Gatling Girl
nickte. »Glauben Sie mir, ich habe keine Lust, denen noch mal zu begegnen, ohne eine Waffe in der Hand zu haben. - Ach ja, und Mr. Hopkins...«
»Ja?«
»Wenn Sie schon unterwegs sind, schauen Sie doch mal, ob sie nicht ein paar Schuhe oder Stiefel für mich auf treiben können.« Mit diesen Worten reckte Sally ihre nackten Füße in die Höhe, und Michael Hopkins verkniff sich nur schwerlich ein Lachen.
»Sagen Sie bloß, dass Sie die auf der Flucht verloren haben.«
»Kann man so sagen. Sie haben ja gesehen, dass ich mich beeilen musste.«
»Okay, dann schaue ich auch nach Schuhen. Aber erwarten Sie keine Ostküstenmode.« Mit diesen Worten ging Hopkins zu der großen Bodenluke, durch die die Strohbündel geworfen wurden, und spähte hinunter. »Wie es aussieht, haben sich Ihre Freunde wieder verzogen, aber bestimmt beobachten sie den Stall. Ich werde Ihnen vorsichtshalber auch noch ein paar Männerkleider mitbringen. Mit dem roten Kleid fallen Sie auf wie ein Fuchs im Schnee.«
»Meinetwegen. In diesen Kleidern fühle ich mich nicht besonders wohl. Als Frau trägt man sie halt, um Eindruck bei den Männern zu schinden, aber ei gentlich sind mir Hosen lieber.«
Wieder musste Michael Hopkins schmunzeln, doch er sagte nichts mehr dazu, sondern ging über die Treppe nach unten und verschwand dann in der Dun kelheit.
6. Kapitel
»Das haben wir in ihrem Zimmer gefunden«, berichtete Julio Alvarez und reichte seinem Boss Sally Escobars Tasche. Darin fanden sich neben dem Üblichen, was eine Frau so bei sich trug, ein Colt, zwei Derringer und das Material, das sie von der Regierung erhalten hatte: Karten, Marschbefehl und ein Foto von Carlos Santiago.
»Verdammtes Miststück!«, fluchte dieser leise vor sich hin, als er die Un terlagen durchsah. »Ich hoffe, Marco und die anderen erwischen sie. Wie es aussieht, ist sie der Regierungsagent, den man uns geschickt hat.«
»Scheinen gar nicht so dumm zu sein«, sagte Santiagos rechte Hand, während er sich über die Papiere beugte und so tat, als könne er damit was anfangen. Lesen konnte er, wie viele in der Ban de zwar nicht, aber das wusste sein Boss ja nicht. Und so konnte er sich wieder ein wenig hervorheben und ihm das Gefühl geben, den richtigen Mann zu seinem Vertrauten gemacht zu haben. »Schicken eine Frau, die sich an Sie ranmachen soll. Aber zum Glück haben Sie ja auch Köpfchen, Commandante.«
Santiago verzog das Gesicht. Nein, Köpfchen hatte er in der Situation nicht gehabt, denn dann hätte er von vorn herein stutzig werden müssen, warum sich diese Frau so gezielt an ihn herangemacht hatte. Zum Glück hatte er beim Vögeln seinen Verstand nicht ganz ausgeschaltet und mitbekommen, dass sie ziemlich neugierig gewesen war. Jetzt hoffte er nur noch, dass seine Leute sie fanden und zu ihm brachen - egal ob tot oder lebendig. Hauptsache, sie hatte die Regierung noch nicht benachrichtigen können...
Klopfen unterbrach seine Gedanken. Marco Juarez trat ein.
»Und, habt ihr sie?«, fragte Santiago, sah aber, dass sein Untergebener den Kopf schüttelte.
»Nein, Commandante, sie ist spurlos verschwunden. Wir haben sie in den Mietstall nebenan gejagt, aber irgend wie muss sie entkommen sein.«
Carlos Santiago verzog das Gesicht. »Habt Ihr überall nachgesehen.«
»Si, Commandante, und Martin und John beobachten den Stall jetzt auch noch, aber sicher ist sie woandershin geflohen.«
»Ihr verdammten Hornochsen, dann sucht sie!«, brauste der Rebellenchef auf. Sucht die ganze Stadt ab, durchkämmt jeden Schuppen. Sie kann sich ja nicht in Luft aufgelöst haben.«
»Si, Commandante.« Marco katzbuckelte und verließ dann das Zimmer wieder, während sich Santiago an Julio wandte. »Und du sagst den anderen Bescheid, dass wir die Stadt in einer Stunde verlassen. Sie sollen die Pferde anspannen und das Gewehr laden. Wir dürfen keine Zeit verlieren, vielleicht hat es dieses Weibsstück ja geschafft, die Army zu benachrichtigen.«
»Si, Commandante.«
»Und Julio - sollte dir das Weib über den Weg laufen, dann jag ihr eine Kugel in den Leib. Ich kann es mir nicht leisten, dass uns jemand Schwierigkeiten macht.«
Der Mann nickte und verschwand dann ebenfalls aus dem Zimmer. Und er hoffte, dass ihm die Frau nicht über den Weg laufen würde. Er wusste nicht, ob er sie einfach so niederschießen konn te, denn er hatte sie gesehen und musste zugeben, dass sie genau das war, was er sich für sein Bett vorstellte. Sollte Marco diese Dreckarbeit erledigen,
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