eine große Enttäuschung gewesen: Maxwell vermißte die dankbaren Jubelrufe einer befreiten Zivilbevölkerung. Das postpandemische Nigeria besaß keine nennenswerte Bevölkerung mehr, und die paar eingeborenen Weißen waren nach der in Lagos erfolgten Erhöhung der Radioaktivität in keiner rechten Jubelstimmung. Maxwells Hoffnungen, im Fronturlaub ein paar hübsche Tiervideos aufnehmen zu können, zerschlugen sich gleichfalls, als aus Uganda die Nachricht kam, daß das letzte weiße Nashorn der
Welt versehentlich von einer abgetriebenen Mittelstreckenrakete in Mitleidenschaft gezogen worden sei.
Mutlos saß Maxwell auf seinem Panzer vor dem Tor der Raffinerie und träumte von den herrlichen Safaris des neunzehnten Jahrhunderts, als Afrika noch ein so richtig invasionsfreundlicher Erdteil gewesen war. Vielleicht beschworen solche nostalgischen Gedanken das Unglück herauf, denn eines Abends erschien Maxwell ein schwarzer Mann: erschien ganz unvermittelt, wie ein Gespenst, das zwischen den Reihen aufeinanderge-stapelter rostiger Fässer, die die Zufahrtsstraße zur Raffinerie säumten, lautlos hervorglitt. Der Schwarze war lang und dünn wie eine Bohnenstange, und seine Augen blitzten wie grüne Rasiermesser im Sonnenuntergang. Maxwell hätte nicht verblüffter sein können, wenn ein weißes Rhinozeros zu einem Pläusch-chen herangeschlendert wäre. Aber der Schwarze war nicht zum Plaudern gekommen. Zu spät begriff Maxwell, daß das lange Rohr, das der Fremde in den Armen hielt, kein traditionelles Eingeborenengeschenk war, sondern eine Panzerfaust.
»Hey, nicht«, sagte Maxwell und griff nach seinem Gewehr.
Die Rakete zerfetzte den Rumpf des Panzers einschließlich zweier von Maxwells Männern, die im klimatisierten Innenraum Poker gespielt hatten; ein seitlich abstehender Teil des Turms und ein seitlich abstehender Teil von Maxwell wurden glatt abrasiert. Er wachte eine Woche später im Rot-Kreuz-Lazarett in Pretoria wieder auf, wo ein rotbackiger Burenleutnant ihm erzählte, nichtidentifizierte Saboteure hätten die Raffinerie vollständig niedergebrannt.
Er hatte sein rechtes Bein bis zum Hüftgelenk und den größten Teil seines Urogenitalsystems verloren, aber sein linkes Bein war, abgesehen von der großen Zehe, intakt geblieben. »Äußerst asymmetrisch, Max«, meckerte der behandelnde Stabsarzt, »da werden wir wohl was unternehmen müssen.« Der Arzt ersetzte sein abhanden gekommenes Glied durch eine Chrysler-Prothese, ein elektronisch gesteuertes Bein, das zwar ziemlich ungefüge, dafür aber im Oberschenkel serienmäßig mit einem verschließbaren Kühlfach ausgestattet war, das ausreichend Platz für Erdnüsse und ein Bier bot. Maxwells linker Fuß bekam eine Stahlzehe; seine ruinierte Schrittgegend wurde mit einem
Automatischen Skrotum bestückt,
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