G.A.S. - Die Trilogie der Stadtwerke
sind?«
»Nun, Carol, die Sicherheitskräfte sind ziemlich zugeknöpft, und bislang ist noch keiner von uns in den Bahnhof hineingelassen worden. Es wäre also unverantwortlich von mir, ohne konkretere Beweise von Schwerverletzten zu sprechen, auch wenn da drin theoretisch natürlich alles passiert sein kann ...«
Ein 15-Stunden-Ei
»Erklär mir noch mal, was diese Mikrochips eigentlich tun«, sagte Seraphina. Sie befanden sich in einem Streckenarbeiterraum, der seitlich aus einem der Transrapid-Tunnel herauswuchs; tatsächlich war es dieselbe graffitiverschmierte Kammer, in der, vor langer, langer Zeit, Kite Edmonds und Vanna Domingo sich gegen einen Ansturm von pudelgroßen Ratten behauptet hatten. Jetzt spielte Morris unter einer dreckverkrusteten 60-Watt-Deckenbeleuchtung mit Elektronikbausteinen. FREUNDin Eichkätzchen hielt draußen im Tunnel nach Feds Ausschau.
»Sie nehmen abstrakte Informationen und spinnen daraus eine sich ihrer selbst bewußte Persönlichkeit«, erwiderte Morris. »Es ist eine ähnliche Technologie, wie sie zur Erzeugung von Computer-Persönlichkeitsmustern verwendet wird, aber das hier ist schon die nächste Generation, weit flexibler und leistungsfähiger.« Er hielt ein Armeleute-Faberge-Ei in der Hand, selbstgebastelt aus dem Inhalt von Tom Sawyers Hosentaschen. Ein Stückchen Schnur, der Kontrollabschnitt einer Kinoeintrittskarte, ein Bonbonpapierchen und ein Schmetterlingsflügel schwebten einträchtig in einer harten harzähnlichen Schale, die einen Dotter aus purem Gedächtnis umschloß, eine sorgfältig zusammengestellte Auslese aus Seraphinas Afrikanischem Wissensspeicher.
»So ganz genau weiß ich nicht, wie es funktioniert«, fuhr Morris fort. Er prokelte gerade winzige Steckplätze in der Eierschale auf und führte die gestohlenen Mikrochips ein. »Eine Art Pastic-cio-Effekt, wie wenn du dir mit Hilfe von Stofftieren und anderen Dingen, die bei dir im Schlafzimmer herumliegen, ein Märchen ausdenkst. Nur daß in diesem Fall keine Geschichte, sondern eine Psyche fabriziert wird.«
»Und die kann richtig denken ?« fragte Neunundzwanzig-Wörter.
»Naja. Das ist wahrscheinlich übertrieben. Ich meine, einen Turing-Test müßte sie wahrscheinlich mit Auszeichnung bestehen, aber echtes Selbstbewußtsein ist schon ne schwierige Angelegenheit. Die Technologie wurde von der Army entwickelt; sie wollten einen vollautomatisierten Panzer konstruieren, also haben sie einen Satz Chips wie diese genommen und in die Kontrollsysteme eines M6 Buchanan eingebaut. Dann haben sie den Panzer mit einer guten Dosis Militärgeschichte und Strategie gefüttert und es ihm überlassen, sich eine eigene Identität zu schaffen.«
»Flat's funktioniert?«
»Offenbar nicht so, wie die sich das gedacht hatten. Ich weiß die näheren Einzelheiten nicht, aber ich könnte mir denken, daß der Panzer auf sie losgegangen ist, vielleicht eine Ehrentribüne voller Generäle in die Luft gebombt hat. Das Forschungsprojekt ist blitzschnell eingestellt worden. Damit wäre die Sache eigentlich erledigt gewesen, nur daß die Braunhemden von der Sektion für un-un-amerikanische Umtriebe es irgendwie hingekriegt haben, daß sie sich einen Satz Mikrochips für ein eigenes Big-Brother-Projekt ausleihen durften. Die Dinger hier waren unterwegs zu einer FBI-Dependence in Silicon Valley, bevor ich sie umdirigiert habe.«
»Diese Persönlichkeit, die da zusammengesponnen wird«, sagte Seraphina, »die wird doch wohl nicht einfach ein Elektro-Neger ohne Körper werden, oder?«
»Ich weiß es nicht«, sagte Morris. »Elektro-A/nfea vielleicht. Wir können nur die Daumen drücken und abwarten, was passiert. Selbst wenn's ein totaler Reinfall wird, haben die Feds wenigstens ein Stück Hardware weniger, mit dem sie herumspielen können.«
FREUND Biber, der neben Seraphinas Fuß auf dem Boden saß, klatschte zweimal mit dem Schwanz. »Mir gefällt das nicht. Dieses ganze Experiment erscheint mir äußerst riskant. Mit Künstlicher Intelligenz ist nicht zu spaßen, besonders nicht mit gestohlener Künstlicher Intelligenz.«
Morris steckte einen weiteren Chip in das Ei. »Hey, Biber, als mein Babysitter brauchst du dich nicht aufzuspielen.«
»Vielleicht hattest du vor, diese Einschränkung in mein Betriebsprogramm aufzunehmen, aber du hast es vergessen. Was beweist, daß ich recht habe. Du pfuschst mit Dingen herum, von denen man besser die Finger lassen sollte.«
Seraphina hatte eigentlich etwas sagen wollen, tat's aber
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