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G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke

G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke

Titel: G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Ruff
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Leuchtturmküche Rühreier freilaufender Hühner, während Lexa, Philo und Rabi am Wohnzimmertisch bei Kaffee und Orangensaft saßen. Lexa hatte letzte Nacht Betsys Autoradio mit hereingenommen (der Volkswagen und Ellens Amphibien-Citroen parkten unter Wasser auf dem Riff, die Lauscher nach nahenden Küstenwachbooten gespitzt und bereit, jederzeit aufzutauchen), so konnten sie sich die Live-Ubertragung aus Grand Central anhören.
    »... die Terroristen konnten offenbar unerkannt entkommen, obwohl die Sicherheitskräfte noch immer den ausgehenden Zugverkehr aufhalten und eine gründliche Durchsuchung des Bahnhofgeländes vornehmen. Bislang ist noch keine offizielle Stellungnahme an die Presse abgegeben worden, aber nach dem zu schließen, was wir am Rand aufschnappen konnten, scheint eine nichtidentifizierte Eingeborenenrechtsgruppe eine geheime Militärsendung, möglicherweise den Prototyp eines neuartigen Waffensystems, abgefangen zu haben. Im Einklang mit unserer antipanikmacherischen Berichterstattungspolitik sollte ich an dieser Stelle sagen, daß keinerlei Indizien dafür vorliegen, daß die sich im Bahnhofsbereich aufhaltenden Personen im Verlauf des Diebstahls irgendwelchen Strahlen, biochemischen Kampfstoffen oder bewußtseinsverändernden Substanzen ausgesetzt gewesen wären. Jedenfalls weist nichts daraufhin, daß die Behörden planen würden, eine Quarantäne über den Bahnhof zu verhängen.«
    »Tom, hier spricht Carol aus dem Funkhaus. Vielleicht könnten Sie uns eine Frage beantworten ...«
    »Schießen Sie los, Carol.«
    »Sie haben vorhin erwähnt, daß diese »polizeiliche Aktion< unter der Leitung der Sektion für un-un-amerikanische Umtriebe des FBI stattgefunden hat. Welche Schlußfolgerungen läßt deren Anwesenheit zu?«
    »Nun, Carol, wie Sie wissen, wurde die Sektion für un-un-amerikanische Umtriebe kurz nach Ende des kalten Krieges zur Beobachtung »unbedeutenderer Subversiver< gegründet.«
    »Sie hat doch nichts mit dem verstorbenen Senator Joseph McCarthy zu tun, oder?«
    »Nicht das geringste. Senator McCarthy leitete bekanntlich in den fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts den Senatsausschuß zur Untersuchung unamerikanischer Umtriebe, an den man sich heute vor allem wegen seiner eklatanten Ubergriffe erinnert. Aber die erst in jüngerer Zeit gebildete FBI-Sektion ist in keiner Weise damit zu vergleichen, daher auch das doppelte >un-<.,.«
    Philo hatte seinen werdenden Roman vor sich liegen und tat so, als arbeitete er während des Frühstücks daran. Seit das Radio lief, hatte er nichts anderes getan, als ein und dasselbe Adjektiv ein dutzendmal durchzustreichen und wieder hinzuschreiben.
    »Hey.« Lexa stupste ihn unter dem Tisch sanft an. »Alles in Ordnung?«
    »Seraphina ist alt genug, um sich die Nesseln, in die sie sich setzt, selbst auszusuchen«, antwortete er und rollte den Kuli zwischen den Fingern. »Abgesehen davon weiß Morris, daß ich ihm das Genick breche, wenn sie durch seine Schuld verletzt oder geschnappt wird. So ziemlich das einzige, weswegen ich jemandem das Genick brechen würde.«
    »Das weiß ich«, sagte Lexa. »Aber bist du okay?«
    Philo seufzte und legte den Stift hin. Rieb sich die Schläfen. Langsam müßte ich mich ja dran gewöhnt haben, dachte er. Mit Sicherheit hatte er ausreichend Übung darin, auf der Flucht und ein Außenseiter zu sein. Schon bevor er Pirat geworden war, selbst noch vor der Pandemie, war er nie etwas anderes gewesen als ein Fremder auf fremdem Territorium. Aber trotz alledem -und trotz all seiner Erfahrung in Sachen Aufziehen von Kindern unter erschwerten Bedingungen - konnte das Vatersein noch immer eine befremdlichere Angelegenheit sein als die fremdeste Fremde.
    Allerdings mußte er auch etwas von Seraphinas körpereigenen Biochemikalien in sich haben, denn das Lächeln, das er Lexa - nach einer langen Pause - schenkte, war echt: müde, aber unbesiegt. »Ich bin so okay«, sagte er endlich, »wie ein schwarzer mennonitischer krimineller umweltschützerischer U-Boot-Kommandant, der kein Substantiv ohne wenigstens zwei Attribute schreiben kann und dessen älteste Tochter den Lou-vre in Brand stecken möchte, nur sein kann.«
    Er griff über den Tisch hinweg nach Lexas Hand und drückte sie, und Rabi rülpste in ihren Orangensaft und sagte: »Lufre?«
    »Tom«, sagte das Radio, »Tom, sind Sie absolut sicher, daß während dieser terroristischen Aktion keine unschuldigen Passanten getötet oder verstümmelt worden

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