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G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke

G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke

Titel: G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Ruff
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dann doch nicht. Neunundzwanzig-Wörter suchte sich gerade diesen Augenblick aus, um sich zu Morris hinunterzubeugen, und streifte dabei die Kapuze seiner Eisbärenkluft zurück. Der Anblick seiner entblößten rosigen Ohrmuschel, köstlich, rund und mit einem Läppchen ausgestattet, an dem man tagelang hätte knabbern können, ließ Seraphina erröten.
    »Keine Sorge«, sagte Morris. »Als erstes führen wir einen kompletten Persönlichkeitstest durch, um sicherzugehen, daß die KI benutzerfreundlich und geistig intakt ist.« Er führte den letzten Chip ein und drückte mit dem Daumen in eine Vertiefung, die sich an der Unterseite des Eis befand. Es piepste. »Das wär's. Jetzt fünfzehn Stunden lang ausreifen lassen, und wir haben ein Baby... oder sonstwas.«
    Er hielt das Ei in die Höhe, so daß alle es sehen konnten. FREUNDin Eichkätzchen knallte batterielos neben ihm auf den Boden.
    »Das Ei nehm ich«, sagte Maxwell.
    FREUND Biber reagierte schnell; ebenso Maxwell. Er holte mit seinem E-Bein zu einem Strafstoß aus und kickte den Biber mit ausreichender Wucht, um ihm sämtliche Schaltungen durcheinanderzumatschen.
    »Das Ei nehm ich«, sagte Maxwell noch einmal. Er richtete die Maschinenpistole auf Neunundzwanzig-Wörter, der gerade unter seinem Bärenfell nach einem Häschen tastete. »Ich würd dir empfehlen, da drin nichts anderes als heiße Luft zu finden, Soldat. Hände hoch!«
    Sie nahmen alle die Hände hoch. »Hören Sie«, versuchte Morris zu sagen, »damit sollten Sie besser nicht herum -« Aber Maxwell schnitt ihm mit einer drohenden Bewegung das Wort ab. Er warf ein paar Taschenbücher weg und steckte das Ei ein. Erst dann sah er Seraphina direkt an.
    »Jetzt«, sagte Maxwell, »jetzt werden wir ja sehen,-wie du es findest, etwas weggenommen zu kriegen. Etwas, woran dir was lag, etwas, was du vielleicht sogar liebtest, von einem Unbekannten chirurgisch entfernt zu kriegen. Kannst ja sehen, ob du's lustig findest.«
    Die Waffe noch immer im Anschlag, zog er sich rückwärts zurück. Eine gelb-schwarze Wartungslok kam auf dem diesseitigen Gleis vorbeigeschnauft; Maxwell griff nach einem Geländer und schwang sich an Bord. Die Lok trug ihn davon.
    »Mann o Mann«, sagte Morris und nahm die Hände herunter.
    »Er hat mein Afrika gestohlen«, sagte Seraphina.
    »Vielleicht können wir ihn aufspüren und es zurückholen«, sagte Neunundzwanzig-Wörter. »Weißt du, wer er ist?«
    »Er kommt manchmal in die Bücherei. Wie er heißt, weiß ich nicht.«
    »Weißt du, ob er sich mit Computern auskennt?« Morris rieb sich nachdenklich das Kinn. »Er hat ein Schießeisen, also kann er nicht gerade eine Intelligenzbestie sein, hab ich recht?«
    »Ich weiß nicht«, sagte Seraphina. »Meinst du, er könnte das Ei kaputtmachen?«
    »Ich mach mir eher Sorgen, daß er auf die Idee kommen könnte, es an einen Computer mit stehender Internetverbindung anzuschließen, ohne es vorher getestet zu haben. Die Auswahl von Afrikana, die wir benutzt haben ... Louis Farrakhans flammendste Hetzreden habe ich zwar wohlweislich ausgespart, aber es ist immerhin eine Biographie von Toussaint L'Ouverture und eine Geschichte der Zulu drin. Es ist nicht restlos auszuschließen, daß gewisse Probleme entstehen könnten, wenn die Sache sich verselbständigt - wenn ihr versteht, was ich meine.«
    »Oh«, sagte Seraphina.
    »Oh«, sagte Neunundzwanzig-Wörter.
    Der gegen die Wand geklatschte FREUND Biber stotterte: »Hab ich's euch n-n-ni... euch n-n-ni... euch n-n-ni...«

9
    Unsere alte Freundin Ayn Rand hat auch etwas zum Thema Umweltverschmutzung beizusteuern. An einem Sonntagvormittag im Mai des Jahres 1971 erschien sie auf den Fernsehbildschirmen der ganzen Nation und verdammte die Umweltschutzbewegung als lebensfeindlich, menschenfeindlich und intellektfeindlich. Unter anderem erklärte sie, die Öko-Bewegung stelle einen letzten verzweifelten Versuch dar, alles zu zerstören, was vom kapitalistischen System noch übrig sei. Den genauen Wortlaut ihrer Rede habe ich längst vergessen, aber mein überlastetes Gedächtnis und ihre Einstellung zur Umweltschutzbewegung würden etwas in der Art nahelegen:
    Sie allä, die Sie ieber neunundzwanzik sind, suollten auf die Kniä fallän, wann jimmär Sie einän Fabrjilcschlott sächen... Umweltverschmutzunk jist das Simmboll mjenschlichen Fortschritts. Uohne Tjechnologie und Umweltverschmutzunk wirde djer Mjensch nuoch in djer Steinzeit ljäben ... Wir sind verstrickt in einämm Kampf auf

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