Gatling Girl
nicht«, raunte Sally und lief dann zu ihrem Pferd. Noch war die Bande ein Stück weit entfernt und mit dem Wagen sicher nicht schneller als zwei einzelne Reiter. Trotzdem war es Sally lieb, dass die Rebellen sie über holten, wenn sie in Sicherheit waren. Nur so konnte sie herausfinden, was sie wirklich vorhatten. Und notfalls würden sie wieder an ihnen vorbeikommen, denn auch Santiago und seine Leute konnten nicht Tag und Nacht reiten.
Wenige Augenblicke später waren Sally und Michael wieder unterwegs. Die Bande hatte sie anscheinend nicht bemerkt, denn auch sie wurden wäh rend des Galopps von einer dichten Staubwolke eingehüllt. Sally war allerdings vorsichtig geworden. Santiago hatte sie schon einmal getäuscht, und das sollte ihr nicht schon wieder passieren.
Sie preschten über die Ebene hinweg, bis sie schließlich den White River er reichten. In der Nähe des Flusses gab es ein dichtes Waldgebiet, in dem sie Unterschlupf finden konnten. Allerdings war es hier auch sumpfig und wimmelte von Schlangen, was bei Sally nicht gerade Begeisterungsstürme hervorrief. Das einzig Gute daran war, dass die Bande diesen Weg meiden würde, und wenn sie ihr Tempo weiterhin so hielten, würden sie noch in dieser Nacht an ihnen vorbeiziehen.
Sicher wäre das nicht nach Micha els Geschmack, der hoffte, die Kasse aus zuheben, bevor der Fuchs wieder im Bau war, aber das würde sie ihm nicht sagen. Sie verkaufte ihm den Weg durch den Wald als Abkürzung, und wenn alles gut ging, würden sie in ein paar Tagen in Arkansas sein...
***
Carlos Santiago war zufrieden. Bisher war auf dem Transport nichts dazwi schengekommen, und er war sich sicher, dass sie bis zum Ende des Monats Corpus Christi erreicht haben würden.
Die einzige Sache, die seine Freude trübte, war dieses katzengleiche Frau enzimmer, das seinen Männern durch die Lappen gegangen war. Zugegebenermaßen hatte es ihm bisher keine so wie sie besorgt, doch dass sie im Auftrag der Regierung schnüffelte, vergällte ihm die Freude noch nachträglich.
Wie es aussah, war sie mit allen Was sern gewaschen, wenn sie seinen Männern sogar in einem umstellten Stall entkommen war. Jedenfalls hatten seine Leute behauptet, den Mietstall umstellt gehabt zu haben. Ob das stimmte, wusste er nicht. Aber er war sich sicher, dass er die Frau wiedersehen würde. Entweder hatte sie ihm die Army bereits auf die Fersen geschickt, oder sie verfolgte seine Spur weiter. Dass sie die Karte gefunden hatte, wusste er, und sicher hatte sie auch Zeit gehabt, die Markierungen zu studieren und sich ihr Teil dabei zu denken.
Früher oder später würde sie an sei nem Versteck auftauchen - allein oder mit Verstärkung.
Doch davor hatte er keine Angst. Er hatte die Höllenmaschine, und wenn die Army anrückte, würde er sie erneut zum Einsatz kommen lassen. Mit diesem Ding würde er unbesiegbar sein!
»Commandante, schauen Sie mal, dort vorn!«, riss ihn Julios Stimme aus seinen Gedanken. Sein Vertrauter zeigt auf die kleine Staubwolke vor ihnen. Santiago griff nach seinem Feldstecher und fasste sie ins Visier. Zwei Reiter waren es. Auf den ersten Blick nichts Besonders. Auch durch diese Gegend kamen hin und wieder Reisende. Nur die Eile, mit der sich die beiden Männer bewegten, machte ihn stutzig. Und auch einer der Reiter selbst. Auf den ersten Blick wirkte er wie ein Mann, doch bei näherer Betrachtung kam ihm seine Figur spanisch vor. Die Sachen, die er trug, waren ihm um einige Nummern zu groß, doch sie wurden in der Taille von einem Gürtel zusammengehalten. Und der lag so eng an, dass es eigentlich nur die Körpermitte einer Frau sein konnte. Einer Frau, deren Taillenumfang er bestens kannte, denn auch diese Sally Jenkins hatte eine Figur wie eine Sanduhr gehabt.
»He, Julio, schau dir mal den Kerl an, der links reitet«, sagte er und reich te seinem Untergebenen den Feldstecher. »Sieht wie ein Weib in Männerkleidern aus, oder?«
Julio spähte durch das Fernglas und konnte den Eindruck seines Bosses nur bestätigen.
»Vielleicht ist das die Kleine, die uns* entkommen ist. Wie es aussieht, hat sie Gesellschaft bekommen.«
»Vielleicht ist das auch ein Agent der Regierung. Sie sollte mich bestimmt nur aushorchen, und er hätte dann den Rest übernommen.«
»Aber eigentlich müssten sie uns doch verfolgen und nicht abhauen.«
»Ihre eigentliche Aktion ist in die Ho se gegangen, vielleicht wollen sie sich jetzt erst einmal in Sicherheit bringen, Oder sie wollen uns auflauern. Die
Weitere Kostenlose Bücher