Gauß: Eine Biographie (German Edition)
Leibniz sein Kalkül noch vor dem englischen Kollegen veröffentlichen, sodass es sich als bevorzugte Rechenmethode schnell durchsetzte.
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Nachwort zu Soemmerrings Essay
Soemmerring dankte Kant überschwänglich für den «Beyfall», den der große Philosoph seinem Werk geschenkt habe. Mit seinem Kommentar habe er es verstanden, die Vorstellung vom Gehirnwasser als Seelenorgan «sogar noch zu erweitern und zu verfeinern und zu vervollkommnen.» [Soe 1 : 243]. Soemmerrings Begeisterung über die Einlassung Kants hindert ihn offenbar daran, das Nachwort des Philosophen als das zu verstehen, was es eigentlich ist, nämlich ein freundlich formulierter Verriss. Kants tiefe Durchdringung der Soemmerring’schen Idee verwechselt der Autor mit Zustimmung und Verfeinerung. Zwischen den Zeilen aber liest der mit Kants Methodik vertraute Leser heraus, was der Neuherausgeber des Soemmerring’schen Textes, Manfred Wenzel, so formuliert: «Die Seele, verstanden als individuelle Subjektivität oder persönliches Bewusstsein, könne nicht Gegenstand einer anatomischen Untersuchung sein, da die Seele nicht in räumlichen Kategorien fassbar sei.» [Soe 1 : 83]
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im Vortragssaal im zweiten Stock
Dieser Rekonstruktionsversuch einer Lichtenberg’schen Physikvorlesung stützt sich auf die von ihm selbst beschriebenen Versuchsanordnungen mit dem Elektrophor. Sie sind in sechs Aufsätzen zu finden, die 1956 unter dem Titel Über eine neue Methode, die Natur und die Bewegung der elektrischen Materie zu erforschen neu herausgegeben wurden [Lic 1 ]. Der Versuch mit der Blattgoldfolie stammt aus Franklins Briefe von der Elektrizität [Fra] und der rote Blitz und Donner am Schluss der Vorlesung aus Oliver Hochadels Buch Öffentliche Wissenschaft [Hoa].
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in ganz Europa berühmt gemacht
1799, im Todesjahr Lichtenbergs, erwähnt der Dichter Friedrich von Hardenberg, besser bekannt unter dem Namen Novalis, bereits im Eröffnungssatz seines Romanfragments «Die Lehrlinge zu Sais» die Lichtenberg’schen Figuren. Nadelbaumharz und Pech waren damals übliche Synonyme:
«Mannigfache Wege gehen die Menschen. Wer sie verfolgt und vergleicht, wird wunderliche Figuren entstehen sehn; Figuren, die zu jener großen Chiffernschrift zu gehören scheinen, die man überall, auf Flügeln, Eierschalen, in Wolken, im Schnee, in Kristallen und in Steinbildungen, auf gefrierenden Wassern, im Innern und Äußern der Gebirge, der Pflanzen, der Tiere, der Menschen, in den Lichtern des Himmels, auf berührten und gestrichenen Scheiben von Pech und Glas, in den Feilspänen um den Magnet her, und sonderbaren Konjunkturen des Zufalls, erblickt».
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Lichtenberg entwickelt den Elektrizitätsträger
Wilcke, Franklin, Volta und Lichtenberg sind mit ihrem Baumharzkuchen als ausgezeichneter Träger elektrischer Ladungen erstaunlicherweise genau zu dem Stoff zurückgekehrt, den Thales von Milet vor 2600 Jahren als elektrisch leicht erregbare Materie identifiziert hatte: Bernstein, ein fossiles Baumharz. Die griechische Bezeichnung für Bernstein lautet elektron .
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seine eigenen zahlentheoretischen Überlegungen
Ich folge hier in verkürzter Form dem Aufsatz von Hans Vollmayr [Vol: 90 – 107] über die Konstruktion des Siebzehnecks. Wer sein Wissen über die Ausführung der vier Grundrechenarten und der Quadratwurzelberechnung mit Zirkel und Lineal auffrischen oder vertiefen möchte, sollte diese Arbeit unbedingt lesen.
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des entscheidenden Zahlenwertes für sein Siebzehneck
Die entscheidende Zahl für das Gelingen der Konstruktion des regelmäßigen Siebzehnecks ist hier der Cosinus des Winkels α. Da der Kreis 360 Grad umfasst, ist der gesuchte Winkel α = 360°/17.
Abbildung in [Vol: 94]
Hans Vollmayr schreibt dazu: «Für einen Mathematiker liegt es nahe, es mit einem rechtwinkligen Dreieck, bei dem die lange Seite die Länge 1 hat, zu versuchen (siehe Abb.). Die untere Seite hat eine Länge, die man ‹Cosinus von α› nennt … Gauß kam nun auf den Gedanken, dass man diese Zahl cos (α) für α = 360°/17 konstruieren kann. Damit konnte er das ganze Dreieck konstruieren und hatte so den Winkel α = 360°/17» [Vol: 94].
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eine Formel gefunden
Die Zahl ihrer Seiten lässt sich aus Zweierpotenzen von 2 plus 1 bestimmen. So stellt sich etwa die 17 als 2 (2 x 2) +1 dar. Das nächste wäre ein 257-Eck, weil 2 (2 x 2 x 2) +1 = 257 ist. Das dritte in dieser Reihe ist 2 (2 x 2 x 2 x 2) + 1, ein 65 537-Eck. Obendrein sind 17, 257 und 65 537
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